Welche Rolle spielt Lesen in Ihrem Leben?
Kamp: Ich bin Krimi-Fan. Vor allem zum Einschlafen lese ich gerne. Aber nach Seite acht schlafe ich meistens ein (lacht). Das liegt aber daran, dass ich beruflich sehr viel lese – hauptsächlich Theatertexte und Drehbücher, und das in verschiedenen Sprachen. Ich habe tagtäglich mit Sprache in jeglicher Form zu tun. Als Botschafterin für die Stiftung Lesen bin ich sehr gerne und sehr oft unterwegs – zum Beispiel an diesem Donnerstag im Richard-Wagner-Gymnasium.
Das ist Ihre ehemalige Schule in Baden-Baden. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit am RWG?
Kamp: Es sind nicht nur glückliche Erinnerungen, weil es da doch drei bis vier Lehrer gab, die mich sehr gepiesackt haben. Namen nenne ich keine! Aber meine Deutschlehrerin, Brigitte Michel, hat die Liebe für das Theater, die ich schon durch meine Eltern hatte, weiter gefördert.
In der Theater-AG haben wir jeden Mittwoch ein Jahr lang ein Theaterstück geprobt und im Theater aufgeführt. Unter anderem „Der eingebildete Kranke“, das die Theater-AG des RWG in diesem 150. Jubiläumsjahr einstudiert und aufgeführt hat. Damals gab es in Baden-Baden noch ein Schüler-Theater-Treffen. Da haben alle Gymnasium zwei, drei Tage lang ihre Stücke im Theater gespielt. Das war ganz großartig! Schade, dass es das nicht mehr gibt!
Welchen Text haben Sie für die Vorlesestunde in Baden-Baden ausgewählt?
Kamp: Eine Freundin von mir, die Journalistin Ilka Peemöller, hat ein Buch zum Thema „Heimat“ veröffentlicht. Darin erzählen 35 Prominente wie die Schauspielerin Jessica Schwarz, der Musiker Mousse T., Barbara Becker oder Udo Lindenberg und meine Wenigkeit, was Heimat für sie bedeutet. Daraus werde ich am RWG drei Geschichten vorlesen: die von Mousse T., die der Autorin und meine.
Haben Sie Tipps, wie Eltern das Leseverhalten fördern können?
Kamp: Wenn das Vorlesen als kleines Ritual eingeführt wird, ist das schon sehr viel wert. Viele Familien halten das nicht so, sie setzen die Kinder lieber vor den Fernseher oder lassen sie am Computer herumspielen. Ich empfinde das als eine schlimme Entwicklung. Wenn Geschichten durchs Vorlesen lebendig werden oder bei einem Besuch etwa eines Kindertheaters, ist das die Chance, dass damit die Lust aufs Lesen geweckt wird. Ich finde es auch fantastisch, dass das Richard-Wagner-Gymnasium eine Bibliothek in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Baden-Baden hat und die Schüler Bücher dort direkt ausleihen können.
Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Buch oder an eines der ersten Bücher, die Sie gelesen haben?
Kamp: Eines der ersten Bücher, dass ich so mit sieben oder acht Jahren gelesen habe, hieß „Hand in Hand der Sonne nach“ von Betty MacDonald. Ich habe das Buch heute noch und das gemalte Cover als Bild nach wie vor im Kopf: Zwei Mädchen, die Hand in Hand gehen.
Kamen Sie als Kind auch in den Genuss, dass Ihnen vorgelesen wurde?
Kamp: Ja, klar! Ein dickes Buch habe ich noch: Es heißt „365 Gute-Nacht-Geschichten“. Daraus haben mir mein Papa, meine Mama oder meine Oma vorgelesen.
Waren Sie in der Kindheit und in der Jugend schon das, was man gemeinhin als Leseratte bezeichnet?
Kamp: Ja, total! Das war auch sehr kostspielig für meine Eltern, weil ich etwa einen Asterix-Band in einer halben Stunde durchgelesen hatte und hungrig war auf neue Sachen. Auch Mickey-Mouse-Hefte habe ich verschlungen.
Was tut sich denn beruflich bei Ihnen?
Kamp: Ich habe mir gerade in Paris ein Ein-Personenstück angeschaut, das ich im nächsten Jahr spielen werden. Es heißt: “Feminismus für Männer”. Und die Proben für „Eine verhängnisvolle Affäre“ beginnen in der nächsten Woche an den Hamburger Kammerspielen. Dann geht das Stück auf Tour - vielleicht auch nach Baden-Baden. Ich spiele Alex Forest, die Glen Close vor über 30 Jahren in dem Film als Stalkerin von Michael Douglas etabliert hat, der die Rolle des Anwalts Dan Gallagher hatte. Es ist eine deutsche Erstaufführung. Premiere ist im Januar in Hamburg.
Zur Person: Ihr Geburtsort ist Karlsruhe, aber aufgewachsen ist Alexandra Kamp in Baden-Baden. Nach dem Abitur am Richard-Wagner-Gymnasium studierte sie Schauspiel in Paris am „Les Cours Florant“ und bei Stelle Adler in New York. Kinodebüt feierte sie 1998 in dem französischen Arthouse-Kinofilm „Riches, Belles et Cruelles“ mit Claudia Cardinale in der Hauptrolle. In Hape Kerkelings Filmkomödie „Isch kandidiere“ spielte sie 2009 die weibliche Hauptrolle und sprach Henry Millers „Sexus“ als Hörbuch ein. Derzeit ist sie mit dem Theaterstück „Gut gegen Nordwind“ auf Tour und wurde als Mitwirkende bei den SWR3-Live-Lyrix bekannt. Neben den Film- und Theaterprojekten arbeitet sie als Sprecherin und Rundfunkmoderatorin.