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Baden-Baden

Erbschleicher-Prozess: Ehemalige Rechtsanwältin und Mann sollen über 500.000 Euro zurückzahlen

Ein Ehepaar aus der Region soll mehr als 500.000 Euro Schadenersatz zahlen: Das Paar hat nach Einschätzung des Landgerichts Baden-Baden eine alte Dame um ihr Vermögen gebracht und wurde deshalb auch schon zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Langer Prozess: Seit 2017 beschäftigt sich das Landgericht mit dem Fall. Nach dem Ende des Strafprozesses ist nun auch im Zivilverfahren ein Urteil gefallen.
Langer Prozess: Seit 2017 beschäftigt sich das Landgericht mit dem Fall. Nach dem Ende des Strafprozesses ist nun auch im Zivilverfahren ein Urteil gefallen. Foto: Sarah Reith (Archiv)

Vor fast vier Jahren sind eine Rechtsanwältin aus der Region und ihr Ehemann, ein Steuerberater, vor dem Baden-Badener Landgericht zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden.

Die Angeklagte wurde in dem Mammut-Prozess für schuldig befunden, sich unterstützt von ihrem Mann große Teile des Vermögens einer wohlhabenden alten Dame angeeignet zu haben. Nun ist das Paar auch zivilrechtlich verurteilt worden – und sollen mehr als 500.000 Euro zurückzahlen.

Erbschleicher-Prozess in Baden-Baden ist komplex

Der zugrundeliegende Fall ist komplex: Zentraler Punkt in dem Strafprozess, der sich ab 2017 über mehr als 60 Verhandlungstage hingezogen hatte, war der Gesundheitszustand der damals schon verstorbenen Frau gewesen. Es war darum gegangen, wie weit deren Demenz zu welchem Zeitpunkt fortgeschritten war.

Das Urteil des Gerichts war im März 2019 eindeutig ausgefallen: Die alte Frau habe eine mittelschwere Demenzerkrankung gehabt, als das angeklagte Paar sie kennenlernte.

Sie sei also nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gewesen, als man sich über mehrere Jahre ihr Vermögen einverleibte. Die ehemalige Rechtsanwältin wurde vor diesem Hintergrund wegen Untreue in 39 Fällen sowie versuchten Betrugs zu sieben Jahren Haft verurteilt, der Ehemann wegen Beihilfe zur Untreue zu drei Jahren Haft.

Zivilrechtliche Klärung erfolgt separat

Zivilrechtlich war die Angelegenheit damit aber noch längst nicht geklärt. Ein erstes Verfahren wurde Ende 2021 entschieden: Dieses hatte bereits 2017 begonnen, war aber während des Strafprozesses ausgesetzt worden. Die ehemalige Rechtsanwältin wollte jedoch auch nach ihrer Verurteilung gerichtlich feststellen lassen, dass sie die Erbin der von ihr einst betreuten alten Dame sei. Diese Klage wurde abgewiesen.

Bei weiteren Zivilverfahren waren die ehemalige Rechtsanwältin und ihr Mann die Beklagten. Der zum Nachlasspfleger bestimmte Rechtsanwalt Jan Rassek klagte im Sinne seiner Aufgabe, den Nachlass zu sichern, für die noch nicht feststehenden Erben der alten Dame. Wie das Gericht an diesem Mittwoch mitteilte, hat die dritte Zivilkammer des Landgerichts in der vergangenen Woche nun ein Urteil gefällt.

Demnach sollen die ehemalige Rechtsanwältin und ihr Ehemann, ein vormaliger Steuerberater, zusammen insgesamt rund 501.000 Euro Schadenersatz zahlen – wegen der Veruntreuung des Vermögens der alten Dame. Weitere knapp 12.000 Euro Schadenersatz soll die ehemalige Rechtsanwältin allein bezahlen. Eine Klage auf Zahlung von zusätzlich rund 224.000 Euro Schadenersatz ist dagegen abgewiesen worden.

Bei Berufung wäre Oberlandesgericht Karlsruhe zuständig

Zur Begründung hat sich die Zivilkammer im Wesentlichen auf Feststellungen aus dem Strafurteil von 2019 gestützt. Nach Auffassung der Zivilkammer wurden diese Feststellungen „von den Beklagten im Zivilverfahren nicht widerlegt“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.

Dass die 224.000 Euro, die der Nachlasspfleger ebenfalls eingeklagt hatte, von dem Ehepaar nicht bezahlt werden müssen, wird in der Mitteilung ebenfalls mit Verweis auf das Strafverfahren begründet.

Soweit die Zivilkammer die Klage teilweise abgewiesen habe, seien „entsprechende Vorgänge nicht Gegenstand des Strafurteils gewesen“. Schadensersatzansprüche der damals Betreuten gegen die Beklagten seien in diesen Fällen „nicht schlüssig“.

Das nun öffentlich gemachte Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig: Sowohl der Nachlasspfleger als Kläger als auch die frühere Rechtsanwältin und ihr Ehemann können dagegen innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung einlegen.

In diesem Fall wäre dann das Oberlandesgericht Karlsruhe zuständig. Es bleibt also abzuwarten, ob der Fall noch weitere Jahre die Gerichte beschäftigen wird oder damit das letzte Kapitel der schier unendlichen Geschichte erzählt ist.

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