
„Die Vollkommenheit einer Stadt hängt von den in ihr gepflegten Künsten ab“, sagte der mittelalterliche Gelehrte Albertus Magnus. So gesehen müsste Baden-Baden ganz gut dastehen.
Denn neben diversen Museen und bedeutenden Institutionen wie dem Festspielhaus, dem Museum Frieder Burda oder der Kunsthalle gibt es etliche Galerien und Kunsthandlungen, die meisten davon in der City. Wie bei einer Umfrage zu erfahren war, profitieren sie stark von jenen Einrichtungen, die wie Magneten die Kunst- und Kulturinteressierte aus aller Welt anziehen.
Auch oder gerade in schwierigen Zeiten investieren die Menschen in Kunst.Christine Schében-Meyer, Leiterin Galerie Estades
Wie überall hat auch in der Welterbe-Stadt die Pandemie die Kunsthändler und Galeristen vor besondere Herausforderungen gestellt. Noch läuft es nicht 100-prozentig. „Doch auch oder gerade in schwierigen Zeiten investieren die Menschen in Kunst“, sagt Christine Schében-Meyer. Sie leitet die 2019 in der Sophienstraße eröffnete französischen Galerie Estades, die auch an den Standorten Paris, Lyon und Toulon vertreten ist.
In Baden-Baden gibt es weniger Spontankäufe als in Frankreich
In Baden-Baden zeigt und verkauft die auf gegenständliche Kunst der Nachkriegszeit spezialisierte Galerie Gemälde, Grafiken, Skulpturen und Bronzen französischer Künstler.
Die Kurstadt besitzt laut Schében-Meyer eine überschaubare, aber facettenreiche Galerienszene mit ganz unterschiedlichen Angeboten. „Jeder hier ist anders aufgestellt“, sagt sie.
„Daher sehen wir uns nicht als Konkurrenz, sondern ergänzen einander.“ Ihre Kunden kämen weniger aus Baden-Baden, sondern eher von außerhalb.
„Die bei uns angebotenen Werke kann man sich in aller Regel leisten. Es gibt mitunter sogar Spontankäufe, aber viel seltener als in Frankreich“, erzählt die Galerieleiterin beim Rundgang durch die aktuelle Ausstellung zum Thema „Frauen“.
Galerie Supper in Baden-Baden feiert 20-jähriges Bestehen
Auch in der 2002 gegründeten Galerie Supper, die sich seit 2012 in der Kreuzpassage befindet, läuft noch bis 28. Januar eine Ausstellung. Sie trägt den Titel „20/10“.
Mit ihr feiert die Galerie ihr 20-jähriges Bestehen und zugleich „zehn Jahre Baden-Baden“. Galerist Dirk Supper, der in wechselnden Schauen zeitgenössische Kunst zeigt, will junge, noch unbekannte Künstler fördern.
Leider begreifen heute viele Kunst nur noch als Geldanalage.Dirk Supper, Galerie Supper
„Damit sie wahrgenommen werden, stelle ich ihre Arbeiten zusammen mit den Werken bereits etablierter Künstler aus“, erklärt der 52-Jährige, der mit der aktuellen Situation im weltbekannten „Hochkultur-Dorf“ an der Oos nicht unzufrieden ist, wie er sagt. „Einen Kunstmarkt und finanzkräftige Käufer gibt es definitiv. Leider begreifen heute viele Kunst nur noch als Geldanlage.“
Daher ständen die etablierten und nicht die jungen, aufstrebenden Künstler im Fokus. „Allerdings nicht bei mir.“ Der Markt habe sich verändert, sagt Supper. Und er betont mit Blick auf die coronabedingte Wende zum Digitalen: „Meines Erachtens funktionieren die Online-Galerien nur sehr bedingt.“
Künstlerhaus fehlt seit drei Jahren das Publikum
Kein Freund des Online-Handels, „der vieles kaputt gemacht hat“, ist Bernhard Schottmüller. Ab 2007 leitete er das Künstlerhaus in der Steinstraße. Drei Jahre später eröffnete er seine „Modern Art“-Galerie in der Lange Straße.
Seit dem Brand im Badischen Hof befindet sich die Galerie 50 Meter vom Radisson Blu entfernt. „Schon seit 1994 unterstütze ich junge talentierte Künstler und bin stolz, dass es einige geschafft haben, sich auch im Ausland zu etablieren“, erzählt der 65-jährige Galerist, der ein besonderes Faible für farbenfrohe abstrakte Kunst hat.
Leider fehle seit etwa drei Jahren das Publikum, bedauert der gelernte Schriftsetzer und studierte Druck- und Medientechniker. „Erst Corona, jetzt Energiekrise und Inflation. Mir fehlen in meiner Galerie vor allem die Spontankäufer – also Leute, die Kunst kaufen, weil sie ihnen gefällt, und nicht, weil sie darin eine Geldanlage sehen.“