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BNN-Gespräch

Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben Baden-Baden diskutiert Sterbehilfe

Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben in Baden-Baden steht todkranken Menschen auf ihrem Weg bei. Sie setzt sich dafür ein, Sterbehilfe auch in Deutschland zu ermöglichen. Bernhard Weber erzählt im BNN-Gespräch von seinen Erfahrungen im Umgang mit Betroffenen.

Begleitung in der letzten Lebensphase: Krankenschwestern pflegen einen Patienten auf der Intensivstation. Ob auch ein ärztlich begleiteter Freitod als legale Option in Frage kommen darf, entscheidet das Bundesverfassungsgericht im Herbst.
Begleitung in der letzten Lebensphase: Krankenschwestern pflegen einen Patienten auf der Intensivstation. Ob auch ein ärztlich begleiteter Freitod als legale Option in Frage kommen darf, entscheidet das Bundesverfassungsgericht im Herbst. Foto: dpa

Bernhard Weber gerät regelmäßig in eine unangenehme Situation, wenn todkranke Menschen bei ihm anrufen und sich nach einem ärztlich assistierten Suizid erkundigen. Dann muss der Kontaktstellenleiter der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) in Baden-Baden den Anrufern jedesmal klarmachen, dass er aufgrund der gesetzlichen Lage zur Sterbehilfe in Deutschland nichts unternehmen kann.

Während der assistierte Suizid in Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz schon legal ausgeführt werden kann, wird in der Bundesrepublik aktuell lebhaft über Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs diskutiert. Dieser stellt die geschäftsmäßige Förderung des Freitods unter Strafe und umfasst auf Wiederholung angelegte, organisierte Formen des assistierten Suizids – etwa Sterbehilfevereine oder Ärzte.

Mittel zur Verfügung

Für Familienangehörige und nahestehende Personen besteht kein Verbot. Zur Abgrenzung mit anderen Arten der Sterbehilfe ist entscheidend, dass dem Patienten ein entsprechendes Mittel zur Verfügung gestellt wird, das dieser dann aber anschließend eigenständig einnimmt.

Gesetzesänderung zur Sterbehilfe ist möglich

„Jeder Mensch sollte das Recht haben, selbstbestimmt sein Leben mit professioneller Hilfe eines Arztes beenden zu können. Deshalb ist unsere Organisation einer der Hauptkläger gegen den Paragraf 217“, erklärt Weber, der neben Baden-Baden auch für die anderen badischen Kontaktstellen von Mannheim bis zum Bodensee verantwortlich ist. Außer der DGHS klagen aber auch diverse Sterbehilfevereine und schwerkranke Patienten gegen den Paragraf 217. Im Herbst entscheidet das Bundesverfassungsgericht schließlich über eine mögliche Gesetzesänderung.

In der Bevölkerung liegt die Zustimmung bei fast 70 Prozent.

Auf die Frage nach aktuellen Prognosen hin, kramt Weber unverzüglich eine Ausgabe der DGHS-Zeitschrift „Humanes Leben – Humanes Sterben“ hervor. Die Deckblattüberschrift „Karlsruhe lässt hoffen“ zeigt den Optimismus der DGHS im Vorfeld der bevorstehenden Entscheidung. „In der Bevölkerung liegt die Zustimmung bei fast 70 Prozent. Und im Bundesverfassungsgericht gibt es auch eine gewisse Tendenz zu unseren Gunsten. Natürlich ist das lange nichts Festes, aber es lässt hoffen“, meint Weber. Mittlerweile hat die DGHS ihre konkreten Vorstellungen auch in einem eigenen Gesetzesentwurf festgehalten.

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Für ein Recht auf Selbstbestimmung spricht sich Bernhard Weber von der DGHS beim BNN-Besuch aus. Foto: Mahler

„Grundsätzlich soll der assistierte Suizid jedem zugänglich sein, niemanden benachteiligen und nicht profitorientiert sein“, meint Weber. Im Falle der Schweiz spricht er sinnbildlich von „Sterbetourismus“, weil sich dort die Kosten für den assistierten Freitod inklusive Beerdigung, Aufenthalt und Anreise auf insgesamt bis zu 10 000 Euro belaufen können.

Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben ist die bundesweit älteste und größte Patientenschutzorganisation in Deutschland. Mit etwa 23 000 Mitgliedern versteht sie sich seit ihrer Gründung im Jahr 1980 als Bürgerrechtsbewegung zur Durchsetzung des Patientenwillens und des Selbstbestimmungsrechts. Dabei zielt die DGHS darauf ab, dass die Würde des Menschen auch im Sterben bewahrt bleibt.

Neben dem finanziellen Aspekt müsse der begleitete Suizid zudem mit strengen Vorschriften einhergehen. Er dürfe nur eine Option sein, wenn aus medizinischer Sicht eine Heilung unmöglich ist. „Gerade auf ältere Leute soll unter keinen Umständen Druck von außen ausgeübt werden. Wenn diesen das Gefühl gegeben wird, dass sie niemandem zur Last fallen dürfen, ist das ein riesiges Problem“, sagt Weber, der auch die Wichtigkeit einer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht hervorhebt.

Deshalb ist es wichtig, sich Gedanken zu machen, was man möchte und was nicht.

Denn je nach gesundheitlicher Lage ist es teils unmöglich, den genauen Willen der betroffenen Person herauszufinden. Damit es nicht soweit kommt, hält die Patientenverfügung die Behandlungsentscheidung eines Menschen fest. „Ob mit sieben, 17 oder 47 Jahren. Der Tod kann jeden treffen. Deshalb ist es wichtig, sich Gedanken zu machen, was man möchte und was nicht“, verdeutlicht Weber.

Hospiz als Alternative

Doch zunächst erfolgt die Konfrontation mit der Grundsatzfrage, ob Leben überhaupt künstlich beendet werden sollte. Schließlich gibt es die Palliativmedizin oder Hospize als Alternative zum Freitod. Der assistierte Suizid schließe die Alternativen aber auf keinen Fall aus, findet Weber. „Auch im Hospiz bietet der assistierte Suizid noch die Option, zum selbst gewählten Zeitpunkt zu sterben“, erläutert er.

Damit sich Interessenten informieren können, hat Weber am 16. Oktober eine Veranstaltung in Lichtental organisiert. Am Telefon bleibt ihm nach wie vor nur die Möglichkeit, auf das gesetzliche Verbot aufmerksam zu machen.

Gerhard Köble, Freitodbegleiter in der Schweiz, hält am Mittwoch, den 16. Oktober, ab 18 Uhr im Löwensaal Lichtental einen Vortrag über den assistierten Suizid. Köble gibt den Zuschauern einen Einblick in seine Erlebnisse und die verschiedenen Abläufe einer solchen Behandlung.

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