Jetzt hängen sie auch in Rastatt – und in Pforzheim – , die antisemitischen Plakate der neonazistischen Partei „Die Rechte“. Gleich an mehreren Laternenmasten im Stadtgebiet versucht die Splitterpartei mit dem Satz „Israel ist unser Unglück“ Rastatter Wähler für sich einzunehmen. Der Vorstand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft machte die Stadtverwaltung am Wochenende auf die Plakate aufmerksam. Sie hatten auch in anderen Teilen des Landes bereits für heftigen Widerspruch gesorgt.
„Als Genehmigungsbehörde sind wir zur Neutralität verpflichtet und können die beschriebenen Wahlplakate formalrechtlich nicht beanstanden. Wir haben sie zur Prüfung ihrer inhaltlichen Zulässigkeit an die Strafermittlungsbehörden weitergeleitet“, sagt Heike Dießelberg von der städtischen Pressestelle.
Entscheidung steht noch aus
Vom Rastatter Polizeirevier ging die Bitte um Überprüfung dann an die polizeiliche Staatsschutzabteilung, von dort zur Staatsanwaltschaft nach Baden-Baden und schließlich, „zur einheitlichen Bewertung“ an die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. „Wir haben noch keine Entscheidung getroffen und werden den Vorgang in Ruhe prüfen“, sagte der Sprecher der dortigen Behörde, Erster Staatsanwalt Tobias Wagner auf Anfrage der BNN. Diese Prüfung, so Wagner, könne einige Zeit in Anspruch nehmen, man wolle aber versuchen, noch vor der Wahl zu einer Entscheidung zu kommen.
Ich habe mich dafür entschuldigt, dass so etwas in Deutschland möglich ist.
Derweil geht die Deutsch-Israelische Gesellschaft Baden-Baden an die Öffentlichkeit und nennt den Wahlauftritt von „Die Rechte“ volksverhetzend, diffamierend und beschämend. „Ich finde es extrem wichtig, dass man der Sache so schnell wie möglich nachgeht und rechtliche Schritte gegen diese Form der Wahlwerbung unternimmt“, sagte Kathrin Warth von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. In einem Telefonat mit einer Freundin in Israel, so Warth, „habe ich mich dafür entschuldigt, dass so etwas in Deutschland möglich ist“.
Plakate stehen in der Kritik
Nach Informationen des SWR kamen Experten des Bundesinnenministeriums zu dem Schluss, Plakate mit solchen hasserfüllten Sätzen seien eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die hetzerischen Plakate müssten deshalb weg, verlangt nun auch der Landesbeauftragte gegen Antisemitismus, Michael Blume. Er ruft Städte und Gemeinden auf, die Plakate abhängen zu lassen. Rastatt wartet auf die Entscheidung aus Karlsruhe.
Was soll’s. Ein kurzer dummer Satz auf einem kleinen schäbigen Plakat, noch nicht mal im Zentrum der Stadt. Stehen wir da nicht drüber, über dem aufgeregten Gehechel menschenverachtender Neonazis? Stadt frägt Polizei, Polizei frägt Staatsanwaltschaft und die hofft, noch vor den Wahlen entscheiden zu können, ob die Partei „Die Rechte“ ihre Plakate abhängen muss. Der Staat tendiert zum Ja. Formalrechtlich sei da wohl nichts zu beanstanden, sagt die Stadtverwaltung. Eine Demokratie müsse das aushalten, meint ein Staatsanwalt.
Formalrechtlich ist der Hinweis „Israel ist unser Unglück“ nicht mehr, als ein völlig unsinniger Bezug auf einen kleinen Staat im Nahen Osten, ohne jeden Zusammenhang zur anstehenden Wahl zum Europaparlament.
Doch eigentlich sagt das Plakat eben etwas ganz anderes: „Schaut her ihr Rastatter“, schreit es vom Laternenmast. „Wir sind die, die Juden hassen, Ausländer verachten und Schwule verprügeln. Wir sind die, die Andersdenkende und Anderslebende verabscheuen und ausgrenzen. Wir halten nichts von Freiheit und Vielfalt. Wer uns wählt, der wählt die neuen Nazis.“ Das alles steht unausgesprochen mit auf diesem infamen Plakat. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.