Die „Great Spas of Europe“ sind elf Kurorte aus sieben Ländern, die gemeinsam Weltkulturerbe werden wollen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, nach den Vorbildern für das im 19. Jahrhundert einmalige Friedrichsbad zu fragen. Wichtige Impulse erhielten die französischen Kurstädte in der Regierungszeit Kaiser Napoleons III. (1852-1870). Im Jahr 1861 begann der Ausbau Vichys zu einem mondänen Kurort, gleichzeitig entstand auch in Plombières, ebenfalls ein bevorzugter Ferienort Napoleons III., ein neues Badehaus (Bains Napoléon).
Völlige Neugestaltung
Den Entwurf für beide Kurbäder lieferte der Architekt Charles Edouard Isabelle. Der Neubau des Bades in Vichy erfolgte im Zusammenhang mit der völligen Neugestaltung der Kurstadt.
Auch das französische Nachbarland Belgien wurde von dieser Entwicklung erfasst. Die belgische Stadt Spa errichtete 1862 bis 1868 nach Plänen des Architekten Léon Suys, der 1868 bis 1873 auch die Börse in Brüssel baute, ein großes zweigeschossiges Badehaus im Stil der französischen Renaissance. Das symmetrische Gebäude mit den gewaltigen Abmessungen 43 mal 100 Meter umschließt einen Innenhof.
Viel zu teuer
Mit Baukosten von 1,5 Millionen Francs sprengte das Projekt fast den kommunalen Haushalt. Mit der palastartigen Fassade und dem prächtigen Vestibül (Eingangshalle) unterstreicht die Stadt als Bauherrin die hohen Ansprüche, die sie mit diesem Projekt verbindet.
Klein aber vorbildlich
Es ist kein Zufall, dass in einem kleinen Kurort, nämlich in Bad Wildbad in Württemberg, das erste repräsentative Kurbad seit der Antike auf deutschem Boden entstand. Wie in Frankreich (seit 1837) gab es auch in Wildbad kein Glücksspiel, so dass der Schwerpunkt dort auf dem therapeutischen Angebot lag. Wildbad brauchte also ein attraktives Badeangebot, um für Touristen interessant zu sein.
Das Graf-Eberhards-Bad (heute Palais Thermal genannt) wurde 1840 bis 1847 nach Plänen des württembergischen Hofbaumeisters Nikolaus Friedrich von Thouret erbaut. Der wurde übrigens 1808 für seine Verdienste geadelt. Das Eberhards-Bad und das gleichzeitig von Thouret errichtete Badhotel bilden gemeinsam das neue Kurzentrum der kleinen Stadt. Das im klassizistischen Sinne streng geschlossene Badehaus schließt unmittelbar an das Hotel an.
Die großen Gemeinschaftsbäder, ihre prächtige Ausstattung und die in Ansätzen vorhandene Symmetrie hatten Einfluss auf die Gestaltung des Friedrichsbades. Eine direkte Übernahme einzelner Bauformen lässt sich allerdings nicht feststellen.
Ideen aus Österreich
Eine besondere Vorbildfunktion für das Friedrichsbad hatten die Bäder in Österreich. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass Wien bei der Einrichtung von städtischen Bädern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kontinentaleuropa führend war, andererseits sind auch die Einflüsse aus Ungarn, das bis 1686 größtenteils unter türkischer Herrschaft stand, groß.
Die Badekultur stand dort damals ohne jeden Zweifel auf einem höherem Niveau als in Westeuropa. Dies konstatiert auch der Arzt Johann Nepomuk von Heinrich, der Bauherr des Raitzenbades in Budapest, im Jahr 1873: „Zu den politischen Schlagwörtern, deren sich die Publicistik theilweise gern und oft zu bedienen pflegt, gehört unter anderem die Phrase: Wir sind berufen, die Kultur nach Osten zu tragen! In Betreff der Gesundheitskultur durch Bäder, vorzüglich Dampfbäder bezogen, muß man den Sinn dieser geflügelten Phrase umdrehen – da hat der Westen vom Osten noch viel, sehr viel zu lernen.“