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Broschüren sind nicht verboten

Baden-Badenerin ärgert sich über Wurfsendung von Scientology mit kaum erkennbarem Absender

Wer nicht weiß, wie der Scientology-Gründer hieß, erkennt bei einer kürzlich in Baden-Baden verteilten Broschüre nicht, woher sie stammt. Das findet eine BNN-Leserin gefährlich.

Eine Broschüre wird in einen Briefkasten geworfen.
Unverfängliches Aussehen: „Der Weg zum Glücklichsein” ist eine Broschüre von Scientology, bei der der Absender nicht sofort ersichtlich ist. Foto: Lara Teschers

Sie sieht zunächst harmlos aus, doch nach genauem Hinsehen erst wird klar: Diese Broschüre stammt von Scientology, der umstrittenen Sekte. Das erkennt aber nur, wer einerseits gute Augen hat und andererseits weiß, wer Lafayette Ronald Hubbard war. Denn nur der Name des Scientology-Gründers wird klein auf der Rückseite erwähnt sowie die „The Way To Happiness Foundation International”. Das Wort „Scientology” taucht nicht auf.

Broschüre soll weiterverschenkt werden

Eine BNN-Leserin bemängelt gegenüber dieser Redaktion, dass die Wurfsendung, die sie in ihrem Briefkasten fand, zunächst unverdächtig aussieht und nicht jeder erkennen kann, dass sie von Scientology stammt. Die Scientology-Gemeinde Baden-Württemberg informiert auf ihrer Facebook-Seite, sie verteile das Heft, „um Moral und grundlegende Werte in der Gesellschaft wiederherzustellen”.

Das Heftchen mit dem Stuttgarter Fernsehturm auf der Vorderseite hat 75 Seiten und trägt den Titel „Der Weg zum Glücklichsein - Ein Leitfaden zu besserem Leben, der auf gesundem Menschenverstand beruht”. Auf Seite eins wird der Empfänger dazu aufgefordert, das Buch in mehrfacher Ausführung zu verschenken, damit der Beschenkte es ebenfalls weitergeben kann. Die Broschüre verspricht: „Wenn Sie das fortgesetzt tun, steigern Sie Ihr eigenes Überlebenspotenzial und das der anderen enorm. Dies ist ein Weg zu einem viel sichereren und glücklicheren Leben für Sie und andere.”

Auf der Rückseite ist zu lesen, dieser „Moralkodex” sei von Hubbard „als eigenständige Publikation geschrieben und ist nicht Teil irgendeiner religiösen Doktrin”. Innen stehen 21 Tipps, die „durchaus sinnvoll sind”, sagt die Leserin: genug schlafen, vernünftig ernähren. „Es ist nichts Anstößiges dabei. Das sind die Tricks der Sekten. Eine labile Person würde da vielleicht anbeißen”, sagt sie.

Es ist vollkommen legal. Das ist das Schlimmste.
Empfängerin der Scientology-Broschüre

„Zuerst wusste ich gar nicht, was ich damit machen soll”, gibt die Leserin zu. Als sie erkannt hatte, worum es bei der Broschüre geht, war sie so empört, dass sie zwei Stunden Zeit investierte und das Kultusministerium informierte. „Die sagten mir, dieses Heft sei durchaus bekannt, es werde seit vergangenem Jahr gebietsweise verteilt”, berichtet sie. „Es ist vollkommen legal. Das ist das Schlimmste.”

Beim Polizeipräsidium Offenburg habe sich noch niemand über die in Baden-Baden verteilten Broschüren beschwert, teilt ein Sprecher mit. Broschüren in Briefkästen zu werfen, sei keine Straftat. Verboten seien Wurfsendungen erst, wenn in ihnen falsche Tatsachen behauptet werden sowie „alles Richtung Betrug”.

Scientology wird vom Verfassungsschutz beobachtet

Scientology hat mit dem Büchlein also nichts Verbotenes gemacht. Die Sekte wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Denn Scientology strebe eine Diktatur an und widerspreche so der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, informiert der Verfassungsschutz Baden-Württemberg.

Wie schützt man sich dagegen, in die Fänge einer solchen Sekte zu geraten - beispielsweise durch eine interessante Wurfsendung? Das baden-württembergische Kultusministerium informiert in einer Broschüre darüber, wie man fragwürdige religiös-anschauliche Angebote erkennt.

Merkmale sind demnach, dass Liebe und Erfolg versprochen werden, wenn man sofort einsteigt, dass Mitglieder ein einfaches und nahezu identisches Weltbild haben oder dass sich die Gruppe als elitär der übrigen Menschheit gegenüber fühlt. Auf der Liste stehen noch einige weitere Punkte.

Kommt einem eine solche Wurfsendung verdächtig vor, so könne man damit zur Polizei gehen, die sie dann prüft, erklärt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Offenburg. Das sei auch online möglich. Der BNN-Leserin ist wichtig, „dass die Leute gewarnt werden”. Schließlich wisse nicht jeder, wer Hubbard war.

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