Skip to main content

Reaktionen reichen bis zu Bedrohungen

Baden-Badener SPD-Chef tritt nach Facebook-Posts zu Corona-Demo zurück

Äußerungen in den sozialen Medien vor einer Kundgebung von Impfgegnern bei Unterstmatt Mitte Januar bringen den SPD-Vorsitzenden Werner Henn und den katholischen Gemeindediakon Stefan Lutz-Bachmann in Bedrängnis.

Gruppe von Menschen auf einem Parkplatz
Auslöser für einen Rücktritt: Impfgegner demonstrierten Mitte Januar bei Unterstmatt gegen die Corona-Einschränkungen. Die Kritik an seinen Äußerungen zu dieser Kundgebung haben Werner Henn dazu geführt, sein Amt als SPD-Vorsitzender niederzulegen. Foto: Benedikt Spether

Nach seinem Facebook-Post zur sogenannten Schnee-Demo von Gegnern der Corona-Einschränkungen Mitte Januar bei Unterstmatt zieht Werner Henn nun die Konsequenzen: Der Vorsitzende des SPD-Stadtverbands Baden-Baden legt sein Amt nieder.

„Um Schaden von meiner Partei abzuwenden, in die ich vor über 30 Jahren eingetreten bin, um für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität in der Gesellschaft zu kämpfen, trete ich mit sofortiger Wirkung vom Amt des Vorsitzenden des SPD-Stadtverbandes zurück und entschuldige mich auch bei meinen Genossinnen und Genossen für mein Verhalten“, teilt Henn am Mittwochmorgen mit.

Was hat zu diesem Schritt geführt? Auslöser ist eine Äußerung Henns, die er im Vorfeld der Kundgebung an der Schwarzwaldhochstraße auf Facebook gepostet hatte. „Ich geh hin. Hoffentlich ist es arschkalt. Hab eine alte große Wasserpumpgun meiner Kinder gefunden. Werde sie mit Harnsäure füllen – also reinpinkeln – und es dann auf das auserwählte Volk versprühen.“

Stefan Lutz-Bachmann, Gemeindediakon der Katholischen Seelsorgeeinheit Baden-Baden, hatte dem SPD-Mann mit folgendem Post beigepflichtet: „Super! Füllung mit Buttersäure ist auch sehr reizvoll!“

Ein Vorwurf lautet: Aufruf zu Straftaten

Wegen dieser Bemerkungen waren die beiden Männer in den vergangenen Tagen und gut zwei Monate nach der Kundgebung aus dem Kreis der Impfgegner in den sozialen Medien massiv unter Beschuss geraten. Ein Vorwurf lautete unter anderem, Henn und Lutz-Bachmann hätten zu Straftaten aufgerufen.

Sympathisanten aus dieser Szene reagierten – meistens unter Pseudonymen – mit einer Flut von Posts. Einige Beispiele: „Die größten Verbrecher sitzen heutzutage immer da wo sie was zu melden haben. Herr Stadtrat, Sie wären im 3. Reich auch sehr weit gekommen“, schreibt etwa Anja Soundso. „Warum rufen sie eindeutig zu Straftaten auf, glauben sie ja nicht, das sie aus dieser Nummer noch rauskommen“, schreibt Bernado Bettini. „Ich hoffe das ist der Anfang vom Ende ihrer politischen Karriere sie Widerling“, lautet ein weiterer Kommentar oder: „Herr Henn ich hoffe doch, dass dieser Kommentar noch Konsequenzen für Sie hat, vielleicht hat jemand Anzeige erstattet!“

Der Gemeindediakon entschuldigt sich

Lutz-Bachmann erklärt auf BNN-Nachfrage, er habe vor allem deswegen gepostet, weil er sich über Corona-Leugner ärgere. Er habe jedoch schnell erkannt, dass seine Reaktion überzogen gewesen sei, und habe seinen Post nach einer Stunde gelöscht.

Dennoch kursiert in den sozialen Medien nach wie vor ein Screenshot dieses Posts. Der Gemeindediakon distanziert sich mittlerweile von seiner Äußerung. „Das war total blöd. Wenn sich jemand beleidigt fühlt, entschuldige ich mich“, betont Lutz-Bachmann.

Werner Henn äußert sich als Privatperson

Henn beteuert, sich als Privatperson und nicht als Vorsitzender des SPD-Stadtverbands geäußert zu haben. Er habe in flapsiger Art ausdrücken wollen, dass er der Demonstration sowie deren Anhängern und deren Zielen sehr ablehnend gegenüberstehe. Der Post sei nicht der Weisheit letzter Schluss gewesen. Aber wer auf den Rechtsstaat pinkele, dürfe sich nicht wundern, wenn er mit den gleichen Mitteln zurückschieße.

Für ihn sei die ganze Angelegenheit längst erledigt gewesen. Aber die Reaktionen per Telefon, Mail und in den sozialen Medien, die bis zu Einschüchterungen und Bedrohungen reichten, hätten überhand genommen und zu der Entscheidung geführt, als SPD-Vorsitzender zurückzutreten. „Ich entschuldige mich hiermit in aller Form für die von mir verbreiteten Äußerungen in einem Internetforum. Menschen in dieser Weise mit Worten zu verletzen, war unangemessen und unverzeihlich. Dies tut mir aufrichtig leid“, erklärt Henn.

nach oben Zurück zum Seitenanfang