Baden-Badens Neu-Bürger Thomas Gottschalk (69) begrüßte – alte Schule – die 76 Jahre alte Paarlauf-Legende Marika Kilius mit Handkuss. Natürlich wurde da an den Tischen bei Carpaccio vom schottischen Lachs als Vorspeise und auch beim Hauptgang (Kalbsrücken, getrüffelter Rahmwirsing) getuschelt, dass er da ist – an einem Tisch mit dem ehemaligen Diskuswerfer Robert Harting und der früheren Speerwerferin Christina Obergföll.
Das Sport-Faible des Lockenkopfes ist unbekannter als das für Musik und flotte Sprüche. Darauf, dass der Moderator der Sportler-Gala anno 1984 um Letzteres nicht verlegen sein würde, war zu wetten. Neben vielen üblicheren Verdächtigen hatte sich auch er die Feierstunde im Kurhaus nicht nehmen lassen. Er stünde wieder im Training, sagte er.
„In Baden-Baden fällst du auf, wenn du nicht mit dem Rollator unterwegs bist“, witzelte Deutschlands ehedem beliebtester Dampfplauderer, bevor der Bénazet-Saal verdunkelt wurde und die ZDF-Kameras für andere bereit waren.
Gala-Laune zu Small Talk mit Sportlern
Die Stichwortgeber Katrin Müller-Hohenstein (weißes Kleid mit goldenen Pailletten) und Rudi Cerne durften sich auf ihre Spezialdisziplin konzentrieren: Gala-Laune zu Small Talk mit Sportlern. Die Team-Weltmeister im Skispringen, als Mannschaft des Jahres gewürdigt, waren vom Weltcup aus Klingenthal eingeschwebt. Fritz Keller, der neue Boss des Deutschen Fußball-Bundes, erlebte seine Premiere im Kurhaus. „Grandios“, fand er den Abend.
Da waren der Handball-Kapitän Uwe Gensheimer, die schwangere Rodlerin Nathalie Geisenberger oder Kristina Vogel, lachend in ihrem Rollstuhl. Und da war: Malaika Mihambo. Dass es die Heidelbergerin mehr als jede andere verdiente, auf Wimbledonsiegerin Angelique Kerber zu folgen, war unter Sportjournalisten mehrheitsfähig.
Mihambo spielt im Kurhaus mit den Füßen Klavier
Müller-Hohenstein schien sich mit der Weitsprung-Weltmeisterin bei der Kleiderwahl abgestimmt zu haben. „Was für eine tolle Frau“, sagte Laudatorin Heike Drechsler und gab zu: „Ich bin dein größter Fan!“ Die Hobby-Pianistin Mihambo spielte glucksend mit den Füßen eine Eigenkomposition auf einem „Klavier to go“, das ihr das ZDF schenkte.
Auch die Wahl von Niklas Kaul überraschte nicht, der Modellathlet blieb knapp vor Ironman-Sieger Jan Frodeno. Kaul setzte die Linie ausgezeichneter Mehrkampf-Größen von Willi Holdorf (1964) über Kurt Bendlin (1967), Guido Kratschmer (1980) und Frank Busemann (1996) fort. Anhaltender Applaus begrüßte den Zehnkampf-Weltmeister von Doha, ehe Busemann als Laudator auftrat. „Als ich nach Hause kam, spielten alle drei Kinder Zehnkampf. Alle stritten darum, wer Kaul sein durfte und wer die anderen mimen musste.“ Busemann endete: „Lass dich drücken!“ Dann kam Tim Bendzko und sang den WM-Song „Hoch“. Nicht nur für Gottschalk.
Heinz Fütterer, jahrzehntelang Stammgast an den gedeckten Tischen, hätte seine Freude am doppelten Leichtathletik-Triumph gehabt. Am 10. Februar verstarb der Sportler des Jahres 1954. Vom Zwischenjahr ohne Olympische Spiele wird auch das bleiben. 2019 markierte daneben die Schlusspunkte vieler Sportlerkarrieren, allen voran die von Dirk Nowitzki.
Gerne hätten die Gala-Macher von der Internationalen Sport-Korrespondenz ihn präsentiert. Doch er war vor wenigen Tagen in die USA zurückgereist. Als Newcomer des Jahres wurde der Ruderer Oliver Zeidler, als Trainer des Jahres Andreas Bauer (Skisprung Frauen) gewürdigt. Die frühere Mountainbike-Weltmeisterin Sabine Spitz wurde mit dem Sparkassen-Preis als „Vorbild des Sports“ ausgezeichnet.
Skisprung-Team als "Mannschaft des Jahres" geehrt
Das war eine Mannschaftsleistung wie aus einem Guss. Das Schuhplatteln der Mannschaft des Jahres in Baden-Baden. Dafür gab‘s kein Gold. Aber das brauchten sie ja nicht mehr. Ihre Goldmedaille im Team war die Krönung eines fulminanten Auftaktwochenendes von Deutschlands Skispringern bei den Weltmeisterschaften in Seefeld und Innsbruck. Der Vorsprung von Markus Eisenbichler, Richard Freitag, Karl Geiger und Stephan Leyhe vor der Konkurrenz aus Österreich und Japan war gewaltig. Gleichzeitig war der Triumph das denkbar schönste Abschiedsgeschenk für den Bundestrainer Werner Schuster. Der war am Sonntag noch mal zur Stelle und freute sich, eingeladen worden zu sein.
Für die Weitenjäger des Deutschen Skiverbandes war das letzte Februar-Wochenende eines von wahrhaft historischer Dimension. Nicht nur, weil das erste Team-Gold für Deutschland bei den Männern seit 18 Jahren herausgesprungen war. Am Tag zuvor hatten Eisenbichler und Geiger bereits im Einzelwettbewerb für Furore gesorgt.
Mit zwei Triumphen an den beiden ersten Wettkampf-Tagen haben die DSV-Adler um Eisenbichler Erinnerungen an die glorreichen Zeiten von Martin Schmitt und Sven Hannawald geweckt. Vergleichbare Erfolge im Männereinzel und Team hatte es zuletzt 1999 in Ramsau und 2001 in Lahti gegeben. Eisenbichler ist nach Mixed-Gold vor zwei Jahren plötzlich dreimaliger Weltmeister.
Christian Ehrhoff, der ehemalige Kapitän der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, übergab am Sonntagabend in Baden-Baden den Preis als Mannschaft des Jahres. Und eine delikate Aufgabe gab er den Weitenjägern mit, die diese von den Eishockey-Cracks zu übernehmen hätten: „Ihr seid diejenigen, die morgen früh hier abschließen müssen.“