Kreuzfahrtschiffe schippern auf dem Rhein bis zur Anlegestelle in Rastatt-Plittersdorf. Von dort werden die Touristen mit modernen Kutschen, dem Bus, nach Baden-Baden. Doch an der Oos regt sich Widerstand gegen die zunehmende Zahl der Blechkarossen mit Passagieren von Flusskreuzfahrtschiffen. Die Verwaltung sucht nach Möglichkeiten, die Zufahrt zu reglementieren.
Keine Regel ohne Ausnahme
Eigentlich ist die Innenstadt von Baden-Baden für Reisebusse gesperrt. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Wenn ein Lenker der großen Fahrzeuge seine Passagiere dennoch in der Stadtmitte aussteigen lassen möchte, braucht er eine Sondergenehmigung. Die muss bei der Stadtverwaltung beantragt werden – mindestens zehn Tage vor der Anfahrt. Das fordert die Bürokratie.
Für 15 Euro darf der Bus dann für maximal zehn Minuten am Ludwig-Wilhelm-Platz hinter der evangelischen Stadtkirche in der Nachbarschaft des Augustaplatzes parken. Oft geschieht das bei laufendem Motor und so mancher Bus steht länger als die erlaubten zehn Minuten. Das ruft immer öfter Kritiker auf den Plan, weil sich das Problem in den vergangenen Jahren verschärft hat.
Zentraler Reisebusparkplatz in der Eisenbahnstraße
Ein gebührenpflichtiger Busparkplatz ist dagegen in der Eisenbahnstraße beim Verfassungsplatz ausgewiesen. Von dort sind es etwa eineinhalb Kilometer und gut 20 Minuten Fußmarsch zum Leopoldsplatz im Herzen der City. Bei vielen Tagesgästen stößt das nicht auf Begeisterung. Die Alternative: Umsteigen in den Linienbus. Ausstiege aus Reisebussen sind zudem am Festspielhaus und an der Bushaltestelle Caracalla Therme erlaubt.
Zahl der Sondergenehmigung hat sich seit 2017 fast verdoppelt
Die Möglichkeit der Sondergenehmigung wird unterdessen rege genutzt. Wurden für das Jahr 2017 noch 969 Einfahrten von der zuständigen Stelle im Rathaus genehmigt, waren es 2019 fast doppelt so viele: 1.608. Im vergangenen Jahr lag die Zahl ähnlich hoch: bei 1.587, heißt es auf Anfrage aus der städtischen Pressestelle.
SPD-Rat Schmoll geht von hoher Dunkelziffer aus
SPD-Rat Werner Schmoll geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Er vermutet, dass zum einen Genehmigungen aus Kapazitätsgründen nicht bearbeitet werden. Andererseits sei das Risiko für Busunternehmen, ohne Genehmigung erwischt zu werden, „nicht besonders hoch“.
Wir sind ein beliebter AnlaufpunktOberbürgermeisterin Margret Mergen
Eine Ursache für den starken Anstieg ist die modernisierte Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe am Rhein bei Rastatt-Plittersdorf. Den Zuwachs mit Bussen der Rheindampfer bestätigt Baden-Badens Oberbürgermeisterin Margret Mergen. Eigentlich eine erfreuliche Entwicklung, die die Attraktivität Baden-Badens untermauert. „Wir sind ein beliebter Anlaufpunkt“, resümiert die Rathauschefin.
Lösung ist nicht einfach
Aber: Wenn die Schiffsreisenden nur kurze Zeit in der Stadt verbringen, bringt das nicht viel Umsatz. „Das ist nicht unsere Zielgruppe“, betont Mergen. Die Lösung scheint nicht einfach: „Wir prüfen, wie wir das regeln und kontrollieren können." In einem Schreiben an SPD-Rat Schmoll verweist sie auf erforderliche straßenverkehrsrechtliche und planerische Maßnahmen. Eine kurzfristige Lösung ist also nicht zu erwarten.
Forderung nach strengeren Kontrollen
Schmoll hat bereits Vorschläge eingereicht, etwa eine stärkere Präsenz des Gemeindevollzugsdienstes am Ludwig-Wilhelm-Platz. Zudem sollten die Verwaltungsgebühren für die Sondereinfahrtsgenehmigungen und die Preise der Tickets auf dem Busparsparkplatz „spürbar erhöht“ werden. Außerdem sollten elektronische Buseinfahrtkontrollen geprüft werden.
Kritik: Verfahren ist zu bürokratisch
Das derzeitige Verfahren ist seinem Urteil nach „zu bürokratisch“. Es dauere zu lange und genüge „in keiner Weise internationalen Standards“.
Seit Mitte 2017 können am Anleger in Rastatt-Plittersdorf auch bis zu 135 Meter lange Flusskreuzfahrtschiffe anlegen. Das erhöhte die Kapazitäten. Zuvor waren es Boote mit einer maximalen Länge von 75 Metern. Die Anlage wurde vom Schweizer Unternehmen Scenic Tours AG ausgebaut. Verwaltet wird der Anleger von der Rheinschifffahrtsgesellschaft Köln-Düsseldorfer.
Tagestouristen sind bedeutender Wirtschaftsfaktor
Viele Reedereien, die in Plittersdorf anlegen, bieten den Passagieren beim Halt in Mittelbaden den Busausflug nach Baden-Baden an. Tagestouristen sind für Baden-Baden ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Wie viele es pro Jahr sind, darüber gibt es keine aktuelle Statistik, erläutert die Kur- und Tourismuschef Nora Waggershauser.
Studie: 6,2 Millionen Tagesgäste im Jahr
In einer Studie aus dem Jahr 2017 habe ein Institut eine Zahl von 6,2 Millionen Tagesgästen ermittelt. Das wären knapp 17.000 – pro Tag. Diese spülten demnach brutto 789,7 Millionen Euro in die Baden-Badener Kassen, etwa beim Restaurant-, Theater-, Bäder- oder Museumsbesuch.
Christkindelsmarkt war ein Magnet
Ein Magnet ist auf jeden Fall der Christkindelsmarkt. Der lockte zuletzt an rund 40 Tagen insgesamt etwa 200.000 Besucher. Dabei, so schätzen die Tourismusexperten, gab jeder im Schnitt etwa 30 Euro aus. Waggershauser verweist daher auf einen Umsatz von sechs Millionen Euro.