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Samstag in der Stadt

Beunruhigend oder übertrieben? Gaggenauer bereiten sich auf die nächsten Corona-Tage vor

Die Ausbreitung des Coronavirus hat in Gaggenau sichtbare Folgen: Auf mehreren Plakaten prangen die Worte „verschoben“ oder „abgesagt“. In Geschäften in der Innenstadt sind am Samstagnachmittag einige Körbe und Regale leergeräumt.

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Diese Aushänge begrüßen nun die Besucher der Stadtbibliothek Gaggenau Foto: Christiane Widmann

Kartoffeln, Zwiebeln, Mehl, Reis, Nudeln, Zucker, Lebensmittelkonserven, Dinkel, Roggen, Hefe: Solche Produkte scheinen dieser Tage reißenden Absatz zu finden. Toilettenpapier, Seifen und Desinfektionsmittel sind erwartungsgemäß teils vergriffen.

Selbst wo üblicherweise Damenbinden und Baby-Feuchttücher zu finden wären, herrscht mancherorts Leere. Geschäfte wie DM und Rewe weisen mittlerweile mit Aushängen darauf hin, dass manche Produkte nur noch in begrenzter Zahl verkauft werden.

Denise Kuzbicki aus Gernsbach
Denise Kuzbicki aus Gernsbach Foto: Christiane Widmann

„Ich hoffe, ich kriege das Nötigste“, sagt Denise Kuzbicki. Sie will später am Nachmittag noch Milch und Eier besorgen, „solche Kleinigkeiten“. Ihre Chancen schätzt sie allerdings als „sehr schlecht“ ein. „Ich find’s langsam beängstigend“, sagt sie zur aktuellen Situation.

Sie beunruhigt, „dass wir nicht mehr raus können, raus dürfen“. Doch auch ganz praktische Dinge kommen ihr in den Sinn: „Ich hoffe, die Geschäfte bleiben offen.“ Hinzu kommen die Schul- und Kindergartenschließungen, die mit dem Beruf vereinbart werden müssen. „Das ist natürlich eine Belastung für uns Eltern.“

Ich finde, es wird viel zu viel hochgeschaukelt
Ramona Altherr

Wenn Menschen beginnen, sich gegenseitig das Toilettenpapier vor der Nase wegzuschnappen oder sich gar darum zu streiten, ist für Ramona Altherr eine Grenze überschritten. „Ich finde das nicht in Ordnung“, sagt sie. „Vorsicht ist ja gut.“ Aber Panikkäufe: Das findet sie dann doch übertrieben.

„Ich finde, es wird viel zu viel hochgeschaukelt.“ Das gilt auch seitens der Politik. Die vielen Einschränkungen im Alltag, die nun beschlossen worden sind, gehen ihr zu weit. „Es ist ja nicht so schlimm bis jetzt.“

Wir haben alle darüber Witze gemacht. Aber jetzt wird es ernster.

Eher gelassen erscheint auch die Stimmung derjenigen, die rund um den Marktplatz in Gaggenau Kaffee trinken und Eis essen oder am Bahnhof auf Bus und Bahn warten. Auf das Coronavirus und seine Auswirkungen im Alltag angesprochen, brummt ein älterer Herr „Alles übertrieben!“, schwingt sich auf sein Fahrrad und radelt davon.

Doch eine Passantin gibt offen zu, dass sie verunsichert ist. Sie findet es schwierig einzuschätzen, wie bedrohlich die Lage ist und ob einige Reaktionen übertrieben sind oder nicht. „Wir haben alle darüber Witze gemacht. Aber jetzt wird es ernster.“

Helge Voigtländer aus Gaggenau hätte sich schnellere Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus gewünscht.
Helge Voigtländer aus Gaggenau hätte sich schnellere Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus gewünscht. Foto: Christiane Widmann

Ein anderer Mann sagt geradeheraus: „Es ist verdammt beunruhigend.“ Das ist seiner Ansicht nach auch ein Resultat der sich ständig verändernden Nachrichtenlage. „Du kannst nur auf Sicht leben.“ Normal findet er deshalb auch die Reaktion, nun Lebensmittel und Ähnliches zu hamstern. Die Politik hat sich seiner Ansicht nach zu viel Zeit gelassen, um Maßnahmen zu ergreifen. „Wir sind zu spät dran“, sagt er. Und kritisiert: „Es ist keine Industrie so wertvoll wie ein Menschenleben.“

Ähnlich äußert sich Helge Voigtländer. „Ich erlebe die Stimmung als ziemlich unkoordiniert.“ Seinem Eindruck nach spielen zu viele Interessenslagen eine Rolle – wirtschaftliche einerseits, das Gemeinwohl andererseits.

Er hätte sich schnellere Maßnahmen gewünscht: „Die Entscheidungswege sind in Deutschland einfach zu lang.“ Wichtig und richtig findet er die aktuellen Einschränkungen, die die Ausbreitung des Virus verlangsamen sollen. „Ansonsten müssen wir mal abwarten. Ich habe den Eindruck, dass das Leben gedeckelt weitergeht.“

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