Skip to main content

Linke und rechte Teilnehmer

Demo gegen Corona-Auflagen in Pforzheim sorgt für politischen Zündstoff

Seit es die Corona-Verordnungen gibt, fand nur eine einzige Demonstration in Pforzheim statt: der Protest am Samstag gegen die Maßnahmen der Regierung. Die Veranstaltung hinterlässt viel politischen Klärungsbedarf. Und sie wird wohl wiederholt.

Zwischen 80 und 100 Teilnehmern demonstrierten am Samstagnachmittag auf dem Pforzheimer Marktplatz gegen die Maßnahmen im Zuge der Corona-Politik
Zwischen 80 und 100 Teilnehmern demonstrierten am Samstagnachmittag auf dem Pforzheimer Marktplatz gegen die Maßnahmen im Zuge der Corona-Politik Foto: sf

Seit es die Corona-Verordnungen gibt, fand nur eine einzige Demonstration in Pforzheim statt: der Protest am Samstag gegen die Maßnahmen der Regierung. Die Veranstaltung hinterlässt viel politischen Klärungsbedarf.

Es war eine ungewöhnliche Melange, die sich auf dem Marktplatz zusammenfand. Oberstes und einigendes Anliegen war offiziell die Sorge ums Grundgesetz in Zeiten der coronabedingten Einschränkungen. Unter den rund hundert Teilnehmern waren auch Impfgegner, Linke – und Personen, die dem rechtsextremistischen „Freundeskreis Ein Herz für Deutschland“ mit dessen Fackelmahnwache am 23. Februar nahestehen.

Initiative gegen Rechts spricht von "besorgniserregender Gruppe"

Die Pforzheim Initiative gegen Rechts spricht in einem Instagram-Post von einer „besorgniserregenden Gruppe“, die sich da zusammengefunden habe. „Besonders versetzt uns diese Allianz in Sorge, da sich auch die Attentäter von Halle, Hanau und Celle im Umfeld von Verschwörungstheoretikern bewegten“, heißt es dort. Man rufe alle Pforzheimer dazu auf, sich genau anzuschauen, wer Versammlungen organisiert, an denen man teilnehmen möchte.

Initiator: "Zwangsimpfung ist Körperverletzung"

Am Samstag war der Initiator Michael Schreyer. Er posierte mit den Schildern „Zwangsimpfung ist Körperverletzung“ und „Grundgesetz einhalten“. Er sagt: „Impfen ist eine individuelle Entscheidung. Ich will da niemandem Vorschriften machen. Aber ich will auch nicht, dass die Regierung mir welche macht.“

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick

Er betont, er habe keine parteipolitische Bindung. „Ich bin reiner Privatmann. Ich habe einfach ein Interesse an einer gesunden Entwicklung der Gesellschaft.“ Das Grundgesetz müsse um alles in der Welt geschützt werden. In der Auslegung gebe es Grauzonen. An einigen Punkten müsse er aber momentan sagen: „Das hat mit Demokratie nichts zu tun.“

Wenn diese Personen sich beim nächsten Mal zu erkennen geben und einen Auftritt suchen, müssen wir vorbereitet sein, sie mit unseren Ordnern an den Rand zu drängen.
Michael Schreyer, Demo-Initiator über rechtsradikale Teilnehmer

Mit Blick auf die Demo-Teilnehmer aus dem rechtsradikalen Lager sagt er: „Wer an der Demonstration teilnimmt, können wir nicht kontrollieren. Aber wenn diese Personen sich beim nächsten Mal zu erkennen geben und einen Auftritt suchen, müssen wir vorbereitet sein, sie mit unseren Ordnern an den Rand zu drängen.“

Ex-Linke findet gemeinsame Demo mit Rechten "schön"

Anders klingt das bei Vera Lenz. Sie hat die Folge-Demo für kommenden Samstag (15.30 Uhr), wieder auf dem Marktplatz, angemeldet. Lenz wurde noch im Oktober 2018 in den Vorstand der Linken Pforzheim/Enzkreis gewählt. Inzwischen ist sie ausgetreten. „Jeder kann sich mal irren“, sagt sie über die Zeit in der Partei.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick

Im politischen Spektrum mag sich Lenz gar nicht mehr einsortieren. „Ich bin Humanistin. Ich suche, wo es Übereinstimmungen zwischen den Menschen gibt.“ Von dieser Grundüberzeugung will sie niemanden auf der Demo ausnehmen, auch nicht die Rechtsradikalen. Sie findet es „schön“, wenn Menschen aus so vielen politischen Lagern gemeinsam friedlich demonstrieren.

Linke Pforzheim/Enzkreis distanziert sich von Demonstrationen

Neben Lenz waren weitere ehemalige Linke-Funktionäre vor Ort – und offenbar auch ein aktuelles Mitglied. Für den Kreisverband Pforzheim/Enzkreis Grund genug, sich in einem Statement klar zu distanzieren. „Die aktuell in ganz Deutschland stattfindenden Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen bündeln rechte Verschwörungstheoretiker, Nationalisten, Reichsbürger und hier vor Ort scheinbar auch zu einem kleinen Teil ehemalige oder gegenwärtige Linke. Zu diesen Vorgängen stellen wir klar: Wir unterstützen diese Demonstrationen in keiner Weise und haben mit der Organisation dieser Demonstrationen hier vor Ort nichts zu tun.“

Auch interessant:

Man rate allen Mitgliedern davon ab, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen. Aus dem aktuellen Linken-Vorstand will Niklas Beith das Gespräch mit der betroffenen Person suchen. Stadtrat Claus Spohn geht auf Anfrage dieser Redaktion einen Schritt weiter. Er halte die Teilnahme eines aktiven Mitglieds für einen Grund, ein Parteiausschlussverfaren einzuleiten.

Eine Corona-Demo wurde schon untersagt – die nächste soll am Samstag sein

Die Auflagen der nächsten Demo – in der Spitze rechnet die Anmelderin mit hundert Personen – wurden am Montag noch abgestimmt, wie es aus der städtischen Pressestelle auf Anfrage heißt. Auf jeden Fall werden die Hygienevorschriften und der Mindestabstand von 1,5 Meter einzuhalten sein. Das müsse über Ordner gewährleistet werden.

Einmal wurde eine solche Demo schon untersagt, am 18. April. Begründung war damals der Infektionsschutz. Die Verwaltung bezog sich dabei auf verschiedene Gerichtsurteile – die inzwischen vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben wurden.

nach oben Zurück zum Seitenanfang