So hoch wie ein Windrad könnte man die Kassenbons stapeln, die Martin Reinhardt aus Knittlingen, Obermeister der Bäckerinnung, dank der Bonpflicht an nur einem Tag sammelt. 241 Meter sind es im Schnitt täglich, wenn man sie hintereinander legt.
Oder, wie es der FDP-Landtagsabgeordnete Erik Schweickert formuliert: „Wenn du im Sommer in den Urlaub fährst, lieber Martin, kannst du dann den Landtag verhüllen.“ So, wie es Christo 1995 mit dem Reichstag tat, nur eben mit Thermopapier und Quittungen für Brötchen, Brezeln und Kaffee. „Und das ist nur ein Bäcker in Baden-Württemberg, von 1.100“, sagt Schweickert.
FDP fordert Bagatellgrenze
Grund genug für Reinhardt und Schweickert, ihrem Ärger nun Luft zu machen und die von Reinhardt seit Heilig Abend gesammelten Papiersäcke öffentlichkeitswirksam an den Landtag zu schicken, und zwar in Schweickerts Auto. Und nicht nur das: Die Landes-FDP fordert nun eine Änderung des Gesetzes und eine Bagatellgrenze bei etwa zehn Euro.
Zusatzkosten bis zu 4.000 Euro durch Papier
Damit würde ein großer Teil von Reinhardts Zetteln verschwinden. Denn die meisten seiner Bons würden für Werte von vier bis fünf Euro ausgegeben. Und das aber in Massen. Reinhardt nennt Zusatzkosten von 3.500 bis 4.000 Euro pro Jahr an Papier. „Und da habe ich noch kein Brötchen mehr verkauft.“
Vollkommener UnsinnFDP-Abgeordneter Erik Schweickert
Schweickerts Urteil über die Bonpflicht fällt entsprechend vernichtend aus. Was da an Papiermüll und -kosten anfalle, sei „eben nicht einfach nur eine Kleinigkeit“. Und es sei „vollkommener Irrsinn, dem Kunden einen Beleg aufs Auge zu drücken, den der gar nicht will.“ Das Argument, Steuerhinterziehung zu verhindern, könne er zudem nicht nachvollziehen. Bei den durch das Gesetz geforderten modernen Kassen sei „jeder Tastendruck nachvollziehbar“.
Recycling mal anders
Bäcker Reinhardt skizziert zusammen mit Schweickert noch ganz andere juristische Probleme. „Da wird eine ganze Branche und alle Mitarbeiter unter Generalverdacht gestellt“, sagt Reinhardt. In dem Moment, in dem eine Verkäuferin den Bon nicht mehr anbietet, sei das ein „Verdacht auf Steuerhinterziehung“. Und da man einen Stammkunden irgendwann nicht mehr mit immer der gleichen Frage belästigen könne, „stehe ich da schon mit einem Fuß im Gefängnis“.
Und in den (Rest-)Müll könne er die Bons auch nicht einfach werfen. „Da müsste ich eigentlich auf dem Bon die Namen schwärzen.“ Nun also wird pragmatisch per Post im Landtag recycelt. Eine Idee, die übrigens auch noch andere haben, auch im Enzkreis. Er selbst wisse von „drei, vier Kollegen, die ebenfalls sammeln“, sagt Reinhardt.