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Hilfsinitiative für Ukrainer

Baden-Badener appelliert: Krieg in der Ukraine nicht vergessen

Vom ersten Kriegstag in der Ukraine an organisierte der Baden-Badener Dimitriy Becker gemeinsam mit Kollegen Hilfstransporte. Jetzt beobachtet er die sinkende Hilfsbereitschaft und will etwas dagegen tun.

Ein Mann im weißen T-Shirt schaut in die Kamera
Mit Beginn des Krieges begann Dimitriy Becker, Menschen in und aus der Ukraine – seiner Heimat – zu unterstützen. Foto: Katrin König-Derki

Das Leben von Dimitriy Becker hat sich seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine am 24. Februar auf den Kopf gestellt. „Alles war plötzlich anders“, sagt der in Kiew geborene Mann, der 1995 als 17-Jähriger nach Deutschland kam. Erstmals fühlte er sich als Ukrainer, nicht als „Kind der Sowjetunion“. Becker spürte das dringende Bedürfnis, diesem angegriffenen Land, seiner Heimat, zu helfen.

Das geruhsame Dasein in Baden-Baden wandelte sich komplett: Vom ersten Kriegstag an organisierte Becker, unterstützt von Kollegen und seinem Arbeitgeber - der IKG-Speditions GmbH in Steinbach -, Hilfstransporte in die Ukraine. Parallel engagierte er sich gemeinsam mit seiner Frau für die eintreffenden Flüchtlinge.

Zeitweise waren Freunde aus Kiew zu Gast, Bekannte aus der Ukraine schickten schockierende Nachrichten und Bilder. Schlafen konnte er über Wochen hinweg so gut wie gar nicht mehr. „Der Kopf stand nicht still. Irgendwann lief ich durch die Gegend wie ein Zombie.“ Schließlich zwang ihn Corona in den Quasi-Stillstand. „Es traf mich in einem Zustand totaler Übermüdung, ich musste viele Tage im Bett bleiben.“

Nachlassende Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge bereitet dem Baden-Badener Sorgen

Die Erkrankung hat Becker seine Grenzen aufgezeigt. Dennoch möchte er sich nun erneut für die Menschen in der Ukraine wie auch für die Geflüchteten einsetzen - in einem „normaleren“ Maße. Sorgen bereitet ihm dabei die nachlassende Hilfsbereitschaft. „Zu Beginn des Krieges kam es ja zu einem richtigen Hype. Radio, Fernsehen und Presse berichteten auch über unsere Aktionen“, sagt Becker.

„Die Menschen hier spendeten wahnsinnig großzügig Hilfsgüter, Material für die Flüchtlinge, Geld. So etwas habe ich noch nie erlebt, es war überwältigend, und all diesen Spendern gilt meine totale Dankbarkeit. Ich finde, die Deutschen dürfen stolz sein, wie sie auf diese Krise reagiert haben.“

Der Krieg scheint nicht mehr so aufzuwühlen, die Bilder von der Zerstörung sind quasi Alltag geworden.
Dimitriy Becker, Mitglied von „Team Help Ukraine“

Jetzt beobachte er aber, dass eine Art Abstumpfung erfolge. „Der Krieg scheint nicht mehr so aufzuwühlen, die Bilder von der Zerstörung sind quasi Alltag geworden. Die aktuelle Situation ist aber nicht besser, sondern schlimmer.“ Die Politik im Westen fokussiere sich auf Waffenlieferungen und Geld für Aufrüstung, sagt er. Das sei aber für die Menschen in der Ukraine „unmittelbar nicht das Entscheidende“.

In der Ukraine fehlt es an Nahrung, Hygieneartikeln und Medikamenten

Es fehle an allem: Die Lebenshaltungskosten seien enorm gestiegen, viele Menschen arbeitslos und ohne jedwedes Einkommen; die Bevölkerung benötige Essen, Hygieneartikel, Medikamente. Die zweite Herausforderung sei der Ansturm der Flüchtlinge vor Ort: Inzwischen seien allein in Baden-Baden knapp 2.000 Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht.

„Während der ersten Kriegswochen ist hier um mein Team ein Netzwerk von Helfern entstanden“, sagt Becker. „Wir haben die Initiative ‚Team Help Ukraine‘ gegründet, ich habe sogar eine Website dafür erstellt. Um auch in Zukunft auf den verschiedensten Ebenen helfen zu können, benötigen wir weiterhin die Unterstützung der Einheimischen.“

Becker hat übrigens schon seit der Annexion der Krim durch Russland ein Anliegen, das er insbesondere während der Interkulturellen Wochen der Stadt Baden-Baden über Veranstaltungen vertiefte: Er möchte Verständnis schaffen für die ostslawische Kultur, die komplexen Hintergründe auch, die aus der einstigen Sowjetunion einen Krisenherd machten. „Es wäre zu einfach, Putin mit seinem imperialistischen Wahn zum alleinig Schuldigen zu deklarieren“, sagt er.

Es wäre zu einfach, Putin mit seinem imperialistischen Wahn zum alleinig Schuldigen zu deklarieren
Dimitriy Becker, Mitglied von „Team Help Ukraine“

Becker findet: „Schon lange ist der Zustand im Osten kompliziert, und seit 2014 habe ich mich bemüht, hier über historische Zusammenhänge aufzuklären und gegen die Spaltung zwischen den Völkern anzugehen.“ Spätestens seit Februar klingt das nach einer Utopie. Aufgeben wird Dimitry Becker dennoch nicht.

Hilfsnetzwerk „Team Help Ukraine“

Weitere Infos zu den Hilfsprojekten von Dimitriy Becker unter www.team-help-ukraine.org.

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