Das Familienunternehmen hat in Pforzheimer Industriegebiet Buchbusch für 13 Millionen Euro ein Werk hochgezogen, das Bälge – und künftig auch Wickelschläuche – für Lkw, Land- und Baumaschinen sowie Omnibusse herstellt. Im Hochlohnland Deutschland – aber eben auch nah an den Entwicklern, Vertrieblern und Kunden. „Dazu zählen alle Lkw-Hersteller“, sagt Geschäftsführer Philip Paschen. Witzenmann-Buchbusch ist auch das Nutzfahrzeug-Leitwerk für die entsprechenden Schwesterwerke in den USA und in China. So viel zur Theorie.
Witzenmanns neue Fabrik wirkt wie geschleckt
Jetzt zur Praxis: Die erste Maschine in der wie geschleckt wirkenden Fabrikhalle wickelt wie von Zauberhand ein dünnes Edelstahlband von der Rolle ab. Sie klackt ein paar mal, saugt die jetzt zugeschnittenen Bleche an und legt sie auf dem Transportgerät für die nächste Maschine ab.
Die ist riesig. Sie zischt, es riecht nach Maschinenöl. „Aber war’s das schon?“, fragt sich der Besucher ein bisschen enttäuscht. „Kommen Sie mal mit“, fordert ihn Werksleiter Niels Hennig auf. Seitlich sind Flachbildschirme angebracht, die Kameraauafnahmen aus dem Maschineninneren zeigen: Da wird aus dem Blech ein Rohr geformt und dann verschweißt.
Scheppernd geht es weiter in die Presse; auch die arbeitet vollautomatisch: Mit Hochdruck wird Wasser in die Rohre geschossen, außen schmiegt sich das Werkzeug an, das die Form vorgibt. Aus dem Zylinder wird so ein Balg. Ein Zettel hängt seitlich an der Maschine: John Deere, Daimler, Volvo, Scania, MAN – alles Kunden.
Seit Herbst
wird in der Fabrik produziert. Die 105 Mitarbeiter – ja, es gibt tatsächlich welche, doch dazu später mehr – und die Maschinen wurden aus dem Pforzheimer Stammwerk und den Werken Nord sowie Brötzingen dort hin verlagert. „Das ist Witzenmanns schönste Fertigung“, sagt Paschen. Vorbereitet für die Prozesse nach Industrie 4.0 und auch sonst zukunftssicher. „Der Verbrennungsmotor bleibt uns noch eine sehr lange Zeit erhalten“, ist Wildermuth überzeugt. Moderne Dieselmotoren seien beim CO2-Ausstoß günstig. Potenzial im Nutzfahrzeugverkehr sieht er auch bei E-Fuels, für die kein Erdöl nötig ist.
Auf Langstrecken sind Elektro-Laster noch ferne Zukunftsmusik, weiß der Manager. Und in Indien sowie in China greifen ab 2020 strenge Abgasnormen für Verbrennungsmotoren – Witzenmann liefert die dazu nötige Technik.
Mit Produkten aus dem Werk Buchbusch, das in nur 13 Monaten hochgezogen wurde, wollen die Pforzheimer in diesem Jahr 60 Millionen Euro erlösen. Die dort hergestellten Teile gehen zu Daimler nach Wörth, aber auch zum Lkw-Bauer in China. „80 Prozent des Volumens bleiben aber in Europa“, sagt Paschen.
Inzwischen sind die Chefs an der ersten Station im Werk angekommen, wo ein Arbeiter permanent an einer Maschine steht: Es ist eine Schneidemaschine, die den Balg auf Maß bringt. Später wird er noch gestaucht und bekommt erst so seine volle Flexibilität. Danach montiert ein Arbeiter den Wickelschlauch ins Innere. Schon fährt eine schützende Wand herunter. Eine Kamera überträgt die Aktion aus dem Inneren der Station: Zwei Roboter schweißen die Teile zusammen, dass nur so die Funken fliegen. In drei Schichten geht es so ab, bei Bedarf auch samstags.
Mit dem nagelneuen Werk, das am 17. Mai offiziell eröffnet wird, hat sich das Familienunternehmen einmal mehr zur Region bekannt. Weltweit schrieb der Global Player 2017 rund 614 Millionen Euro Umsatz. Und von seinen 4 600 Mitarbeitern beschäftigt er rund 1 600 in der Region.