Leben mehr oder weniger als die 56.337 Menschen in der Kurstadt, die die Stadt Baden-Baden auf ihrer Homepage als Einwohnerzahl nennt?
Dieser und weiteren Fragen gehen seit Montag die 55 Erhebungsbeauftragten auf den Grund, die für den Zensus 2022 Bürgerinnen und Bürger interviewen. Diese wiederum sind zur Auskunft verpflichtet.
Einen Überblick über die wichtigsten Fragen gibt unser Mitarbeiter Nico Fricke.
Was ist der Zensus?
„Der Zensus ist vielen eher als Volkszählung bekannt“, erklärt Bürgermeister Roland Kaiser (Grüne). „Er findet alle zehn Jahre statt und ist von der EU vorgeschrieben.“ Zuletzt gezählt wurde 2011. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der ursprünglich geplante Zensus 2021 um ein Jahr verschoben.
Und was ist das Ziel?
Viele politische Entscheidungen beruhen auf Bevölkerungs- und Wohnungszahlen, sagt Eunike Bottesch, Leiterin der hiesigen Zensus-Erhebungsstelle. „Zum Beispiel wenn es um den Neubau von Schulen, Kitas oder Wohnungen geht. Dafür werden verlässliche Basiszahlen benötigt.“
Gibt es dafür nicht die Melderegister?
Eigentlich schon, doch deren Zahlen seien oftmals nicht stimmig, weiß Bürgermeister Kaiser. „Wenn sich jemand beim Umzug nicht an-, um- oder abgemeldet hat – aus welchen Gründen auch immer – kommt es zu Abweichungen.“ Genauere Daten erwarten die Statistiker vom Zensus. Die Ergebnisse dieser Stichprobe werden auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnet und für die kommenden zehn Jahre fortgeschrieben. „Die spannende Frage ist: Wie groß sind die Abweichungen tatsächlich?“, so der Bürgermeister. Wichtig sei das deshalb, „weil zahlreiche Gelder und Fördermittel nach der Einwohnerzahl, also pro Kopf verteilt werden.“ Er rechne zwar nicht mit großen Unterschieden bei den Zahlen: „Aber sicher wissen wir es erst am Ende der Erhebung.“
Wer wird befragt?
„Rund zehn Prozent der Bevölkerung“, sagt Eunike Bottesch. In Baden-Baden werden also rund 5.000 Personen, die in der Haushaltsstichprobe zufällig ausgewählt wurden, interviewt. Ausgewählt werde nach der Anschrift – also vom Einfamilienhaus bis hin zum Wohnblock. Wer in die Stichprobe falle, erhalte eine schriftliche Terminankündigung von einem Erhebungsbeauftragten, beschreibt Bottesch den Ablauf. Natürlich könne auch ein Alternativtermin vereinbart werden.
Was passiert beim Interview?
Der Erhebungsbeauftragte klingelt, stellt sich vor und legitimiert sich über einen speziellen Ausweis. Im Anschluss folgt die kurze Befragung. Diese kann an der Haustür erfolgen: „Es muss niemand in die Wohnung gelassen werden“, sagt Bürgermeister Kaiser.
Wie lautet die wichtigste Frage?
Eunike Bottesch gibt Antwort: „Wie viele Personen haben am Stichtag 15. Mai 2022 in dieser Wohnung gewohnt?“ Für alle im Haushalt wohnenden Personen müssen Angaben über Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Familienstand und Wohnstatus gemacht werden. Dies diene der Ermittlung der Bevölkerungszahlen. Erhoben werde, wer sich länger als drei Monate in Deutschland aufhalte, sagt Greta Schäfer, stellvertretende Leiterin der Erhebungsstelle: „Also auch geflüchtete Menschen aus der Ukraine.“ Es gebe Übersetzungshilfen in 15 Sprachen.
Wie viel Zeit nimmt die Befragung in Anspruch?
Das Interview selbst dauere etwa zehn Minuten. „Der zweite Teil der Fragen kann online beantwortet werden“, so Bottesch. Alternativ stehe auch ein Papierfragebogen zur Verfügung. „Hier werden Fragen zu Bildung, Erwerbstätigkeit sowie Beruf gestellt, nicht aber zu Einkünften“, betont Bottesch.
Und wenn ich nicht mitmachen möchte?
„Die Befragten sind zur Auskunft verpflichtet“, macht Bürgermeister Kaiser klar. Es habe auch schon zahlreiche Anrufe gegeben, manche kritisch, andere aufgeschlossen, blickt Eunike Bottesch auf die vergangenen Tage zurück. „Unser Ziel ist es, die Bürger mit Informationen von der Teilnahme zu überzeugen“, sagt die Chefin der Zensus-Erhebungsstelle.
Was passiert mit den Daten?
Diese werden von der Erhebungsstelle Baden-Baden erfasst und an das Statistische Landesamt weitergeleitet. Alle Beteiligten sind auf das Statistikgeheimnis sowie auf Datenschutz verpflichtet, erklärt Eunike Bottesch. Persönliche Daten werden zum frühestmöglichen Zeitpunkt gelöscht, sodass keinerlei Rückschlüsse auf die jeweiligen Personen möglich sind.
Wann gibt’s Ergebnisse?
Die Auswertung soll laut Eunike Bottesch Ende 2023 abgeschlossen sein.