
Baden-Baden ist eine alte Stadt. Wie alt genau, das ist immer auch etwas Interpretationssache. Knapp 800 Jahre, wenn es nach dem Stadtrecht geht. Exakt 47 Jahre, wenn man das Durchschnittsalter heranzieht.
Seit Jahren und Jahrzehnten ist die Kurstadt an der Oos damit der Älteste aller Kreise im Land in Sachen Altersstruktur der Bevölkerung. Doch zum ersten Mal seit Langem hat sich die Kurstadt merklich verjüngt – und liegt damit im Trend der übrigen mittelbadischen Kreise.
Flüchtlinge sind im Schnitt elf Jahre jünger als Wohnbevölkerung
Woran das liegt ist schnell erklärt, im Wesentlichen mit einem Satz: Am Zuzug ukrainischer Flüchtlinge. Denn deren Durchschnittsalter ist tendenziell deutlich jünger als das der Wohnbevölkerung.
„Dadurch wurde – zumindest vorübergehend – die Alterung der Bevölkerung verringert oder sogar gestoppt“, konstatiert Werner Brachat-Schwarz vom Statistischen Landesamt in Stuttgart. Besonders deutlich zeigt sich das an der Oos.
Rund 2.770 Flüchtlinge aus der Ukraine hat die Kurstadt seit Beginn der Kriegshandlungen aufgenommen. Das entspricht der städtischen Pressestelle zufolge knapp 4,4 Prozent der Wohnbevölkerung. Das Durchschnittsalter aller in Baden-Badener Unterkünften aufgenommen Ukraine-Flüchtlinge liegt mit 36 Jahren aber satte elf Jahre unter dem Altersschnitt der Wohnbevölkerung im Stadtkreis.
Der lag Ende 2021 bei 47,2 Jahren und sank im Verlauf des Jahres 2022 auf besagte 47,0 Jahre. Ähnliche Tendenzen zeigen auch der Landkreis Rastatt (45,2 Jahre 2021 und 45,1 Jahre 2022), der Ortenaukreis (2021: 44,3; 2022: 44,2) und der Landkreis Karlsruhe (2021: 44,8; 2022: 44,7).

Generell behält Baden-Baden aber natürlich seine Spitzenposition beim Durchschnittsalter: Der nächst ältere Kreis ist der Main-Tauber-Kreis mit durchschnittlich 45,4 Jahren. Die Gründe dafür sind im Großen und Ganzen längst bekannt – auch wenn die städtische Pressestelle auf Anfrage darüber lieber „nicht mutmaßen“ möchte und „eine verifizierte Aussage leider nicht möglich“ sei.
Doch die Erklärung des ehemaligen Stadtpressesprechers Roland Seiter aus dem Jahr 2022 kann auch ein Jahr später noch als gültig erachtet werden. Der mondäne Ruf, der Kurstadtstatus und die damit einhergehende gute Infrastruktur, aber auch die Lage in Süddeutschland an sich lockten viele Menschen für die letzten Lebensjahrzehnte an die Oos, so Seiter damals.
Ähnliche Punkte nennt auch das Statistische Landesamt. Ein Trend, den Seiter zufolge übrigens auch andere touristisch geprägte Kommunen im Süden der Republik bemerkten – etwa Garmisch-Partenkirchen.
Trend der Abwanderung in große Städte schwächt sich ab
Zum anderen hat Baden-Baden wie jede mittelgroße, im ländlichen Bereich liegende Stadt damit zu kämpfen, dass junge Leute vermehrt in die Großstädte abwandern, weil dort Studien- und Arbeitsangebote oft vielfältiger und vermehrt verfügbar sind. Ein Trend, dem aber auch viele Kommunen der umliegenden Landkreise unterworfen sind.
Und ein Trend, der sich Statistiker Brachat-Schwarz zufolge langsam abschwächt – „wohl vor allem wegen der Wohnungsknappheit und den damit verbunden hohen Wohungskosten“, erklärt der Experte.
Dort, wo die Bevölkerung bereits relativ alt war wie vor allem in Baden-Baden, wuchsen im Laufe der Jahre relativ wenige in ein höheres Alter verglichen mit bisher eher jungen Kreisen.Werner Brachat-Schwarz
Statistisches Landesamt
Generell gilt zudem, dass die Alterung vor allem in den Stadtkreisen, die Anfang der 1970er-Jahre noch ohne Ausnahme die im Schnitt älteste Bevölkerung der 44 Kreise aufwiesen, langsamer verlaufen ist als im Landesdurchschnitt; dagegen verlief in den meisten Kreisen mit einer damals eher jungen Bevölkerung die Alterung überdurchschnittlich.
So ist Baden-Baden im Schnitt seit 1995 gerade einmal 2,6 Jahre älter geworden, der Landkreis Rastatt aber um 5,3 Jahre (Ortenaukreis + 5,3; Landkreis Karlsruhe + 5,5).
Brachat-Schwarz erklärt: „Dort, wo die Bevölkerung bereits relativ alt war wie vor allem in Baden-Baden, wuchsen im Laufe der Jahre relativ wenige in ein höheres Alter verglichen mit bisher eher jungen Kreisen.“
Das unterstreicht auch die Stadt selbst. Aus dem Rathaus heißt es: Ein Vergleich mit den Entwicklungen auf Landesebene zeigt, dass die zukünftigen Veränderungen in der Altersstruktur im Stadtkreis Baden-Baden deutlich geringer ausfallen werden als in Baden-Württemberg insgesamt.
Baden-Württemberger sind im Schnitt neun Jahre älter als 1970
In der Gesamtbetrachtung war die Bevölkerung Baden-Württembergs nach Feststellung des Statistischen Landesamtes am Ende des Jahres 2022 im Durchschnitt 43,8 Jahre alt und damit um rund neun Jahre älter als noch 1970.
Das Durchschnittsalter der weiblichen Bevölkerung lag zuletzt mit 45 Jahren um 2,5 Jahre höher als das der männlichen Einwohner. Das liegt den Statistikern zufolge schlicht an der höheren Lebenserwartung der Frauen.
Älteste Kommune ist Ibach im Kreis Waldshut
Innerhalb des Landes zeigen sich deutliche Unterschiede: Von den 44 Stadt- und Landkreisen weist Heidelberg mit durchschnittlich 40,7 Jahren die jüngste Bevölkerung auf, Baden-Baden die älteste. Betrachtet man die Makroebene der Kommunen, wird das hohe Durchschnittsalter der Bevölkerung in Baden-Baden aber noch von immerhin 44 Gemeinden übertroffen. Am höchsten liegt es im Erholungsort Ibach, der kleinsten Gemeinde im Landkreis Waldshut, mit 53,4 Jahren.