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"Initiative Motorradlärm"

Baden-Baden, Gaggenau und andere Städte möchten Motorradlärm massiv einschränken

81 Kommunen aus Baden-Württemberg haben sich in der "Initiative Motorradlärm" zusammengeschlossen - darunter etwa Baden-Baden, Gaggenau, Bad Schönborn und Sasbachwalden. Gemeinsam fordern die Kommunen etwa die Entwicklung leiserer Motorräder und ein stärkeres Einschreiten der Polizei. Zudem regen sie Fahrverbote an.

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Lärmdisplays sind eine Möglichkeit im Kampf gegen brüllende Zweiradmotoren. Eine Initiative aus 81 Gemeinden und Landkreisen in Baden-Württemberg kämpft gegen die wachsende Geräuschbelästigung durch immer mehr Motorräder. Foto: dpa

Sonja Schuchter blickt dem Frühling mit ziemlich gemischten Gefühlen entgegen. Denn ab März oder April zieht es nicht nur die Wandervögel nach draußen. Wenn es warm wird und die Bäume ausschlagen, ist auch für die Motorräder der Winterschlaf in den Garagen beendet. Viele Biker lassen die Maschinen dann allzu gern kreischen. „Das belastet schon sehr“, sagt die Bürgermeisterin von Sasbachwalden.

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Auf den Terrassen der Schwarzwaldgemeinde scheppert an solchen Tagen das Geschirr, wie die Rathauschefin aus eigener Anschauung weiß. Tausende Motorradfahrer passieren an schönen Wochenenden die Gemeinde im Ortenaukreis. Ihre Gemarkung erstreckt sich über annähernd 1.000 Höhenmeter westlich der Hornisgrinde. Die ideale Anfahrt zur Schwarzwaldhochstraße.

"Bienenschwärme" von Motorradfahrern

Doch die ist mit erheblichem Lärm verbunden. Während der Saison bewegten sich ständig „Bienenschwärme von Motorradfahrern“ durch den Ort, berichtet die CDU-Politikerin; auf den Freisitzen verstünden dann Einheimische und Gäste mitunter das eigene Wort nicht mehr. Deshalb hat sich Sasbachwalden der „Initiative Motorradlärm“ angeschlossen.

Der Zusammenschluss von derzeit landesweit 74 Städten und Gemeinden sowie sieben Landkreisen fordert von Motorradfahrern und der Politik mehr Anstrengungen, um Motorradkrach spürbar zu reduzieren. Neben Sasbachwalden gehören der Initiative in der Region auch Bad Schönborn, Baden-Baden, Gaggenau, Gernsbach, Karlsbad, Oppenau und Ottenhöfen an.

Was nicht bedeutet, dass die Menschen nicht auch andernorts über brüllenden Motorradlärm erzürnt wären. Gemeinsam dringen die organisierten Gemeinden und Kreise auf mehr Ruhe. Es könne nicht sein, dass sich einzelne Zweirad-Rowdies auf Kosten der Bürger und Gäste austobten, meint Bürgermeisterin Schuchter.

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Umstieg auf Elektro-Antrieb soll forciert werden

Mit einem Forderungskatalog wendet sich die Initiative an Land, Bund und EU. Aber auch jeder einzelne Motorradfahrer solle sein Verhalten überprüfen. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) spricht von einem „Weckruf“.

Konkret fordern die in der Initiative zusammengeschlossenen Kreise und Gemeinden eine Überarbeitung der Genehmigungs- und Zulassungsregeln für Zweiräder. Hersteller und Händler dürften nur noch leisere Motorräder produzieren und anbieten. Der Umstieg auf Motorräder mit Elektro-Antrieb müsse forciert werden, heißt es in dem Forderungskatalog.

Nach Darstellung von Thomas Marwein, dem Lärmschutzbeauftragten der Landesregierung, sind viele Motorräder zu laut, obwohl sie überhaupt nicht frisiert worden sind. Hier seien einfach die europarechtlichen Regularien viel zu lax. Es brauche ein schärferes Reglement.

Verkehrsverbote an Wochenenden?

Dessen ungeachtet wünscht die Initiative auch eine stärkere Überwachung durch die Polizei. Alle rechtlichen, technischen und personellen Kontrollmöglichkeiten müssten ausgeschöpft werden, um der schwarzen Schafe unter den Bikern habhaft zu werden.

Auch Geschwindigkeitsbeschränkungen und Verkehrsverbote an Wochenenden und Feiertagen aus Gründen des Lärmschutzes müssten in besonderen Konfliktfällen möglich sein. Verkehrsminister Winfried Hermann hält Streckensperrungen unterdessen für eine „heikle Geschichte“, da damit die Lärmbelastung möglicherweise nur verlagert werde. Temporeduzierungen seien ein „maßvollerer Eingriff“, erklärt der Minister.

Nach Ansicht der Initiative muss rücksichtslos-lautes Motorradfahren deutliche Folgen haben. Bei den Kreisen und Gemeinden wünscht man sich höhere Bußgelder für „vorsätzlich lärmerzeugende Fahrweise“ und für entsprechende Veränderungen an der Maschine.

Der Lärmschutzbeauftragte Marwein hält bis zu zehnmal so hohe Summen wie bisher für angezeigt. Daneben sollen so genannte Motorradlärm-Displays verstärkt platziert werden. Ein Dorn im Auge ist den Initiativ-Mitgliedern auch der Umstand, dass Motorradfahrer wegen der Helmpflicht und des fehlenden Frontkennzeichen oft nicht identifiziert und bei einem Verstoß mithin nicht belangt werden können. Hier müsse der Bund eine Lösung finden – und etwa die grundsätzliche Haftung des Zweirad-Halters in Erwägung ziehen.

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