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Kontrolle in Rastatt eskaliert

Was Polizisten bei einer Kontrolle dürfen – und was nicht

Bei einer Polizeikontrolle vor Rastatt hat sich eine Autofahrerin ungerecht behandelt gefühlt. Polizisten und ein Anwalt klären darüber auf, zu was Autofahrer verpflichtet sind und welche Maßnahmen bei einer Kontrolle freiwillig sind.

Eine Polizisten hält eine rote Winkerkelle in die Höhe
Eine Polizistin hält während einer Polizeikontrolle eine rote Winkerkelle in die Höhe. Foto: Sebastian Willnow/zb/dpa/Symbolbild

Bei einer Polizeikontrolle vor Rastatt hat sich eine Autofahrerin ungerecht behandelt gefühlt. Polizisten und ein Anwalt klären darüber auf, zu was Autofahrer verpflichtet sind und welche Maßnahmen freiwillig sind.

„Polizeigewalt in Baden“ steht in dem zweiseitigen Schreiben der Frau, die in Rastatt von der Polizei kontrolliert worden ist. Darin schildert die 69-Jährige, wie die Kontrolle der Beamten aus ihrer Sicht eskaliert ist. Ihre Schilderungen werfen auch Fragen auf, was von Seite der Ordnungshüter und von Seite der Autofahrer bei einer Kontrolle erlaubt ist und was nicht.

Der Fall: Bei Iffezheim fuhr die Frau über den Rhein, noch vor Rastatt wurde es dann problematisch. Mit 70, 80 Stundenkilometern sei sie gefahren, als sie „Stop“ und „Polizei“ im Auto hinter ihr aufleuchten sah.

Bei der Kontrolle habe sie dann zu hören bekommen, ihre Geschwindigkeit – erlaubt waren 100 Stundenkilometer – habe sie verdächtig gemacht.

„Ich habe mich bedroht gefühlt”

Sie wollte einen Dienstausweis sehen, das sei aber verweigert worden. Sie hingegen weigerte sich, auszusteigen, weil sie zur Corona-Risikogruppe gehöre. Darauf wurden zwei weitere Streifen gerufen, die sich um ihr Auto postierten.

Besonders ein Polizist sei ihr negativ aufgefallen. „Es war gebündelte Aggressivität“, sagt sie. „Ich habe mich bedroht gefühlt.“ Sie riegelte das Auto ab. Dann hörte sie, wie der Polizist bei seiner Dienststelle anrief und nachfragte, ob er die Scheibe einschlagen könne.

Strafverfahren gegen die Fahrerin

Die 69-Jährige stieg doch aus und machte einen Atemalkoholtest. Es zeigte sich: Sie hatte keinen Alkohol getrunken. Nun ärgert sie sich: „Die Polizisten haben kontrolliert, so ist ihr Auftrag. Aber nicht jeder Polizist kann einschätzen, welche Maßnahmen geeignet sind.“

Auch den Polizisten ist die Kontrolle lebhaft in Erinnerung geblieben, wie eine Nachfrage unserer Zeitung zeigt. Gegen die Frau wurde ein Strafverfahren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt eingeleitet, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Offenburg bestätigt.

Geschwindigkeit ein Indikator

Zur Kontrolle kam es demnach tatsächlich auch durch die verhältnismäßig langsame Geschwindigkeit. „Unsere Erfahrung zeigt, dass verkehrsuntüchtige Fahrer oft schneller oder langsamer fahren“, so der Sprecher. Den Dienstausweis habe der Polizist nicht zeigen müssen, da er durch sein Auto und die Uniform als solcher erkennbar war.

Die weiteren Streifen seien gerufen worden, um den Fahrweg der Frau bei einer möglichen Flucht zuzustellen. Wenn sich Menschen in ihrem Auto einsperren, sei das Einschlagen der Scheibe durch Polizisten verhältnismäßig, bewertet der Sprecher.

Polizeimütze nicht zwingend nötig

Was das Zeigen des Dienstausweises angeht, ist Raphael Fiedler vom Karlsruher Polizeipräsidium anderer Meinung. „Das kann man verlangen“, erklärt der Sprecher. „Polizeibeamte sind verpflichtet, ihren Namen und Dienstort zu nennen – sonst kann man das bei der nächsten Dienststelle anzeigen.“

Weitere Merkmale, etwa eine Polizeimütze, seien nicht zwingend notwendig. Bei Einsätzen in einem Bierzelt etwa würden Polizisten die Mütze abnehmen. „Die Gefahr wäre da zu groß, dass die Mütze heruntergerissen wird.“

Zwei Arten von Fahrzeugkontrollen

Einer Atemalkoholkontrolle müsse man nicht zustimmen, sagt Fiedler. „Dann kann die Polizei aber eine Blutentnahme anordnen – die ist auch unter Zwang möglich, wenn Anhaltspunkte für eine Trunkenheit vorliegen.“

Über ihre Rechte und Pflichten bei einer Kontrolle wissen zu wenige Autofahrer Bescheid, sagt Claudio La Malfa. Der Anwalt für Verkehrsrecht aus dem Freiburger Raum sagt, es gebe zwei Arten von Kontrollen: präventive oder repressive. Eine Fahrzeugkontrolle sei präventiv.

Repressiv bedeute, dass es einen Anfangsverdacht gibt – etwa durch Alkoholgeruch oder eine auffällige Fahrweise. „Da öffnet sich ein großer Maßnahmenkatalog, dann darf der Polizist recht viel. Wenn der Polizist dann etwas anordnet, muss ich das machen.“

„Sie wissen, warum wir Sie anhalten?“

Das Auto, in dem man sitzt, abzuschließen, sei dann aktiver Widerstand. „Polizisten verwenden dann gerne den Begriff Gefahr im Verzug.“ Wenn man dann das Einschlagen der Scheibe als unverhältnismäßig erachtet, könne man das im Nachhinein gerichtlich überprüfen lassen.

Oft berichteten ihm Mandanten, sie seien nicht belehrt worden. „Im Polizeibericht steht dann, was der Fahrzeugführer von sich aus angegeben hat.“ La Malfa rät zu einer Antwort: „Ich möchte mich zu dem Vorfall nicht äußern.“

So gebe es zu Beginn der Kontrolle oft eine Fangfrage: „Sie wissen, warum wir Sie anhalten?“ Viele hätten dann ein schlechtes Gewissen, etwa wenn sie ein Bier getrunken haben. „Lieber abstreiten“, sagt La Malfa. Für eine Lüge könne man bei dieser Frage nicht bestraft werden. Bei dieser Einschätzung werden sich Anwalt und Polizist uneins sein.

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