Wer an diesem Karsamstagmorgen auf den Baden-Badener Merkur fahren möchte, braucht Geduld – sehr viel Geduld. Die Warteschlange vor der Talstation der Bergbahn ist gegen 10 Uhr bereits gut 100 Meter lang. Nachzügler müssen noch mehr Zeit mitbringen: Die Schlange wächst von Stunde zu Stunde.
Hunderte von Menschen, meist Familien mit Kindern, haben nur ein Ziel: rauf auf den Gipfel des Baden-Badener Hausbergs. Sie wollen dort einige von den insgesamt 9.999 Ostereiern ergattern, die die Stadtwerke Baden-Baden in diesem Jahr zum 25. Mal auf dem Merkur auslegen und verschenken
Da sind wir noch gut durchgekommen.Alexander Schmidt, Besucher auf dem Merkur
Alexander Schmidt weiß, was ihn erwartet. Er ist mit Frau und Kindern zeitig unterwegs. Die Familie aus Bühl steht schon vor 9 Uhr an der Talstation. Und das, obwohl die Ostereier erst ab 11 Uhr auf den Wiesen rund um den Merkurturm verteilt sind. Die frühe Anfahrt zahlt sich aus. „Da sind wir noch gut durchgekommen“, sagt Schmidt.
Wer später dran ist, findet häufig keinen Parkplatz. Rund um die Talstation ist alles komplett belegt. Die parkenden Autos, darunter Wagen mit Kennzeichen aus Karlsruhe und Heidelberg, reihen sich an der Zufahrtsstraße rund einen halben Kilometer bis zur Wasserkunstanlage Paradies am Annaberg.
Zwischen 10 und 11 Uhr nimmt der Andrang auf dem Gipfel zu. Helfer der Stadtwerke haben inzwischen die abgesperrte Wiese mit bunten Ostereiern bestückt.
Adrian Brack ist schon gespannt und hält seinen Rucksack griffbereit. Der Zehnjährige späht mit einem Fernrohr, wo das Ostereier-Sammeln am meisten Erfolg verspricht.
Stadtwerke-Chef Helmut Oehler zählt den Countdown. Dann gibt es kein Halten mehr. Eine Schar Kinder stürmt auf einen Schlag mit Körbchen und Eimerchen los, um möglichst viele Eier zu sammeln.
Nach nicht mal 30 Sekunden ist die Wiese komplett leergeräumt. Damit das Gedränge nicht allzu groß wird, dürfen die Allerjüngsten auf einer eigenen Wiese nach Ostereiern jagen.
Aktionen auf dem Baden-Badener Merkur folgen im Stundentakt
Im Stundentakt, fünf Mal hintereinander, wiederholt sich dieses Spiel. Das fordert Otmar Frey mächtig. Er ist für den Nachschub verantwortlich. In seinem Transporter türmen sich Kartons mit Eiern. „Alle in Bio-Qualität von freilaufenden und glücklichen Hühnern“, versichert Susanne Schwellinger von den Stadtwerken.
Alina und Tony strahlen. Die Zweijährige und ihr fünf Jahre alter Bruder mit den lustigen Osterhasen-Gesichtern zeigen ihren Eltern stolz die „Beute“: Die Körbchen sind mit Eiern gut gefüllt.
Ilona und Sergej Tomas aus Esslingen freuen sich mit ihren Kindern. Sie sind bei Verwandten in Baden-Baden zu Besuch. Das Spektakel auf dem Merkur lassen sie sich keinesfalls entgehen.
Der Termin am Karsamstag gehört für viele zum Pflichtprogramm
Nathalie Brack und ihre Familie sind regelmäßig dabei. „Vor der Corona-Pandemie waren wir immer hier oben“, sagt die Baden-Badenerin. Die Aktion am Samstag vor Ostern gehört für sie und ihre Kinder fast schon zum Pflichtprogramm. Sie nehmen mehr Eier mit nach Hause als erhofft. „Da können wir noch Eiersalat daraus machen“, sagt Brack.
Wer sich nicht ins Getümmel der Eierjagd stürzen möchte, geht dennoch nicht leer aus. Drei Osterhasen höchstpersönlich achten darauf. Tim Schumacher und Elias Winter, zwei Azubis der Stadtwerke, sind in Hasen-Kostüme geschlüpft und beschenken Kinder aus ihren prall gefüllten Eierkörben.
Für die Osterhasen-Azubis ist es eine Premiere
Für beide ist es eine Premiere. „Es macht richtig Spaß“, sagt Tim Schumacher. Manuela Romberg hingegen ist eine erfahrene Osterhäsin. Die Schauspielerin und Märchenerzählerin ist seit einigen Jahren dabei, um Eier zu verteilen und junge Besucher zu unterhalten.
Die Bühler Familie Schmidt verlässt rundum zufrieden den Gipfel. Der Ausflug auf den Merkur hat sich gelohnt. Bevor sie für die Talfahrt in die Bergbahn steigen, zählen sie: 13 Ostereier liegen im Körbchen ihres überglücklichen Töchterchens Julia.
