Das Rathaus der Bäderstadt ist kein Zoo. Dennoch arbeiten in der Verwaltung des Stadtkreises Tiger, Löwen, Füchse und Vögel. Nein, der Leser wird hier nicht auf den Arm genommen.
Und zur Beruhigung: Gefahr geht von diesen Tigern und Löwen nicht aus. Die Rede ist vielmehr von Papiertigern, Löwenmüttern, Paradiesvögeln und Sparfüchsen. Wer erfahren will, was dahinter steht, landet bei der Arbeitgeber-Marke der Stadtverwaltung.
Warum die dabei auf eine tierische Kampagne setzt, kann Astrid Mehrfeld mit einem Satz erläutern: „Der Wettbewerb um Mitarbeitende wird immer offensiver und schwieriger.“ Auch der Stadtkreis, mit über 1.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber Baden-Badens, tut sich immer schwerer, offene Stellen neu zu besetzen.
In der Region locken Jobs in der freien Wirtschaft, und andere Behörden sind bei der Mitarbeitersuche auch nicht untätig. Besonders rar sind etwa Erzieherinnen oder Sozialpädagogen, Sachbearbeiter aber auch IT-Fachkräfte, berichtet die Leiterin des Fachbereichs Zentrale Dienste der Stadtverwaltung.
Teil des Konzepts zur Personalentwicklung
Da ist guter Rat teuer. Im Rathaus wurde deshalb eine Kampagne entwickelt, die nicht nur mutig, sondern zudem kreativ und frech daher kommt und Teil des kommunalen Personalentwicklungskonzepts wurde.
Im Mittelpunkt stehen sechs tierische Mitarbeiter, die verschiedene Aufgaben und Rollen der Stadtverwaltung symbolisieren und von einer Person beispielhaft als Pate vertreten werden.
Papiertiger hat Papier zum Fressen gern
Der Papiertiger hat demnach Papier zum Fressen gern und erledigt im Arbeitsalltag eine Menge Papierkram. Die Löwenmutter macht Löwenbabys fit für „die Wildnis“ – gemeint ist die Erzieherin, die Kinder in der Kita betreut.
Für die Paradiesvögel, die im Kulturleben gefragt sind, steht ein bekanntes Gesicht der Stadt Pate: Schauspieler Max Ruhbaum vom Theater.
Allespaka packt dort an, wo es klemmt
Gefragt sind zudem Baumeister, die das Grün in Baden-Baden pflegen und Sparfüchse, die die Finanzströme im Blick haben.
Der Sechste im vorläufigen tierischen Bund ist der Allespaka. Der heißt wirklich so: Er packt an, wenn es irgendwo in Büros, Schulen oder Kitas klemmt.
Kampagne polarisiert auch
„Wir wollen auch polarisieren“, räumt Mehrfeld ein. Daher muss die Kampagne nicht jedem gefallen, dafür aber einen Zweck auf jeden Fall erfüllen: „Sie muss im Kopf bleiben und auffallen.“ Das tut sie – unter anderem mit bunten Plakaten.
Die Aktion präsentiert jedoch nicht nur den öffentlichen Arbeitgeber nach außen. „Wir können damit auch unseren eigenen Leuten bewusst machen, was wir bieten“, erläutert Mehrfeld.
Zum Beispiel attraktive Arbeitszeitmodelle: „Bei uns gibt es unglaublich viele Möglichkeiten für Teilzeit!“ Diese Flexibilität ermögliche eine bessere Vereinbarkeit von „work and life“, wie es inzwischen heißt.
700 mobile Arbeitsplätze
Auch die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, ist zu einem Argument als Arbeitgeberin geworden, betonte Oberbürgermeisterin Margret Mergen (CDU) gerade in ihrer Rede zum Entwurf des Doppeletats für die Jahre 2022/23 vor dem Gemeinderat: „Mit zwischenzeitlich 700 mobilen Arbeitsplätzen haben wir gewaltig ausgebaut.“
Bei einer Umfrage konnten die Rathausmitarbeiter zudem mitteilen, was ihnen in ihrem Job wichtig ist. „Einen Sinn in der Arbeit und in der Gestaltung zu sehen, ist ein ganz wichtiger Punkt durch alle Altersklassen“, berichtet Mehrfeld.
Bewerber lassen sich animieren
Mit der Kampagne und ihrer Wirkung, die im Frühjahr 2020 kurz vor dem Corona-Lockdown startete, hat die Stadt bislang „super Erfahrungen“ gemacht. „Ich werde oft darauf angesprochen“, berichtet Mehrfeld.
Manche Stellensuchende hätten sich sogar animieren lassen und sich mit eigenen Anleihen aus dem Tierreich für eine Stelle beworben. Kreative Köpfe haben gute Chancen, ins Rathausteam aufgenommen zu werden.
„Die brauchen wir, um uns als Stadt gut voranzubringen“, sagt Mehrfeld.
Kampagne zählt zu Leuchtturmprojekten
Die im Rathaus konzipierte und mit einer ortsansässigen Agentur umgesetzte Kampagne hatte jetzt sogar einen großen Auftritt vor großem Publikum.
Auf dem KGSt-Forum in Bonn, dem größten kommunalen Fachkongress Deutschlands, stellte Mehrfeld das Baden-Badener Projekt als eines von vier bundesweiten Leuchtturm-Projekten vor.
Innovative und kreative Lösungen zum Thema Personal präsentierten zudem die Städte Bonn, Hamm (Westfalen) und die Metropole Frankfurt. Die Großstadt am Main, so Mehrfeld, beschäftigt alleine fast so viele Auszubildende wie der Stadtkreis Baden-Baden Mitarbeiter.