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Heilbäder fordern Perspektive

Den Thermen im Südwesten steht das Wasser bis zum Hals

Baden-Baden, Bad Herrenalb, Bad Wildbad – der Südwesten ist für seine Heilquellen bekannt. Doch die Bäder sind geschlossen. Das hat nicht nur für die Thermen und die Touristik Folgen, sondern auch für Kranke, die im Heilwasser Linderung suchen.

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Mehr als Wellness: Für viele Menschen bringt der Besuch einer Therme auch Linderung für Krankheiten und Schmerzen. Doch seit Corona sind die Heilbäder wie das Palais Thermal in Bad Wildbad geschlossen. Foto: Imago

Ihren regelmäßigen Besuch im Thermarium in Bad Schönborn vermisst Annemarie H. nicht nur schmerzlich sondern auch schmerzhaft. Denn für die Rheumapatientin sind die wöchentlichen Aufenthalte in der Therme mehr als nur Wellness. Im knapp 35 Grad warmen Sole-Schwebebecken erfährt die Rentnerin eine wirkliche Linderung ihrer Arthritis. „Im Wasser kann ich mich viel besser bewegen und spüre die Schmerzen kaum“, sagt sie.

Für viele mehr als Wellness

Doch wie alle anderen Bäder im Land ist auch das Thermarium am Ortsrand von Mingolsheim seit dem 14. März geschlossen. Für Menschen wie Annemarie H., die die Bäder für ihre Therapie brauchen, kommt das einer kleinen Katastrophe gleich.

Wie sie besuchen rund 30.000 Menschen im Land regelmäßig die Aquagymnastikkurse der Rheumaliga. „Und das ist ja nur ein ganz kleiner Teil des Therapieangebotes, das die Heilbäder anbieten“, sagt der Präsident der Heilbäder und Kurorte in Baden-Württemberg, Fritz Link.

35 Heilbäder mit Thermen gibt es im ganzen Land.

Leere Bäder, leere Versprechungen

Baden-Baden, Bad Wildbad, Bad Herrenalb – das „Bad“ im Namen ist derzeit nicht mehr als eine leere Versprechung. Statt der 180.000 Menschen, die sich sonst jede Woche in den Schwimm- und Therapiebecken tummeln, herrscht dort gerade gähnende Leere. Die Pools sind zum großen Teil abgelassen, viele Bäder nutzen die Zeit zur intensiven Wartung, zur Reinigung und für Reparaturen.

Wir rechnen mit einem Defizit von 35 Millionen Euro.
Fritz Link, Präsident der Heilbäder und Kurorte in Baden-Württemberg

Das Loch, das der Ausfall bislang in die Kassen gerissen hat, ist enorm. „Wir rechnen mit einem Defizit von 35 Millionen Euro“, sagt Fritz Link. Seine Enttäuschung kann er nicht verhehlen. „Wir haben der Arbeitsgruppe Bäder beim Land schon Anfang April ein Hygienekonzept vorgelegt, mit dem wir wenigstens für die Menschen, die die Therapie brauchen, wieder hätten öffnen können.“

Stattdessen habe man die Therme mit allen Schwimm- und Freibädern im Land in eine Kategorie gesteckt. Aus einer Sonderregelung für medizinische-therapeutische Anwendungen wurde nichts.

Tourismusminister fordert Perspektive: Öffnung im Juni?

Jetzt fordert aber auch Tourismusminister Guido Wolf (CDU) eine Öffnungsperspektive. Spätestens in der ersten Junihälfte sollen die Therme demnach wieder in Betrieb gehen dürfen. „Die Thermen stehen mit umfassenden Hygiene- und Abstandskonzepten bereit“, betont er.

Die Pfingstferien stehen vor der Tür und geschlossene Therme sind auch für den Tourismus in den Heilbädern ein Problem. In Beuren am Albtrauf der Schwäbischen Alb beispielsweise hat das Freilichtmuseum wieder geöffnet – die Panorama-Therme dagegen nicht. Das schlägt sich massiv auf die Übernachtungen aus, sagt Bürgermeister und Kurdirektor Daniel Gluiber.

„Für die Planung der Pfingstferien orientieren sich viele Gäste an den Möglichkeiten im Ort“, erklärt er. Sind die Bäder nicht geöffnet, führt das zur Abwanderung – vor allem deshalb, weil andere Bundesländer ihre Thermalbäder bereits geöffnet haben. „Das kann es aber nicht sein – ein Thermenwettbewerb zwischen den Bundesländern“, sagt Gluiber.

Vorlaufzeit ist wichtig

Das findet auch Fritz Link. „Je früher es los geht, desto besser“, sagt er. Ein bisschen Vorlaufzeit bräuchten die Bäder, im Grunde aber stünden alle bereit. „Es geht ja nicht nur um die Thermen – auch die Bürger, die Hotels, Pensionen und Reha-Kliniken müssten Bescheid wissen“, ergänzt Rolf Rubsamen, Kurdirektor in Bad Krozingen

In Sachen Hygiene seien die Heilbäder jedenfalls vorbereitet, heißt es bei den Verantwortlichen. „Nur zwei Drittel der bisherigen Gäste, das ist ja klar, und 1,5 bis 2 Meter Abstand ist das Allerwichtigste“, sagt Rubsamen. Allerdings sei da auch die Landesregierung mit entsprechenden Maßgaben gefragt. „Vier bis fünf Quadratmeter pro Person im Becken muss Platz gehalten werden“, fordert Rubsamen. Er hätte diese Rechnung aber lieber offiziell vom Land bestätigt.

Ansteckungsgefahr  im gechlorten Wasser ist gering

Dann könnte es in den betroffenen Orten auch wieder aufwärts gehen, sagt Beurens Kurdirektor Gluiber. Denn: Die Gastro und die Geschäfte dürften zwar wieder öffnen, aber ohne die geöffnete Therme hielten sich die Besucher zurück. „Sie sehen das nicht als Spaß- oder Schwimmbad, sondern als Gesundheitseinrichtung“, sagt er.

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Es gebe viele Gäste, die aus Gesundheitsgründen auf das Thermalwasser angewiesen seien. Die Ansteckungsgefahr sei in gechlortem Wasser nur sehr gering: „Da sind sich die mir bekannten Wissenschaftler und der Heilbadverband einig“, sagen auch Kurdirektor Gluiber und Bäder-Präsident Link.

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