Dann waren es nur noch zwölf Bäckereien im Bereich der Innung Rastatt. Am 31. März – also am Ende dieser Woche – stellt Reinhard Kühn im Alter von 66 Jahren in der Steinmauerner Rheinstraße 14 seine Arbeiten ein. Aber keine Angst, im Kleinen geht es trotzdem weiter – gerade, was die legendären Linzertorten und gestrichenen Böden betrifft, ließen die Betreiber bei ihrer Verabschiedung die Anwesenden wissen. Sie werden beim Edeka-Markt, den Kühn seit zwanzig Jahren beliefert, für die Kunden zu haben sein.
Von Rainer Wollenschneider„Schade, dass die Bäckereitradition nicht fortgesetzt werden kann“, stellte Bürgermeister Siegfried Schaaf bedauernd fest. „Ein Stück Dorfkultur“ werde verschwinden, betonte er.
Vor 37 Jahren hatte Reinhard Kühn den elterlichen Betrieb übernommen, in dem bereits Mutter Anne-Luise gewirkt hatte. Großvater Johann Heck war zuvor im Elsass tätig und anfangs des 20. Jahrhunderts schließlich nach Steinmauern gekommen.
Bäckermeister übernahm den elterlichen Betrieb
Dann zog die Bäckerei vor rund 82 Jahren in die Rheinstraße und bewirtschaftete die „Sonne“ mit. Reinhard Kühn, der von seiner Frau Claudia seit 14 Jahren im Verkauf und zuletzt von zwei Bäckern bei der Produktion unterstützt wurde, berichtet, dass er an jedem Arbeitstag nachts um ein Uhr aufstand und auch Probleme in der Backstube souverän meisterte: „Die größte Katastrophe war, als der Strom ausfiel und das Wasser abgestellt wurde“, erinnert sich der Bäckermeister.
Die größte Katastrophe war, als der Strom ausfiel und das Wasser abgestellt wurde.Reinhard Kühn über seine Arbeit
Jederzeit Renner im Sortiment waren in den vergangenen Jahren der Rahmkuchen, die gestrichenen Tortenböden, aber auch die „Flößerweck“ – kleine Spitzbrötchen. Auch die Steinmauerner Vereine profitierten von Reinhard Kühn. So belieferte er das Hähnchenfest mit gut 15.000 Brötchen.
Kühn will Kontakt in die Schweiz intensivieren
„Ich kann mir nicht so recht vorstellen, wie es weitergeht“, sagt Reinhard Kühn beim Blick in die Zukunft. Er wird dem Bäckergesangverein treu bleiben und den Kontakt – gerade zu der Familie Rüegg in Steinmaur in der Schweiz – gerne intensivieren. Dort war er schon mit Freunden in der Partnergemeinde beim Straßenfest aktiv. Flammkuchen hatte er im Gepäck, die zahlreich über den Tresen gingen. Außerdem sind die Kühns mit dem Fahrrad unterwegs und machen gerne Urlaub im Bregenzer Wald.
Optimistisch bei Bäckerhandwerk
Was die Zukunft des Bäckerhandwerks betrifft, ist Reinhard Kühn etwas optimistisch: „Habe ich auch keinen Nachfolger für meine Backstube gefunden, ich meine, eine Belebung des Bäckerberufs kommt wieder.“