Nonnengräber weichen einem fröhlichen Brummen und Summen: Mitarbeiter des Hauptfriedhofs in Baden-Baden haben ein stillgelegtes Schwesternfeld in eine Bienenweide umgewandelt. Seitdem herrscht dort emsiges Treiben von Bienen, Hummeln, Wespen, Schmetterlingen und Käfern aller Art. Fachgebietsleiter Frank Geyer erklärt sein Pilotprojekt für gelungen und kündigt schon jetzt eine Neuauflage an. Zudem hat er eine weitere Idee für mehr Artenschutz auf dem Friedhof in petto.
Über etliche Jahrzehnte wurden auf dem Feld Nonnenschwestern beerdigt. „Die letzten Beisetzungen liegen mehr als 20 Jahre zurück, die Ruhezeiten waren längst erfüllt“, sagt Geyer. Wohl aus Kostengründen habe das Kloster entschieden, das Grabfeld aufzugeben. „Da haben wir beschlossen, wir übernehmen das und kümmern uns darum.“
Das alte Steinkreuz für die Schwestern ließen seine Leute stehen. Doch was tun mit der brachliegenden Fläche? Übergangsweise säten die Angestellten Rasen ein, anschließend bereiteten sie alles für eine Bienenweide vor. „Einfach aussähen und dann wächst das wunderschön - so einfach ist das nicht“, sagt Geyer. „Aber wir machen das, weil wir das ökologisch für sinnvoll halten.“
So sieht es auch Marianne Leis-Messer, Sprecherin des örtlichen Nabu. „Ich wusste das gar nicht, aber die Idee ist natürlich klasse“, sagt sie. Als Fachfrau informiert sie darüber, wer in einer Bienenweide Leckerbissen findet. „Sowohl die Honigbiene als auch viele Wildbienenarten, Hummeln, Wespen, Schwebfliegen, Schmetterlinge und Käfer profitieren davon.“
Die Bestäubungsleistung der Insekten geht weltweit in die Milliardenhöhe.Marianne Leis-Messer / Sprecherin des Nabu in Baden-Baden
Insekten sind einerseits Nahrungsgrundlage für Insekten und Vögel, andererseits sorgen sie als Blütenbestäuber für reiche Ernte bei Himbeeren, Äpfeln, Birnen und Tomaten. Den rein wirtschaftlichen Aspekt verdeutlicht Leis-Messer: „Die Bestäubungsleistung der Insekten geht weltweit in die Milliardenhöhe.“ Nachahmern für den Garten empfiehlt sie, auf heimische Blumen mit ungefüllten Blüten zurückzugreifen. „In den gefüllten Blüten vieler Rosen- und Dahliensorten kommen die Insekten nicht an Pollen und Nektar heran“, erklärt sie.
Auf dem Hauptfriedhof ist die aktuelle Saison für Bienchen und Co. bald beendet. Langsam wechseln die Farben der Kornblume oder des Klatschmohns von sattem Lila und Rot zu gleichförmigem Braun. Ummähen möchte Geyer das Feld dennoch nicht. „Jetzt legen ganz viele Insekten ihre Eier dort ab. Auch wenn es nicht mehr so schön aussieht, wollen wir es so lange stehen lassen, wie wir es aushalten“, sagt er.
Im nächsten Jahr will Geyer das Projekt nach eigenen Worten auf weitere freie Flächen ausdehnen. Zusätzlich sollen auf einem anderen Feld Wohnungen für Eidechsen und Igel entstehen – aus ausrangierten Grabsteinen. „Grabsteine und Graniteinfassungen wollen wir kreuz und quer ablagern, dann finden sich ganz schnell vierbeinige Bewohner ein“, ist er überzeugt.
„Außerdem finden wir es sehr passend, wenn die Grabsteine auf dem Friedhof bleiben und nicht geschreddert im Straßenbau landen.“
Das findet auch Leis-Messer. „Unaufgeräumte Flächen sind immer was Interessantes“, sagt sie, „da kann sich viel drin verstecken.“
Service
Im Internet finden Naturschützer insektenfreundliches Saatgut. So bietet etwa der Nabu unter www.nabu.de verschiedene Blühmischungen an und gibt zugleich Tipps für Bodenvorbereitung und Pflege.