Mit zum Teil heftiger Kritik sah sich die Stadtverwaltung in der ersten Sitzung des Hauptausschusses des Gemeinderats nach der kommunalpolitischen Sommerpause konfrontiert. Vertreter von FDP und Freie Bürger für Baden-Baden (FBB) monierten mit zum Teil deutlichen Worte Missstände beim Brandschutz ausgerechnet bei der Hauptfeuerwache in der Schwarzwaldstraße.
Im Ernstfall sind wenigsten Löschkundige vor Ort.Markus Fricke, FBB-Gemeinderat
Sie sollen mit einem Kostenaufwand von rund 450.000 Euro behoben werden. Das Brisante: Die Mängel waren bereits im Jahr 2016 festgestellt worden. Die Rathausspitze verteidigte dagegen die eingeschlagene Marschrichtung.
Die Mängel schon bei einer Brandverhütungsschau vor vier Jahren festgehalten worden. Dass sie erst jetzt behoben werden sollen, stieß manchen Bürgervertretern sauer auf.
Zweiter Rettungsweg im Gebäude kaum realisierbar
Gemeinderat Markus Fricke meinte, dass ein Hotel unter solchen Voraussetzungen wohl geschlossen worden sei. „Hier lässt man es vier Jahre liegen, das kann nicht wahr sein,“ stichelte der FBB-Mann in Richtung Rathausspitze und versprühte dazu eine Portion Sarkasmus: „Im Ernstfall sind wenigsten Löschkundige vor Ort.“ Sein Fraktionskollege Wolfgang Niedermeyer wollte für die Duldung der Zustände ebenfalls kein Verständnis aufbringen. Die Feuerwehr habe über Jahre hinweg Teile der Wache anders genutzt als vorgesehen.
Die Brandverhütungsschau hatte unter anderem ergeben, dass „einige Bereiche vom genehmigten Bestand abweichen“. Bei der abweichenden Errichtung und Nutzung der Räumlichkeiten wurden zudem baurechtliche Vorschriften nicht eingehalten. Das hatte die Stadtverwaltung in der Vorlage für die Kommunalpolitiker zur Sitzung eingeräumt.
Dass das jetzt hochkommt, ärger mich am meisten“, gabRolf Pilarski, FDP-Gemeinderat
„Warum man das so lange hat schleifen lassen, das erklärt sich mir nicht“, wetterte Niedermeyer. „Dass das jetzt hochkommt, ärger mich am meisten“, gab FDP-Rat Rolf Pilarski zu Protokoll. Das Thema sei doch schon akut gewesen, als der Etat aufgestellt wurde, aber die Maßnahme sei im Etat nicht berücksichtigt worden. Immer wieder würden die Kommunalpolitiker mit über- und außerplanmäßigen Ausgaben konfrontiert, wetterte Pilarski. AfD-Rat Kurt Hermann kritisierte, dass die erforderlichen Maßnahmen in der Vergangenheit nicht schon peu à peu in Angriff genommen wurden. Jetzt komme die finanzielle Belastung „zu einer Unzeit“.
Oberbürgermeisterin Margret Mergen versuchte zu beschwichtigen. Die Verwaltung verfolge das Ziel, „mit Augenmaß zu investieren“. Der ursprünglich geplante Neubau einer Feuerwache habe sich zu einer komplexen Fragestellung entwickelt. Die bisherige Absicht sei es gewesen, eine neue Feuerwache auf dem Gelände zu bauen. Inzwischen müsse die Stadt aber auch viele andere Investitionen stemmen. „Alles gleichzeitig geht nicht“, meinte die Rathauschefin. In der Sache habe die Verwaltung jedoch „konsequent weiter gedacht“, verteidigte Mergen das Vorgehen. Der dem Hauptausschuss unterbreitete Vorschlag sei ein pragmatischer.
Früher wurde mit anderen Maßstäben gebautMartin Uhlig, Baubürgermeister
Unterstützung bekam sie von Feuerwehrkommandant Martin Buschert. Die bautechnischen Mängel an der Wache stammten demnach noch aus der Zeit des Baus der Immobilie vor 45 Jahren. Abweichungen von Plänen seien vor vier Jahren aufgedeckt worden. Viele Beanstandungen könne die Feuerwehr organisatorisch nicht lösen, zum Beispiel ein inzwischen erforderlicher zweiter Rettungsweg für einen Schulungsraum. „Früher wurde mit anderen Maßstäben gebaut“, erklärte Baubürgermeister Martin Uhlig und verwies auf veränderte Brandschutzvorschriften.
Als im Frühjahr 2019 der Etat für 2020 aufgestellt wurde, sei die Verwaltung noch dran gewesen, einen Neubau in die Wege zu leiten. Nach Uhligs Auffassung wäre die Verwaltung damals wohl kaum auf Zustimmung bei den Bürgervertretern gestoßen, wenn zu diesem Zeitpunkt die Beseitigung der Mängel angestanden hätte und parallel der Neubau verfolgt wurde.
Brandmeldeanlage bereits erweitert
Ganz untätig war die Verwaltung aber nicht: So seien zuletzt schon Beanstandungen beseitigt worden - in Bereichen, in denen „die Ampel auf dunkelrot stand“, formulierte ein Verwaltungsmitarbeiter, dass diese Maßnahmen demnach wohl unaufschiebbar waren. Die anstehenden Maßnahmen seien erforderlich, um den Feuerwache in Betrieb zu halten. So müssten aus brandschutztechnischer Sicht etwa Wände aufgearbeitet, die Notbeleuchtung erweitert und die Brandmeldeanlage erweitert werden.
Mergen war es zudem wichtig zu betonen, dass die Stadtverwaltung in der Vergangenheit immer wieder „erheblich in die Feuerwehr investiert“ habe, unter anderem in Fahrzeuge, Ausstattung oder in den Digitalfunk. Etwas mehr Platz habe die immer außerdem mehr gewachsene Wehr zudem mit dem Auszug des DRK-Ortsverbandes bekommen. Doch der so genannte Eckbau sei kein Idealbau.
Auch ein aufgestellter Container sei nicht die Perfektion, „aber es funktioniert“, erläuterte Mergen.
Brandschutz ist nicht zum Nulltarif zu bekommenWolfgang Niedermeyer, FBB-Gemeinderat
Bei der Abstimmung waren sich im Hauptausschuss alle wieder einig: Es gab grünes Licht für die außerplanmäßige Ausgabe! „Brandschutz ist nicht zum Nulltarif zu bekommen“, meinte FBB-Rat Niedermeyer und stellte die Notwendigkeit der Investition nicht in Frage: „Brandschutz schützt auch die Brandschützer!“ Auf den ersehnten Neubau müssen die Floriansjünger dagegen weiter warten. Frühestens in fünf Jahren könne das Millionenprojekt realisiert werden. Das war bereits im Vorfeld der Sitzung aus dem Rathaus bekannt geworden.