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Ratskollegen sind misstrauisch

Mehr Transparenz bei Geschäften gefordert: Pforzheimer CDU-Jungstar in der Kritik

Er ist der Jungstar der CDU Pforzheim – der 23-jährige Stadtrat Philipp Dörflinger. Die politisch-beruflichen Verflechtungen des Funktionärs und Stadtrats werfen indes Fragen bei Ratskollegen auf. Sie fordern mehr Transparenz bei seinen Geschäften mit kommunalen Projekten in Pforzheim.

Der Pforzheimer Stadtrat und CDU-Landtagskandidat Philipp Dörflinger spricht im Ratssaal
Der Pforzheimer Stadtrat und CDU-Landtagskandidat Philipp Dörflinger auf einem Archivbild im Ratssaal Foto: Daniel Streib

Er ist  der Jungstar der CDU Pforzheim – der 23-jährige Stadtrat Philipp Dörflinger. Die politisch-beruflichen Verflechtungen des Funktionärs und Stadtrats werfen indes Fragen bei Ratskollegen auf. Sie fordern mehr Transparenz bei seinen Geschäften mit kommunalen Projekten in Pforzheim.

Ein junger Mann in der Erfolgsspur: Bei der Kommunalwahl 2019 wurde der Junge-Union-Kreischef und CDU-Ortsverbandsvorsitzende (Pforzheim Nord/Ost) in den Gemeinderat gewählt. Jetzt will er einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter machen und bemüht sich um die Nominierung als Landtagskandidat im Wahlkreis Pforzheim.

Peter Boch als politischer Fürsprecher

Einen starken Fürsprecher hat er bereits: Kein Geringerer als CDU-Oberbürgermeister Peter Boch hat ihn dafür vorgeschlagen, 2017 gehörte Dörflinger zu den Machern von Bochs OB-Wahlkampfteam.

Neben seinem starken politischen Engagement präsentiert sich der Sohn von Pforzheims CDU-Stadtverbandschef Thomas Dörflinger auch beruflich als Durchstarter. Mit seiner Agentur „Campaigners Network“ bietet der studierte Kommunikationsfachmann zusammen mit einem Co-Geschäftsführer seit Oktober 2018 „Kampagnen für Unternehmen und Organisationen“ an.

Peter Boch als Kunde geführt

Ein Blick auf die Webseite zeigt gewisse Synergie-Effekte zur Politik: Als „Clients“, zu deutsch: Kunden, werden im Firmenportfolio unter anderem Peter Boch und Dörflingers eigene „Junge Liste e. V.“ genannt, zudem die Stadt Pforzheim für das Projekt „Smart City“ und mehrfach der Regionalverband Nordschwarzwald, an dem die Stadt Pforzheim maßgeblich beteiligt ist.

Von zuletzt zehn aufgeführten Referenzen der Dörflinger-Firma ist nur eine ohne Verbindung zur CDU oder zu öffentlichen Projekten. Letzteres sorgt bei Stadtratskollegen für Irritationen.

„Mir ist die Präsenz dieser Firma bei öffentlichen Projekten aufgefallen und ich finde das irritierend. Es hat den Anschein, dass hier womöglich ein Freund des Oberbürgermeisters Aufträge zugeschustert bekommt“, sagt Stadtrat Christof Weisenbacher („Wir in Pforzheim“).

Ohne etwas unterstellen zu wollen, wäre eine eventuelle Missachtung dieses Prinzips ein Bärendienst an der Demokratie und sollte genau untersucht werden
Felix Herkens, Bündnisgrüner Fraktionsvorsitzender im Pforzheimer Rat

Felix Herkens, Fraktionsvorsitzender der Bündnisgrünen im Rat und wie Dörflinger ein Aspirant auf eine Landtagskandidatur , findet: „Das politische Mandat nicht für eigene wirtschaftliche Vorteile zu verwenden ist unabdingbar für die Glaubwürdigkeit des politischen Systems. Ohne etwas unterstellen zu wollen, wäre eine eventuelle Missachtung dieses Prinzips ein Bärendienst an der Demokratie und sollte genau untersucht werden.“

Die Beispiele, die man sieht, sind nicht repräsentativ
Philipp Dörflinger, Stadtrat und Unternehmer

Dörflinger ist sich keiner Verfehlung bewusst. Die öffentlichen Aufträge habe man im Einklang mit dem Vergaberecht erhalten, lässt er wissen. Zur Dominanz der öffentlichen Projekte in der Außendarstellung sagt er: „Die Beispiele, die man sieht, sind nicht repräsentativ. Mit einem Großteil unserer Auftraggeber aus der Wirtschaft haben wir eine Verschwiegenheitsvereinbarung und werben deshalb nicht mit ihnen.“

Zudem ergeben Nachfragen dieser Redaktion: Nicht alle präsentierten „Clients“ sind tatsächlich Kunden im engeren Sinne. So war „Campaigners Network“ bei der Smart City wie andere Firmen ehrenamtlich dabei, so Rathaussprecher Philip Mukherjee. Lediglich „Auslagen im mittleren dreistelligen Euro-Bereich“ seien erstattet worden. Sein Engagement sei nicht als Marketing-Maßnahme gedacht, sondern „eine Herzensangelegenheit“, so Dörflinger.

Auftraggeber lobt Unternehmer Dörflinger

Echte Aufträge wurden an die Firma im Zusammenhang mit dem „Digital Hub Nordschwarzwald“ vergeben. Das insgesamt zwei Millionen Euro schwere staatliche Förderprojekt soll die Region als innovativen Wirtschaftsstandort voranbringen. Sowohl die städtische Wirtschaftsförderung WSP für den Hub-Standort Pforzheim als auch der Konsortialführer, die Wirtschaftsförderung (WFG) Nordschwarzwald, nutzten die Dienstleistungen der jungen Firma.

WFG-Geschäftsführer Jochen Protzer, der auch für die SPD im Kreistag sitzt, sagt: „Herr Dörflinger ist uns schon länger als Dienstleister im Bereich Webseiten-Gestaltung bekannt, wir schätzen seine Arbeit. Im Rahmen des Projekts Digital Hub Nordschwarzwald ist an Campaigners Network ein Betrag im mittleren vierstelligen Bereich geflossen.“

Die Vergabe sei „nach Einholung von Vergleichsangeboten“ erfolgt. Das Vorgehen sei „ebenso üblich wie zweckmäßig; für uns als GmbH besteht weder Verpflichtung noch sachlicher Grund, für öffentliche Ausschreibungen“, stellt Protzer klar. Stadtrat Weisenbacher fordert dennoch mehr Transparenz. „Um jeglichen Anschein zu vermeiden, sollte das auch im Interesse von Herrn Dörflinger sein.“

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