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Anspannung vor Sondersitzung

"Versagen des Aufsichtsrats": Rücktrittsforderungen bei Stadtwerke Pforzheim

Wirbel um Finanzen: Bei den Stadtwerken Pforzheim (SWP) spitzt sich die Lage weiter zu. Der Aufsichtsrat des Versorgers trifft sich nach Informationen des Pforzheimer Kurier an diesem Mittwoch zu einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung. Derweil gibt es die ersten Rücktrittsforderungen - auch an den Aufsichtsrat.

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IMAGE-76830 Foto: N/A

Nach Informationen des Pforzheimer Kurier will Aufsichtsratsvorsitzender und Erster Bürgermeister Dirk Büscher (CDU) in der Sitzung die rechtlichen Voraussetzungen für eine externe Untersuchung durch Wirtschaftsprüfer schaffen. Den politischen Willen dazu hatte Büscher bereits im Dezember verkündet.

Widerstand gegen externe Prüfung?

Doch gegen die praktische Umsetzung hatte es im Unternehmen zuletzt Widerstand gegeben. So hatte der Betriebsrat in einem Schreiben an die Geschäftsführung einen vorläufigen Stopp der externen Prüfung gefordert. Betriebsratschef Henry Wiedemann stellt auf Kurier-Anfrage klar: „Wir wollen die Prüfung weder stoppen noch aufhalten. Der Betriebsrat steht für Transparenz. Dazu gehört aber auch, dass wir als Betriebsrat über Umfang und Inhalt des Prüfauftrags informiert werden.“ Die SWP-Geschäftsleitung um Roger Heidt (CDU) lässt nach Kurier-Informationen ihrerseits den Prüfauftrag juristisch prüfen. Ein Unternehmenssprecher wollte sich am Dienstag auf Anfrage nicht äußern.

Spannungen zwischen Heidt und Nachfolger Büscher

Insidern zufolge gibt es zwischen SWP-Chef Heidt und Aufsichtsratschef Büscher inzwischen erhebliche Spannungen. Büscher, der Heidt 2016 als Erster Bürgermeister und somit auch SWP-Aufsichtsratschef nachgefolgt war, soll sich dem Vernehmen nach intern tief enttäuscht über das Agieren der SWP-Spitze im Zusammenhang mit dem Mitte Dezember bekannt gewordenen Gewinneinbruch geäußert haben.

Große politische Verwerfungen

Wie berichtet hatte der Aufsichtsrat die jährliche Ausschüttung von zuletzt zehn Millionen Euro an die Gesellschafter Stadt Pforzheim (65 Prozent) und Thüga AG (35 Prozent) nach einer kontroversen Sitzung Mitte Dezember gestoppt. Der völlig überraschende Schritt löste in der Folge große politische Verwerfungen aus. Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) hatte eigenen Angaben zufolge erst nach der Aufsichtsratssitzung davon erfahren, dass im Haushalt 2019 rund 6,5 Millionen Euro wegfallen, die er Tage zuvor noch fest eingeplant hatte. In der Folge wurde die für Mitte Dezember vorgesehene Haushaltsverabschiedung abgesagt. Bislang gibt es keine plausible Erklärung dafür, warum der OB erst nach der Haushaltsberatung vom Gewinneinbruch bei den Stadtwerken erfahren hatte.

Bürgerliste fordert Rücktritt von Aufsichtsrat

Unterdessen gibt es im kommunalpolitischen Raum eine erste Rücktrittsforderung. Die Bürgerliste Pforzheim spricht in einer Mitteilung von einem „Versagen des Aufsichtsrates“. Es wäre aus ihrer Sicht „anständig, wenn Geschäftsführung, Aufsichtsrat und alle weiteren Personen, die an der Misere beteiligt sind, ihre Posten frei machen würden für einen echten Neuanfang“, so Christian Heuchert, der stellvertretende Vorsitzende der kleinen aber rührigen Gruppierung um den Büchenbronner Ortschaftsrat Reinhard Klein, der übrigens neben Hans-Ulrich Rülke (FDP) einer der Hauptinitiatoren des Bürgerbegehrens gegen die Innenstadt-Ost ist.

Büscher: Situation aufklären

Beim Thema Stadtwerke greift Kleins Bürgerliste aber mittelbar auch seinen Verbündeten Rülke an, der bekanntlich einer der dienstältesten SWP-Aufsichtsräte ist. „Wie kann es sein, dass jahrelang jährlich ein angeblicher Gewinn von 6,5 Millionen Euro an die Stadt abgeführt wurde und gleichzeitig die Schulden sich jedes Jahr massiv aufgehäuft haben? Entweder, ich habe einen Gewinn erzielt oder ich habe Schulden gemacht – beides gleichzeitig lässt sich in einer Bilanz schwerlich darstellen“, so heißt es in der Pressemitteilung. Zu der Rücktrittsforderung wollte sich der Aufsichtsratschef auf Anfrage nicht direkt äußern. „Wir haben nun die Aufgabe, die Situation und die Hintergründe aufzuarbeiten. Darum geht es jetzt“, so Büscher.

Kurier-Kommentar: Diese fatale Affäre kennt nur Verlierer

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