
Im Jahr 2011 startete Anne-Sophie Mutter das Projekt „Mutter’s Virtuosi“. Das Ensemble besteht aus ehemaligen und gegenwärtigen Stipendiaten der Anne-Sophie Mutter-Stiftung.
Zum wiederholten Mal ist die Stargeigerin nun im Festspielhaus Baden-Baden als Solistin und Leiterin mit ihren „Virtuosi“ aufgetreten und sorgte für ein volles Haus.
Anne-Sopie Mutter präsentiert 13 junge Streicher
Von den 13 jungen Streichern erfährt man im Programmheft lediglich, wie lange sie schon Ensemblemitglied sind und ob sie ein von der Stiftung geliehenes Instrument spielen oder einen Bogen der Stiftung nutzen.
Die Dauer der Zugehörigkeit ist insofern interessant, als der Ensembleklang sehr homogen wirkte. Dabei gibt es sowohl langjährige Mitglieder – sogar eine Bratschistin, die schon im Gründungsjahr dabei war –, aber eben auch vier Streicher, die erst in diesem Jahr dazugekommen sind.
Einem davon, Elias David Moncado, hat Anne-Sophie Mutter eine der Solopartien im Concerto in F-Dur für drei Violinen, Streichorchester und Basso continuo von Antonio Vivaldi anvertraut. Der Dritte im Vivaldi-Bunde, Mohamed Hiber, ist seit 2020 im Ensemble.
Anne-Sophie Mutter lieferte sich mit den zwei jungen Geigern ein grandioses Wechselspiel und das Streichorchester begleitete mit feinen dynamischen Abstufungen.
Der Finalsatz war wunderbar tänzerisch.Silke Blume, Kritikerin
Das Publikum war so begeistert, dass bei allen Werken des Abends auch zwischen den Sätzen geklatscht wurde. Im Violinkonzert Nr. 1 a-Moll von Johann Sebastian Bach war die Balance zwischen der Solistin Anne-Sophie Mutter und den begleitenden Streichern zum Teil nicht optimal; die Begleitung war etwas zu laut. Im Andante gestaltete die Solistin die elegische Melodie mit wohl dosiertem Vibrato. Der Finalsatz war wunderbar tänzerisch.
In eine ganz andere Klangwelt entführte das Nonett von André Previn. Es erinnert in der Musiksprache stark an Schostakowitsch. Das Nonett für zwei Streichquartette und Kontrabass ist ein Auftragswerk für Mutters Virtuosi, das Previn für das Ensemble seiner fünften Exfrau komponierte. Die beiden Quartette standen sich gegenüber.
Dominik Wagner am Kontrabass als Anker in der Mitte fungierte, gelegentlich sekundiert von den Celli, als Vermittler zwischen den Quartetten und als Dialogpartner mit der ersten Solovioline im ausdrucksstarken Zwischenspiel. Mutter war hier quasi prima inter pares, denn als erste Violine des ersten Quartetts hatte sie auch solistische Aufgaben.
Nach der Pause erklang das wohl beliebteste der Brandenburgischen Konzerte von Johann Sebastian Bach, das dritte. Bach stellt je drei Violinen, Violen und Celli als Gruppen zusammen. Mitreißend wirkte der erste Satz mit seinem prägnanten Rhythmus. Für das Adagio hat Bach lediglich eine phrygische Kadenz, nämlich zwei Akkorde notiert. Hier war und ist die Phantasie der Spieler gefragt. Knut Johannessen spielte am Cembalo eine kurze Kadenz mit Überleitungscharakter zum Finale, einer virtuos dargebotenen Gigue.
Zuverlässige und zurückhaltende Begleiterin
Letzter offizieller Programmpunkt war das Violinkonzert A-Dur von Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges, auch: Saint-George genannt, geboren im französischen Überseedepartement Guadeloupe. Er war ein Multitalent, athletisch wie musikalisch und ging ebenso brillant mit dem Degen wie mit dem Geigenbogen um.
Das um 1775 komponierte Konzert ist ausgesprochen gefällig mit zuweilen volksliedhafter Melodik. Die Solistin muss indes wild arpeggieren und auch in höchsten Höhen jenseits der Schneegrenze agieren. Im Largo gönnte sich Anne-Sophie Mutter dann geradezu romantisch anmutendes üppiges Vibrato.
Ihre Virtuosi erwiesen sich hier als zuverlässige und zurückhaltende Begleiter. Wenn es stimmt, dass Applaus das Brot des Künstlers ist, dürften alle Beteiligten pappsatt nach Hause gegangen sein.