Auf einer Trage in einem hellen Raum sitzt die neunjährige Clara. Sie lacht und sagt: „Mein Bizeps brennt“. Gerade schüttelt das aufgeweckte Mädchen zwei Seile. Was eine Situation aus einem Fitnessstudio seien könnte, hat einen ernsten Hintergrund: Clara ist seit sie zwei Jahre alt ist querschnittsgelähmt. Im Pforzheimer Zentrum für Rehabilitation will das Mädchen, das aus Bundenbach in Rheinland-Pfalz kommt, wieder laufen lernen.
Strammes Training für das große Ziel
„Ich will, dass meine Eltern wieder glücklich sind und ich mit ihnen zusammen spazieren kann – ohne Rollstuhl“, sagt die Kleine, die später Rechtsanwältin werden will. Seit Monaten schuftet Clara dafür montags bis freitags jeweils von 8 bis 14 Uhr an Geräten. Macht Übungen, um die Muskulatur in Beinen, Armen und Becken zu fordern. Immer an ihrer Seite: Mutter Michaela (47).
Wir wollen, dass Clara ihren Mitmenschen auf Augenhöhe begegnen kann
„Mit einem Jahr lief Clara, doch auf einmal wirkte ihr Gang unsicher“, sagt die Mutter unter Tränen über die Diagnose vor sieben Jahren, die das Leben der Familie veränderte. Bei Clara wurde ein Tumor an der Wirbelsäule festgestellt und entfernt. „Danach lag sie nur da, mittlerweile kann sie immerhin wieder krabbeln und sitzen“, so Michaela. „Wir wollen, dass Clara ihren Mitmenschen auf Augenhöhe begegnen kann.“
Bankdrücken als Lieblingsübung
Clara lässt sich nicht unterkriegen. Das kleine Mädchen lacht, ist heiter und macht alle Übungen, die Therapeutin Daniela Dorschner-Geerlofs mit ihr macht, eifrig mit. „Das ist zu einfach, kann ich mit einer Hand?“, fragt sie bei einer Übung, bei der sie eine Bank nach oben drücken muss.Es ist ihre Lieblingsübung in der Therapie.
Leidenschaftliche Schach-Spielerin
Das Mädchen lacht viel, ist lebensfroh und alles andere als niedergeschlagen. Wenn Clara nicht gerade in der Pforzheimer Klinik ist, spielt sie leidenschaftlich gerne Schach. So gut, dass sie schon mehrere Pokale gewonnen hat. „Zuletzt eine Bezirksmeisterschaft in ihrer Altersklasse“, verrät Mutter Michaela. Aktuell besucht die neunjährige Clara die vierte Klasse der Grundschule. Im kommenden Schuljahr will sie auf das Gymnasium wechseln. Dass die Zeit in der Schule nicht einfach ist, verrät die Mutter: „Wenn die ganze Klasse außer dir zu einem Geburtstag eingeladen wird, dann tut das weh“ – doch Clara sei stark und kleine Tiefschläge machen sie nur noch stärker. „In der Schule schreibt sie fast nur gute Noten“, sagt die Mutter. Und das, obwohl Clara während der Therapie in Pforzheim nicht zur Schule gehen kann.
Spezialklinik mit Schwerpunkt Querschnittssymptomatik
Das Zentrum für Rehabilitation ist eine Spezialklinik, von der es laut Klinikangaben weltweit nicht viele gibt. Ein Schwerpunkt der Klinik liegt auf dem Training mit Querschnittsgelähmten. Die Idee dahinter: die größtmögliche Flexibilität der Patienten wieder herstellen. „Aussagen wie ,Sie werden für immer im Rollstuhl sitzen‘ sind Quatsch“, erläutert Daniela Dorschner-Geerlofs. In ihrer Klinik behandelt sie seit Jahren Patienten mit Querschnittssymptomatik. „Clara wird immer stabiler. Man muss noch nachhelfen, aber es ist letztlich alles da“, sagt sie über den Fortschritt der Neunjährigen.
Krankenkasse zahlt die Therapie nicht
Da die Krankenkassen diese therapeutischen Maßnahmen nur zahlen, wenn ein Fremdverschulden vorliegt, muss die Familie von Clara die Kosten alleine aufbringen. „Klar, das ganze Geld ist futsch. Aber was ist schon Geld, es geht um die Gesundheit“, sagt Michaela. Dass Clara richtig gut mitmacht, gibt der Mutter die Kraft, weiter optimistisch zu bleiben. Samstags arbeitet sie, wenn sie gerade nicht in der Klinik sind, als selbstständige Zahnärztin. Claras Vater Johann arbeitet quasi rund um die Uhr als Kaufmann. Trotzdem musste die Familie für Claras Behandlung einen Kredit aufnehmen.
Straffer Rhythmus
Für die Behandlung ihrer Tochter, nimmt die Familie viel in Kauf. Urlaub gab es schon seit Jahren keinen mehr. "Montags bis Freitags sind wir in der Klinik, samstags arbeite ich, sonntags fahren wir wieder nach Pforzheim", sagt Mutter Michaela über ihren Rhythmus. Dass sie dabei ihren Mann Harald kaum sieht, nimmt sie für ihre Tochter auf sich. "Wir haben quasi eine Samstagsabend-Beziehung", sagt sie lachend.
Nächster Aufenthalt ab Februar
Für den nächsten Behandlungszeitraum, von Februar bis August 2020, hat die Familie eine Spendenkampagne ins Leben gerufen. Das Ziel sind 60 000 Euro – die Kosten für den Aufenthalt und die Therapie. „Wir haben unser ganzes Geld investiert und wollen nichts unversucht lassen für unsere Clara“, so die Mutter.
Spendenkampagne
www.gofundme.com/f/9-jaehrige-will-endlich-laufen oder auf der Seite von gofundme nach „Bundenbach“ suchen.
Über gofundme:
Gofundme ist eine der weltweit größten Plattformen für private Spendenaktionen, sogenanntes Crowdfunding. Nach eigenen Angaben ist die Plattform der einzige Anbieter, der den Spendern eine Schutzgarantie bietet. Das bedeutet, dass jede Kampagne von den Mitarbeitern des Unternehmens auf Echtheit geprüft wird. Außerdem wird überprüft, ob die gewünschte Spendensumme realistisch ist.
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