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Darf nicht in die USA

Baden-Badener Architekturdialog: Journalistin Amber Sayah moderiert im Museum Burda

Die deutsch-iranische Journalistin Amber Sayah übernimmt die Moderation des Baden-Badener Architekturdialogs im Museum Burda. Im Gespräch mit den BNN erzählt die Stuttgarterin von ihrer Jugend im Iran.

Amber Sayah schaut in die Kamera
Die Journalistin Amber Sayah übernimmt die Moderation des Baden-Badener Architekturdialogs. Foto: Wilhelm Betz

Der Lebensweg von Amber Sayah zur wohl bedeutendsten Architekturjournalistin in Baden-Württemberg war alles andere selbstverständlich.

Die frühere Redakteurin der Stuttgarter Zeitung übernimmt im April als Nachfolgerin von Reinhard Hübsch die Moderation des renommierten „Baden-Badener Architekturdialogs“ im Museum Burda.

Amber Sayah wurde 1953 in Iran geboren, als dort noch der Schah regierte. An eine berufliche Zukunft im deutschen Journalismus dachte sie als wohlbehütete Tochter aus gutem Hause in Teheran keine Sekunde. Das Mädchen besuchte die deutsche Schule und machte dort 1972 Abitur.

Iran gilt natürlich als der Feind Nummer 1.
Amber Sayah, Architekturjournalistin

Ihre Familiengeschichte und ihre doppelte Staatsbürgerschaft machten Amber Sayah 2017 für die USA sogar zur Terrorverdächtigen, deren Einreise unerwünscht war.

„Es war eine der ersten Amtshandlungen von Präsident Donald Trump, einen Bann gegen mehrere muslimische Länder zu verhängen, und Iran gilt natürlich als der Feind Nummer 1“, sagt sie. „Die iranische Staatsangehörigkeit kann man aber gar nicht ablegen.“

Eine deutsch-iranische Liebesgeschichte

Mehrere Familienmitglieder der Journalistin sind nach der Islamischen Revolution 1979 nach Amerika emigriert. „Ich habe sie seit 2017 nicht mehr besucht“, berichtet Sayah. „Ich bin aktuell aber ohnehin nicht so erpicht darauf, in die USA zu reisen.“

Eine internationale Liebesgeschichte ist der Grund, weshalb Amber Sayah bei der Trump-Regierung nicht willkommen ist. „Meine Mutter Doris Löffler war Medizinisch-Technische Assistentin und kam über ein Programm der iranischen Regierung, die die medizinische Versorgung im Land verbessern wollte, in den Iran.

Statt nur wenige Jahre blieb die Schwäbin auf Dauer, weil sie ihren späteren Mann Achmed Sayah kennenlernte. Der war Ingenieur und kümmerte sich um die technische Einrichtung von Krankenhäusern. 1952 heiratete das Paar.

Zunächst war Amber Sayah kaum politisch interessiert

Dass Amber Sayah zum Studium der Kunstgeschichte und Germanistik an die Universität Göttingen kam, war keine Flucht vor dem Schah-Regime. „Ich war als Jugendliche politisch weder besonders gebildet, noch interessiert“, erinnert sie sich. „Es gab damals bereits Gewalt und Unterdrückung im Iran, aber sie war nicht so offen wie heute.“

Ursprünglich wollte Sayah nach dem Studium, das sie 1978 mit der Magisterprüfung abschloss, in ihre Heimat zurück. Doch dann starb ihr Vater, 1979 kam mit der „Iranischen Revolution“ der Ajatollah Khomeini an die Macht, der die Diktatur des Schahs in eine islamistische Diktatur verwandelte.

Die Mutter und beide Geschwister hielt nichts mehr im Iran. Sie kamen ebenfalls nach Deutschland. An eine journalistische Laufbahn dachte Amber Sayah erst, als ihr ein Dozent der Universität erzählte, dass das Göttinger Tagblatt einen Redaktionsvolontär suchte.

Zurück zur Architektur

Sie bewarb sich und bekam die Stelle, wurde 1981 als Lokalredakteurin übernommen. „Wie sich das für eine junge Journalistin gehört“, sagt Sayah. 1986 wechselte sie in die schwäbische Heimat ihrer Mutter zur Lokalredaktion der Stuttgarter Zeitung.

Dass Architektur die Menschen berührt, hatte Amber Sayah bereits in Göttingen festgestellt. Die Bürger protestierten gegen den geplanten Abriss einer alten Lokomotiv-Halle, die dank einer Bürgerinitiative erhalten blieb.

„Stuttgart 21 hat dann viele Jahre später gezeigt, in welchem Ausmaß Architektur und Stadtplanung die Öffentlichkeit umtreiben können“, meint Sayah. 1991 wechselte sie als Redakteurin zum Fachmagazin „Baumeister“ nach München, kehrte aber bereits 1995 zur Stuttgarter Zeitung zurück, dieses Mal als Redakteurin für Kunst und Architektur.

Von 1998 bis 2018 moderierte Amber Sayah das von ihr mitgegründete Ludwigsburger Architekturquartett, das sich an Marcel Reich-Ranickis „Literarischem Quartett“ orientierte und damit Vorbild für mehrere ähnliche Podiumsdiskussionen in Deutschland wurde.

In gewisser Weise hat es auch für den „Baden-Badener Architekturdialog“ Pate gestanden, wobei im Museum Burda neben Moderator Hübsch bis auf die Architektin Regine Leibinger immer nur ein Architekt auf der Bühne saß.

Mit der männlichen Vorherrschaft ist jetzt Schluss. „Die Frauen waren in dieser Reihe bisher unterrepräsentiert“, konstatiert Sayah. Bei der Premiere im April ist nicht nur die Moderatorin eine Frau, sondern auch erster Gast: Jórunn Ragnarsdóttir.

Dass der „Architekturdialog“ in Zukunft mehr Architektinnen als Gäste haben wird, ist Sayahs Wunsch. „Mir gefällt das Format des Zwiegesprächs in Baden-Baden sehr gut“, sagt Amber Sayah. „Und natürlich finde ich auch die Stadt sehr schön.“ So fiel der „waschechten Halbschwäbin“, wie sie sich bezeichnet, die Entscheidung in der badischen Kurstadt zuzusagen, nicht schwer.

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