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Für Kinder in Not

Eltern auf Zeit: Stadt Baden-Baden sucht dringend Pflegefamilien

Die Stadt Baden-Baden sucht dringend Menschen, die Kinder aus in Not geratenen Familien auf Zeit in Pflege nehmen.

Eine Frau steht beim Kinder- und Jugendhilfe-Verbund mit einem Kind im Arm vor einem Plakat mit der Aufschrift "Pflegekinder machen dein Leben bunter".
Pflegekinder-Symbolfoto Foto: Marc Tirl/dpa

Verantwortlich bei der Vermittlung ist der städtische Pflegekinderdienst.

Eine Ansprechpartnerin ist Anna Kottler. Im Interview mit BNN-Mitarbeiterin Katrin König-Derki sprach sie über den großen Bedarf an Plätzen für die Kinder, aber auch über die Voraussetzungen, die Pflegeeltern mitbringen sollten.

Wie viele Kinder sind in Baden-Baden derzeit in Pflegefamilien untergebracht?
Kottler

Der Pflegekinderdienst begleitet zum heutigen Stand 34 Kinder, davon 24 in Pflegefamilien und sieben in Verwandtschaftspflege. Drei befinden sich in einer professionellen Erziehungsstelle. Dort muss mindestens ein Pflegeelternteil eine pädagogische Qualifikation haben. Insgesamt sind 29 Pflegefamilien für die Stadt tätig, jedoch sind nicht alle in Baden-Baden wohnhaft. Dies ist aber erstrebenswert, da die Kinder dann nicht aus ihrem gewohnten Umfeld genommen werden müssen und die Umgangskontakte mit Eltern, Geschwistern und anderen nahe stehenden Angehörigen leichter sind.

Welche Gründe können dazu führen, dass die Kinder nicht bei ihren Eltern bleiben?
Kottler

Die Ursachen sind vielfältig. Häufig leben die Eltern in prekären Lebenssituationen, sind von Transferleistungen abhängig, alleinerziehend oder sehr jung. Sie sind überfordert und mit ihren Sorgen an Grenzen gekommen. Das Wohl der Kinder gerät aus ihrem Blick, Strukturen und Regeln haben sich aufgelöst und die Kinder werden physischen und psychischen Gefahren ausgesetzt. Weiter können schwere Erkrankungen, auch psychischer Art, Alkohol- und Drogenabhängigkeit sowie Obdachlosigkeit ursächlich sein. In einigen Fällen kommt es zu Gewalt, zu Misshandlungen oder Missbrauch der Kinder. Auch bei Inhaftierung oder Tod der Eltern müssen Lösungen erarbeitet werden.

Welche Voraussetzungen sollten Pflegeeltern mitbringen?
Kottler

Sie sollten stabile Persönlichkeiten sein, Kapazitäten für die ihnen anvertrauten Kinder frei haben, über gefestigte finanzielle Grundlagen verfügen, genügend kindgerechten Wohnraum und ein gutes Umfeld haben. Von Vorteil ist, wenn sie vernetzt sind und familienkompatible Freizeitgewohnheiten haben. Sie sollten in der Lage sein, eigene Interessen zurückzustellen, Freude am Umgang mit Kindern und Interesse an ihren Sorgen haben sowie eine gehörige Portion Optimismus und Humor. Wichtig ist, die Kinder so zu nehmen, wie sie sind, und Fortschritte mit ihnen zu feiern. Kinder benötigen Zeit von Erwachsenen! Einzelpersonen brauchen ein gutes Netzwerk. Haustiere sind übrigens immer sehr willkommen.

Wie ist das Procedere, wenn man ein Kind aufnehmen möchte?
Kottler

Nach ersten Informationsgesprächen mit den potenziellen Pflegeeltern überprüfen wir deren Geeignetheit. Es wird ein erweitertes Führungszeugnis von jedem volljährigen Haushaltsangehörigen benötigt sowie ein Gesundheitszeugnis der Pflegeeltern. Ebenso sollte die finanzielle Situation offen gelegt werden. Gespräche und Hausbesuche folgen. Die Pflegeeltern müssen einen Qualifizierungskurs absolvieren. Erst dann kommen sie in einen Pool. Sobald sich beim Allgemeinen Sozialen Dienst ein Bedarf zeigt, wird nach passenden Pflegeeltern gesucht. Deren Wünsche zu Alter, Geschlecht und Status des Kindes werden berücksichtigt. Dann werden die Pflegeeltern angerufen und über die Möglichkeit informiert - meist mit dem Hinweis, sich vor einer Entscheidung erstmal Zeit zu lassen. Fällt diese positiv aus, werden sie weiterhin fachlich und überdies finanziell unterstützt.

Wie lange sind die Kinder erfahrungsgemäß in Pflegefamilien untergebracht?
Kottler

Das kann sehr unterschiedlich sein. Die Frage ist, ob die leiblichen Eltern die gewünschten Veränderungen herbeiführen. Insofern sind Pflegeeltern grundsätzlich erst einmal „Eltern auf Zeit“ für die ihnen anvertrauten Kinder. Das Ziel sollte stets deren Rückführung in ihre Familien sein. Jedoch ist dieses Gelingen von vielzähligen Faktoren abhängig, so dass ein dauerhafter Verbleib, längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, erforderlich werden kann.

Ist die Alternative zur Pflegefamilie das Kinderheim?
Kottler

Pflegefamilien sind für Kinder unter sechs Jahren, aber auch für manche Grundschulkinder die beste Wahl. Dort erhalten sie das familiäre Gefüge, das sie für eine gesunde Entwicklung benötigen. Wenige Ansprechpersonen stehen ihnen rund um die Uhr zur Verfügung, geben ihnen Geborgenheit und Schutz in Form von verlässlichen Strukturen und die Sicherheit, genügend Nahrung zu erhalten. Sie stehen mit ihnen Schwierigkeiten und Krisen durch und können das kindliche Bedürfnis nach Zugehörigkeit befriedigen. Kinderheime haben ihre Berechtigung, wenn professionelle Hilfe nötig wird, wenn Kinder sich nicht in familiäre Strukturen eingewöhnen können und den Rahmen einer normalen Familie sprengen würden.

Hat sich das Konzept der Pflegefamilien bewährt?
Kottler

Pflegeeltern haben die Aufgabe, mit den leiblichen Eltern und dem Jugendamt zum Wohl des Kindes zusammenzuarbeiten. Gelingt dies, haben die Kinder die beste Chance, als Erwachsene ein zufriedenes Leben zu führen. Was bei den Kindern immer bleibt, ist die Gewissheit, dass ihre Pflegeeltern sich die größte Mühe gegeben haben, ihnen eine glückliche und unbeschwerte Zeit zu bieten. Sie konnten Kinder sein.

Service

Für interessierte Personen findet am 28. April ab 18 Uhr im Zentrum für Arbeit und Soziales, Gewerbepark Cité 1, ein Info-Abend zum Thema „Vollzeitpflege“ statt. Informationen gibt es auch direkt beim Pflegekinderdienst der Stadt Baden-Baden. Ansprechpartner sind Anna Kottler, Rufnummer 07221/931466, E-Mail anna.kottler@baden-baden.de, sowie Ute Hennig, Rufnummer 07221/931443, E-Mail ute.hennig@baden-baden.de

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