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"Es rückt immer näher"

Vorbereitung auf Coronavirus: Behörden, Ärzte und Kliniken in der Region Rastatt sehen sich gut gewappnet

Mittelbaden bereitet sich auf den Coronavirus vor. „Es rückt immer näher. So langsam wird es heiß", sagt Tanja Gerlach, Allgemeinmedizinerin aus Weisenbach. Die Fäden laufen im Landratsamt Rastatt zusammen. Dort sehen sich die Verantwortlichen gut gewappnet - und schätzen die Gefahr einer Grippe-Infektion derzeit viel höher ein.

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Alles steht bereit: Das Klinikum Mittelbaden ist in der Lage, jedes Zimmer in ein Isolierzimmer umzuwandeln. Foto: Hans-Jürgen Collet

Auf der Homepage des Landratsamts Rastatt ist das Coronavirus schon angekommen. Als erste Meldung auf der Startseite prangt eine Mitteilung, deren Kernbotschaft lautet: Im Landkreis Rastatt gibt es bislang noch keinen Fall der neuartigen Erkrankung. Aber Gesundheitsamt, Kliniken und Ärzte bereiten sich vor. Tanja Gerlach, Allgemeinmedizinerin aus Weisenbach, zeigt sich besorgt: „Es rückt immer näher. So langsam wird es heiß.“

Das Landratsamt befindet sich in engem Austausch mit dem Landesgesundheitsamt in Stuttgart. „Wir sind dabei, die notwendigen Strukturen zu schaffen“, sagt Pressesprecherin Gisela Merklinger. Katastrophenschutz und Rettungswesen stünden Gewehr bei Fuß.

Bei Verdacht erst einmal zum Telefonhörer greifen

Wer selbst den Verdacht hegt, dass er am Coronavirus erkrankt sein könnte, sollte laut Merklinger den Hausarzt telefonisch verständigen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Betroffenen sollten nicht direkt in der Praxis vorbeigehen, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Wie Jan Ulrich Krahl, Leiter des Gesundheitsamts Rastatt, erklärt, könne der Patient in häuslicher Quarantäne auf die Laborergebnisse warten – sofern keine schwere Erkrankung vorliege.

Die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiter haben oberste Priorität.
Eine Sprecherin des Daimler-Konzerns

Längst hat das Virus nicht nur Auswirkungen auf das menschliche Immun-, sondern auch auf das weltweite Wirtschaftssystem. Auch Rastatts größter Arbeitgeber Daimler hat die Entwicklung im Blick, gibt sich im Detail aber zugeknöpft. Eine Sprecherin teilt lediglich mit: „Wir beobachten die Entwicklungen sehr genau und passen unsere Maßnahmen entsprechend an. Die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiter haben oberste Priorität.“ Außerhalb Chinas laufe die Produktion in allen Werken planmäßig.

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Um am Arbeitsplatz und im Privatleben das Risiko zu minimieren, rät Allgemeinmedizinerin Gerlach ihren Patienten, die Hygieneregeln dringend zu beachten. Das heißt: Nicht in die Hände husten oder niesen, beide Hände regelmäßig waschen und mindestens 30 Sekunden lang desinfizieren. In ihrer Praxis hat sie eine Kiste mit Mundschutz-Masken aufgestellt: „Wir haben noch welche da, aber mit dem Nachschub wird es schwierig.“

Einige Patienten mit Erkältungssymptomen seien verunsichert gewesen. Auf den Ernstfall ist Gerlach vorbereitet: Bei Verdacht nimmt sie einen Nasen- und Rachenabstrich und schickt die Probe per Bote in ein Baden-Badener Labor. Ein positiver Befund käme per Fax – bislang war das nicht der Fall.

Apothekerin rät zu einem Handdesinfektionsmittel

Noch gelassen äußert sich Tatjana Zambo. Sie ist Inhaberin der Vitalapotheke in Gaggenau und Vizepräsidentin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg. „Hier in Deutschland würde ich erst mal die Ruhe bewahren“, sagt sie.

Das Thema ist bei ihrer Kundschaft aber präsent: Seit den ersten Berichten über das Virus sind Mundschutz und Desinfektionsmittel besonders gefragt. Letztere sind Zambo zufolge besonders wichtig. Sie rät, immer ein kleines Handdesinfektionsmittel parat zu haben und auch Flächen regelmäßig zu reinigen. Sinnvoll sei es, große Menschenansammlungen zu vermeiden und auch Reisepläne auf den Prüfstand zu stellen.

Jedes Jahr gibt es ein anderes Virus.
Es wird schon gut ausgehen.Simone Mura, Eiscafé-Betreiber aus Gaggenau

Es wird schon gut ausgehen.

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Italienische Gelassenheit in Person: Eiscafé-Betreiber Simone Mura. Foto: Dominic Körner

Auch Krahl setzt die Gefahr ins Verhältnis. Das Risiko, an einer Grippe zu erkranken, sei aktuell weit höher. Am Mittwoch bezifferte das Landratsamt die Zahl der gemeldeten Influenza-Fälle auf 463.

Informieren, aber nicht Panik schüren, dies ist Thomas Iber ein besonderes Anliegen für die mediale Berichterstattung über das Coronavirus. Der Intensivmediziner, der seit acht Jahren beim Klinikum Mittelbaden ist und seit Januar als medizinischer Geschäftsführer fungiert, sieht das Klinikum gut gerüstet. „Wir sind vorbereitet.“

Thomas Iber: „Wir haben Routine und Erfahrung in der Behandlung von Grippewellen, das gibt uns eine gewisse Ruhe“. In diesem Winter wurden im Klinikzusammenschluss mit Standorten in Baden-Baden, Rastatt und Bühl bereits 40 Influenza-Fälle behandelt. Für Corona-Verdachtsfälle gelten dieselben Isolierungsvorschriften. Prinzipiell könne jedes Zimmer in ein Isolierungszimmer umgewandelt werden.

Aus arbeitsorganisatorischen Gründen wurden gesonderte Räumlichkeiten vorgesehen. Das Klinikum hat 4.000 spezielle Atemschutzmasken auf Lager. „Das sind Dinge, die wir routinemäßig vorhalten, wir haben nur den Bestand erhöht“, so Iber. Wenn die allgemeinen Hygieneregeln beachtet werden, sei bereits viel erreicht, betont er. Im Gegensatz zum gut erforschten Influenzavirus ist nicht bekannt, wie lange es dauert, bis sich bei Infizierten die ersten Krankheitssymptome zeigen. So lange können sie das Virus weitergeben. Iber: „Niemand kann vorhersehen, wie es sich weiter entwickelt.“

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