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Feuchtfröhliche Gymnastiktruppe

Baden-Badener Dienstagsfrauen: „Ohne diese Treffen würden wir sterben“

Viel mehr als Bauch, Beine, Po: Die seit 50 Jahren bestehende Damenrunde ist in der Kurstadt eine Institution. Von Pyjamapartys bis hin zu Wandertouren. Langweilig wurde es nie.

Die Dienstagsfrauen sitzen gemeinsam bei einem Glas Wein oder Bier an einem Tisch.
Die Dienstagsfrauen treffen sich auch nach 50 Jahren noch regelmäßig. Sportlich wird es dabei aber kaum mehr. Foto: Cornelia Hecker-Stock

Vor 50 Jahren als muntere Gymnastikgruppe gestartet, treffen sich die Dienstagsfrauen heute noch immer als fidele Rentnerrunde. Einige kannten sich bereits als Aktive der berühmt-berüchtigten Fastnachtsgruppe der Lichtentaler Hausfrauen, als sie 1973 mit der Leiterin der früheren Ballettschule Ulla Alberts-Thom eine Gymnastikgruppe gründeten, die 1998 von Andrea Birtner übernommen wurde.

Begonnen hat das Ganzkörpertraining, das heute wohl unter Bauch, Beine, Po firmieren würde, im ehemaligen Haus der Jugend am Hardberg. „Viele Übungen würde man heute so nicht mehr machen“, lacht Christa Wiener − doch damals hielt es die Damen fit.

Jeden Dienstag standen die Frauen buchstäblich auf der Matte

Neben wenigen Teilnehmerinnen aus der Weststadt waren fünf Frauen aus Lichtental und fünf aus Oberbeuern ein wesentlicher Motor der Gruppe.

Da konntest du nicht einfach absagen. Die Mädels haben dann schon hartnäckig nachgefragt, warum und weshalb.
Jutta Bauer
Mitglied der Dienstagsfrauen

Denn es gab Fahrgemeinschaften aus den jeweiligen Ortsteilen, immer reihum war eine andere dran. „Da konntest du nicht einfach absagen. Die Mädels haben dann schon hartnäckig nachgefragt, warum und weshalb“, erzählt Jutta Bauer schmunzelnd. Damit war es schon eine moralische Verpflichtung, jeden Dienstag buchstäblich auf der Matte zu stehen.

Früher ging es bei den Baden-Badender Dienstagsfrauen auch am länger

Eine Stunde wurde geturnt, danach kam die Mundgymnastik in wechselnden Kneipen, und die war mindestens genauso wichtig. Darin sind sich die Damen bis heute einig.

Es wurde dabei auch schon mal über die Stränge geschlagen und spätabends um elf Uhr noch Pizza bestellt. „Das geht heute nicht mehr“, lacht die Runde.

Für den Bierbrunnen nähte Jutta Bauer den Damen sogar eine eigene Tischdecke, die jedes Mal als Erkennungszeichen ausgebreitet wurde. Hatte eine der Frauen Geburtstag, wurde das regelmäßig mit wenigstens einer Runde zusammen gefeiert.

Ein Highlight: Dienstagsfrauen wanderten von Pforzheim bis nach Basel

Überhaupt erwies sich die Gruppe in den fünf Jahrzehnten als höchst unternehmungslustig. So gab es gemeinsame Wanderungen mit Vesper im Rucksack „dabei lagen wir einmal auf der Wiese und haben nur noch gelacht“, erinnert sich Gerda Reile an ausgelassene Touren.

Ein Highlight dabei war der Westweg von Pforzheim nach Basel, den sie in vier Jahresetappen unter die Sohlen nahmen – bekleidet mit eigens dafür bedruckten Shirts, die sie als Dienstagsfrauen auswiesen.

In der nächsten Hütte haben wir uns trocken gesungen
Vroni Fischer
Teil der Dienstagsfrauen

Beim Wegabschnitt Schliffkopf hat es dermaßen geregnet, dass ihnen das Wasser aus den Jeans gelaufen ist. „In der nächsten Hütte haben wir uns trocken gesungen“, kann sich Vroni Fischer noch gut erinnern. In einem Hotel in Furtwangen fragten sie vorher nach, ob genug Schnaps vorhanden sei, was die Wirtin bejahte.

Allerdings war sie im Irrtum. Wie sich herausstellen sollte, hatte sie die Damen deutlich unterschätzt. Sie waren zu elft, also wurden elf Runden ausgegeben. Als die gutmütige Gastwirtin den nächsten Morgen mit einem weiteren Willi beginnen wollte, wurde der allerdings in die Blumen geleert.

Damenrunde feierte stets Partys im größten und schönsten Hotelzimmer

Sie können sich rühmen, den Schluchsee trockenen Fußes durchquert zu haben, da er damals gerade abgelassen war. In ihrem damaligen Hotel waren zufällig nur Frauen untergekommen.

Eine ebenso fidele Runde junger Männer lernten die Frauen dagegen im Südschwarzwald kennen, der sie fünf Jahre später auf einer weiteren Tour per Zufall wieder begegneten. Ein dreitägiges Weinfest an der Mosel war ebenfalls Ziel einer unvergesslichen Wanderung.

Auf fast allen Touren veranstalteten die Damen nächtliche Schlafanzugpartys, im jeweils größten und schönsten Hotelzimmer. Es war einfach nie langweilig.

Jubiläumsfahrt zu all ihren bisherigen Wanderzielen

Die zwischen 70 und 87 Jahre alten Damen hatten auch auf vielen Busreisen ihren Spaß. Die Städtetouren führten sie nach Speyer, an den Bodensee oder mit dem Bernina-Express in die Berge.

Ohne diese Treffen zum Schwätzen, würden wir sterben.
Jutta Bauer
Mitglied der Dienstagsfrauen

Kochrezepte werden ausgetauscht, Christa Wiener gab Backkurse, man half sich gegenseitig bei Schicksalsschlägen, Kinder und Enkel sind immer ein Thema.

„Ohne diese Treffen zum Schwätzen, würden wir sterben“, spricht Jutta Bauer allen aus der Seele. Seit Corona haben sie die Gymnastik eingestellt, jetzt stehen nur noch die „Di-Days“ auf dem Plan, ihre Dienstagstreffen, für die sie sich alle zwei bis drei Wochen in ihrer Chatgruppe verabreden.

Ihr 50-jähriges Jubiläum feierten die Dienstagsfrauen im Mai mit einer Bustour zu all ihren bisherigen Wanderzielen.

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