Wer PFC-haltiges Wasser trinkt, hat auch PFC im Blut. Diesen eindeutigen Zusammenhang zwischen belastetem Trinkwasser und dem PFC-Gehalt im Blut belegte bereits die Blut-Kontrolluntersuchung aus der Region, deren Ergebnisse vor gut einem Jahr veröffentlicht wurden .
Die Testgruppe aus Gernsbach und Kuppenheim, die über einen unbekannten Zeitraum PFC-haltiges Trinkwasser konsumiert hatte, zeigte damals erhöhte Werte der PFC-Verbindung PFOA im Blut. Eine konkrete Aussage über die gesundheitliche Relevanz ließ sich aber nicht machen.
Umweltbundesamt veröffentlicht HBM-II-Werte
Nun hat die Kommission Human-Biomonitoring (HBM) des Umweltbundesamtes (UBA) die HBM-II-Werte veröffentlicht, die zur gesundheitlichen Bewertung dieser Stoffe im Blutplasma herangezogen werden können.
Diese Werte betragen für Frauen im gebärfähigen Alter fünf Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) Blutplasma für PFOA und zehn ng/ml für PFOS. Für die übrigen Bevölkerungsgruppen liegen die Konzentrationen bei 10 ng/ml für PFOA und 20 ng/ml für PFOS.
Großer Teil der Testpersonen überschritt einen Wert
Für PFOA wurden die HBM-II-Werte von einem signifikanten Teil der Teilnehmer der Gruppe aus Gernsbach/Kuppenheim überschritten, in den anderen Gruppen nur von vereinzelten Personen. Für PFOS gibt es über alle Gruppen hinweg wenige Einzelüberschreitungen, so das Landratsamt in einer Pressemitteilung.
Grund zur BesorgnisAus der Definition des UBA für die neuen Werte
Die Hauptaufnahmewege für diese Chemikalien sind Trinkwasser und Lebensmittel. Nach dem Wirbel um PFC im Trinkwasser im vergangenen Dezember haben sämtliche Trinkwasserversorger diese Werte bereits reduziert. Auch die Feldfrüchte und Lebensmittel werden entsprechend kontrolliert.
Was die HBM-II-Werte bedeuten
Für den Menschen steht die Toxizität aufgrund einer langfristigen Aufnahme und Anreicherung im Körper im Vordergrund. Laut Umweltbundesamt besteht „bei Messwerten oberhalb der HBM-II-Werte Grund zur Besorgnis, da als relevant anzusehende gesundheitliche Beeinträchtigungen grundsätzlich möglich sind.
Es muss aber nicht unbedingt bei solchen Konzentrationen zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung kommen. Den Betroffenen sollte deshalb eine umweltmedizinische Betreuung beziehungsweise Beratung, gegebenenfalls auch eine längerfristige Beobachtung mit Überprüfung des Messwertes, angeboten werden.“
Landratsamt sieht keinen Handlungszwang
Das Landratsamt betont in seiner Presseerklärung, dass „die HBM-Kommission derzeit keinen Anlass sieht, bei Überschreitungen des HBM-II-Wertes ohne Vorliegen weiterer Risikofaktoren oder Vorerkrankungen die Bestimmung klinischchemischer Messgrößen zu empfehlen“.
Als gesundheitliche Auswirkungen diskutiert das UBA entwicklungstoxische Effekte und verringerte Geburtsgewichte, verminderte Fertilität sowie Zusammenhänge mit verringerter Antikörperbildung, erhöhter Cholesterin-Konzentration und mit Diabetes mellitus Typ II.
In der Region ist für 2020 eine Wiederholungsmessung der Blutuntersuchungen vorgesehen, ergänzend ist für die Ärzteschaft in Rastatt und Baden-Baden eine entsprechende Informations-Veranstaltung im ersten Halbjahr 2020 geplant.
PFC: Das Gift in uns
Die Geschichte des größten Umweltskandals Deutschlands – mit seinen Hintergründen, gesundheitlichen Risiken, juristischen Folgen und persönlichen Schicksalen – erzählt dieses multimediale BNN-Dossier . Alle Artikel gibt es auch einzeln auf bnn.de .