Gerade mal zwei Monate ist es her, da sorgte sich das Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“ nahezu seitenfüllend: „Werden wir Anna Netrebko je wieder auf einer westlichen Bühne sehen?“
Es war Ende März, vier Wochen nach Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine, und Netrebko war das prominenteste Beispiel russischer Künstlerinnen und Künstler, denen im Westen die Engagements wegbrachen.
Aufgrund des Wirbels um ihre Person hatte Netrebko erklärt, sich „bis auf Weiteres“ aus dem Konzertbetrieb zurückzuziehen. Es sei für sie „jetzt nicht die richtige Zeit, aufzutreten und zu musizieren“. Akut betroffen davon war unter anderem ein Auftritt mit den Berliner Philharmonikern am 13. April bei den Osterfestspielen in Baden-Baden.
Rückzug aus dem Betrieb währte nicht allzu lange
Doch allzu lang fiel die Pause nicht aus: Bereits zum 22. April sprang die Starsopranistin für vier Termine an der Oper Monte Carlo für die kurzfristig erkrankte Sängerin Maria Agresta ein.
Und nun feierte die Sängerin ein laut Nachrichtenagentur AFP „triumphales Comeback“ in der Pariser Philharmonie.
Lächelnd und sichtlich entspannt habe Netrebko am Mittwochabend Stücke der russischen Komponisten Rachmaninow und Tschaikowsky sowie des Franzosen Claude Debussy vorgetragen und stehende Ovationen geerntet.
Agentur kündigt „viele internationale Engagements“ an
Umgehend folgte der zweite Schritt zur Rückkehr: Am Freitag erklärte die Agentur Deutsche Entertainment AG (Deag) das Konzert in Paris zum Auftakt von „vielen nun folgenden internationalen Engagements“.
Noch für dieses Jahr angekündigt sind Auftritte mit ihrem Mann, dem Tenor Yusif Eivazog, in Regensburg (22. Juli), Köln (29. August) und auf dem Stuttgarter Schlossplatz (3. September).
Diesen Termin hatte der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) Anfang März abhängig gemacht von einem Bekenntnis gegen den, so Bayaz, „Kriegstreiber Putin“.
Starsängerin spricht über Gründe ihres Schweigens
In einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der französischen Zeitung „Le Monde“ schilderte Netrebko, warum sie sich nicht ausdrücklich von Putin distanzierte.
Auf entsprechende Forderungen habe sie entgegnet, „dass ich einen russischen Pass habe, dass er immer noch der Präsident ist und dass ich diese Worte nicht öffentlich äußern kann“.
Festspielhaus will den Kontakt halten
Wann Anna Netrebko wieder im Festspielhaus Baden-Baden singen wird, ist derzeit noch offen. Wie Sprecher Rüdiger Beermann auf Anfrage unserer Redaktion sagte, rechne man für dieses Jahr nicht mehr damit. Man sei stets in Kontakt mit der Sängerin geblieben und werde dies auch weiterhin tun.
Ein Nachholtermin des Konzerts vom 13. April stehe aber nicht zur Debatte, da es sich hierbei um ein speziell für die Osterfestspiele geplantes Programm gehandelt habe und nicht um ein Tournee-Gastspiel wie die nun durch die Deag mitgeteilten Termine.