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Landtagsnominierung

Grüne wollen Generationenwechsel in Pforzheim

Felix Herkens könnte mit seinen 25 Jahren fast ein Enkel von Winfried Kretschmann (72) sein. Der frisch gewählte Landtagskandidat der Grünen im Wahlkreis Pforzheim steht für eine neue Generation in der baden-württembergischen Regierungspartei. Zunächst strebt Herkens einen Generationenwechsel beim örtlichen Landtagsmandat an. Herkens will dem 70-jährigen AfD-Mann Bernd Grimmer das Direktmandat abknöpfen.

Grüne Pforzheim
Memet Kilic (rechts) und Felix Herkens (hinten) bei der Kandidatenvorstellung der Grünen im Landtagswahlkreis Pforzheim Foto: str

Wer sich über die politische Weltläufigkeit von Memet Kilic informieren möchte, kann auf dem Instagram-Account des früheren Pforzheimer Bundestagsabgeordneten einen Eindruck gewinnen: Kilic mit Ministerpräsident Kretschmann, Kilic mit der Kanzlerin, Kilic mit dem Bundespräsidenten.

Memet Kilic ist ein erfahrener Politiker und mitreißender Redner. Ein gefragter Migrationsexperte und mutiger Jurist, der in seinem Geburtsland Türkei vom Staatspräsidenten wegen Beleidigung verklagt wird. Kurzum: Der 53-Jährige hätte einen hoch respektablen Landtagskandidaten der Grünen in Pforzheim abgegeben. Doch er hatte keine Chance.

Student Herkens lässt Kilic keine Chance

Bei der Nominierung am Dienstagabend im Kulturhaus Osterfeld gewann nicht der weltläufige Kilic, sondern der Pforzheimer Student Felix Herkens. „Berlin kann jeder, Pforzheim muss man wollen.” Mit dem schon berühmten Pforzheimer Graffiti-Spruch unterstrich der 25-Jährige in seiner Bewerbungsrede seinen engen Bezug zur Heimatstadt, in der er seit vier Jahren das Ehrenamt eines Stadtrats ausübt. Seit vergangenem Jahr ist Herkens Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion der Bündnisgrünen.

Es aber war längst nicht nur der Heimvorteil gegen den Heidelberger Kilic, der Herkens klaren Sieg im ersten Wahlgang mit 24 zu zwölf Stimmen ausmachte. Hört man sich bei den Grünen um, ist es nicht so sehr die lokale Verortung oder das Alter, sondern das vielversprechende Potenzial eines politischen Talents, das zu überzeugen wusste.

Auch Vertreter anderer Fraktionen zollten Herkens im Gemeinderat schon mehrfach ihren Respekt, wenn er nach verfahrener Debatte ein Thema mit analytischer Schärfe auf den Punkt brachte. Eine der Spezialitäten des angehenden Sozial- und Kommunikationswissenschaftlers ist das Bloßstellen von populistischer Politik. So mussten sich gestandene Stadträte auch jenseits der AfD von dem Jungspund vorhalten lassen, wie „unwürdig“ ihr Agieren für einen Volksvertreter sei.

Memet Kilic, der zwischen 2009 und 2013 für Pforzheim im Bundestag saß, zeigte sich als fairer Verlierer: „Ich bin enttäuscht, das ist klar. Aber natürlich gratuliere ich Felix ganz herzlich und freue mich auf einen guten Wahlkampf.“

Generationenwechsel beim Mandat

Als Ersatzbewerberin überzeugte Kreisrätin Elisabeth Vogt aus Ispringen mit 28 zu acht Stimmen gegen Herkens‘ Fraktionskollegin Stefanie Barmeyer aus Pforzheim. Letztere betonte die Bedeutung der Kommunalpolitik für den bevorstehenden Wahlkampf. „Unser Kandidat muss kommunalpolitisch sattelfest sein und das ist Felix in jeder Hinsicht“, sagte sie und verwies darauf, dass sich ein Bewerberfeld mit etlichen Pforzheimer Gemeinderatsmitgliedern abzeichnet.

Vorneweg beim Hauptkonkurrenten: Für die AfD dürfte wieder Bernd Grimmer ins Rennen gehen, der bei der Landtagswahl 2016 hauchdünn als Sieger hervorgegangen war. Damals lag die Grüne Katrin Lechler um 0,1 Prozent hinter Grimmer, der das Erstmandat mit 24,2 Prozent der Stimmen holte.

Herkens versprach seinen Parteifreunden unter Beifall: „Ich will dafür kämpfen, dass es keinen AfD-Abgeordnete mehr in Pforzheim geben wird.“ Insofern arbeitet Herkens auch hier an einem Generationenwechsel, Grimmer ist immerhin schon 70.

Dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann schon 72 ist und die Generation Herkens gewissermaßen die Enkel der Achtundsechziger darstellt, wirft für den jungen Kandidaten keine grundsätzlichen Fragen auf. „Jede Generation hat ihre ganz speziellen Herausforderungen, aber alle Grüne haben gemeinsame Grundsätze wie den Klimaschutz und die Verteidigung vom Demokratie“, sagt Herkens und wirkt dabei so erfahren, als sei er selbst schon ein Altvorderer.



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