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Negativzinsen

Die Angst der Sparkassen vor der großen Geldflut

Was, wenn immer mehr Konkurrenzbanken von ihren Sparern Negativzinsen verlangen - und diese dann zu den Sparkassen abwandern wollen. Die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute sehen sich da in der Bredouille. Und schuld daran ist laut Baden-Württembergs Sparkassenpräsident Peter Schneider: die EZB.

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DER NAME WAR JAHRZEHNTELANG PROGRAMM: Sparkasse. Jetzt, wo immer mehr Wettbewerber von ihren Sparern Negativzinsen verlangen, sehen sich die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute aber zunehmend in der Bredouille. Foto: dpa

Negativzinsen für Sparer – um diese abzuschrecken. So weit ist es aus Sicht des baden-württembergischen Sparkassenpräsidenten Peter Schneider gekommen. Viele Sparkassen seien inzwischen wegen der EZB-Zinspolitik „gezwungen, ebenfalls Verwahrentgelte für große Einlagensummen zu erheben, um eine ,Flutung’ mit Spargeldern zu verhindern. Dies gilt insbesondere für neue Kunden.“

Zum Hintergrund: Die EZB verlangt von Sparkassen und Banken Strafzinsen, falls diese Geld bei ihnen parken. Deshalb geben vor allem zunehmend Volksbanken diese mittlerweile an Sparer weiter. Dies führt dazu, dass die betroffenen Kunden sich nach Alternativen für ihre großen Geldanlagen umsehen – auch bei den Sparkassen. Die können so viel Anlegergeld in diesen EZB-Zeiten aber gar nicht gebrauchen, weil sie nicht in gleichem Ausmaß Kredite vergeben. So schließt sich der Kreis.

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"Sparkassen wollen möglichst keine Negativzinsen"

Die weit überwiegende Zahl der Sparkassenkunden sei nicht von Negativzinsen betroffen, betont Schneider bei der Bilanzpressekonferenz seines Verbandes in Stuttgart. Und weiter: „Wir werden im breiten Privatkundengeschäft weiterhin so lange wie möglich auf Negativzinsen verzichten.“

Im vergangenen Jahr haben die Sparer den 51 Südwest-Sparkassen 147,3 Milliarden Euro an Einlagen anvertraut (plus 4,7 Prozent). Allein Privatpersonen steuerten 110,5 Milliarden Euro bei (plus 5,5 Prozent). Zum Vergleich: An Krediten hatten die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute 136,3 Milliarden Euro in den Büchern stehen – ein Zuwachs um 4,5 Prozent.

Die Deutschen bleiben Aktien-Muffel

Viele Sparkassen versuchen umzusteuern. Sie empfehlen ihren Kunden – auch wegen der Renditechancen –, Geld in Wertpapieren anzulegen. Der entsprechende Umsatz lag im vergangen Jahr bei 16,6 (2018: 16,2) Milliarden Euro. Die Zahlen bestätigen, dass viele Deutschen nach wie vor Aktien-Muffel sind.

Schneider weist darauf hin, dass man bereits mit 25 Euro pro Monat in Wertpapieren anlegen könne. Aktuell besitzen 15 Prozent der Sparkassen-Kunden im Südwesten ein Wertpapierdepot.

Schneider ärgert sich über Scholz

„Kontraproduktiv“ sei die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz geplante Finanztransaktionssteuer. Nach dem aktuellen Entwurf würden von ihr nur normale Aktiensparer erfasst, kritisiert Schneider. „Im Gesetzentwurf ist von der ursprünglichen Idee einer Steuer, die den Hochfrequenz- und Spekulationshandel eindämmen sollte, nichts mehr übrig geblieben.“ Wie Scholz so das Aktiensparen stärken wolle – wie er es immer wieder beteuere –, „bleibt das Geheimnis des Bundesfinanzministers“.

Mit einer Bilanzsumme von exakt 206,8 Milliarden Euro haben die baden-württembergischen Sparkassen als größte Bankengruppe im Südwesten erstmals die 200-Milliarden-Marke überschritten (plus 10,1 Milliarden Euro). Aber das sagt nur etwas über die Größe aus. Das Betriebsergebnis vor Bewertung sinkt seit Jahren, zuletzt auf 1,56 (2018: 1,63) Milliarden Euro. Unter dem Strich kamen die Sparkassen auf ein Ergebnis von 988 Millionen Euro. Schneider: „Die Sparkassen nutzen diesen Gewinn, um ihr Eigenkapital weiter zu stärken. Das ist gut, denn somit sind die Sparkassen als verlässlicher Kreditgeber auch für wirtschaftlich schwächere Zeiten weiterhin sehr gut gerüstet.“

Kostenexplosion durch die Bankenaufsicht

Mit Sorge betrachtet Schneider die steigenden Ausgaben für die Regulierung. Die Banken müssen Aufsichtsgebühren an die Bafin, an die EZB und an den Abwicklungsmechanismus SRB bezahlen. Allein diese Gebühren seien seit 2007 – dem Jahr vor der Bankenkrise, die zu strikteren Regeln führte – um fast 800 Prozent angestiegen.  Hinzu kämen bei den Kreditinstituten Kosten für Spezialisten und IT, die die Regulierung nach sich zögen.

Lob für Sparkasse Pforzheim Calw

Erneut reduziert haben die Sparkassen ihr Filialnetz. Ende 2019 betrieben sie 1.967 Geschäftsstellen – 51 weniger als zum Jahresultimo 2018. Die Sparkasse Pforzheim Calw will gegensteuern. Sie möchte Schließfächer für Post, Amazon oder andere Dienstleister anbieten, um die Kundenfrequenz zu erhöhen. Dazu Schneider: „Jeden Versuch, die Attraktivität der Sparkassenfilialen weiter zu erhöhen, begrüße ich. Das Pilotprojekt der Sparkasse Pforzheim Calw ist da ein gutes Beispiel.“ Sparkassenfilialen seien heute in vielen Orten die letzten öffentlichen Anlaufpunkte. Da sei es gut, wenn sie sich mit anderen Dienstleistern „jenseits des Bankgeschäfts und die zu uns passen“ zusammentun.

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