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Dekan bietet Führungen an

Gerüst in Baden-Badener Stiftskirche ermöglicht anderen Blick auf Markgraf Ludwig Wilhelm

Eine solche Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder: Über ein eigens angefertigtes Gerüst können Besucher der Stiftskirche in Baden-Baden Markgraf Ludwig Wilhelm auf Augenhöhe begegnen.

Über ein eigens erstelltes Gerüst können Besucher der Stiftskirche in Baden-Baden dem „Türkenlouis“ ganz nahe kommen.
Das Grabmal von Markgraf Ludwig Wilhelm ist altarartig aufgebaut. Foto: Andrea Fabry

Es ist eine außergewöhnliche Gelegenheit, die so schnell auf keinen Fall wiederkommen wird. In Baden-Baden wird sie derzeit rege genutzt: Noch bis einschließlich Sonntag können Besucher der Baustelle Stiftskirche auf einem eigens angefertigten Gerüst dem Denkmal für Markgraf Ludwig Wilhelm - besser bekannt als „Türkenlouis“ - auf Augenhöhe begegnen.

Dekan Michael Teipel hat sich zudem wegen der großen Resonanz entschlossen, weitere Führungen anzubieten: Am Freitag und Sonntag jeweils ab 16 Uhr. Interessierte können ohne Anmeldung kommen, sagt Carl-Georg Gruner von der Kirchengemeinde.

Ehrenamtliche der Gemeinde beantworten Fragen

Noch bis voraussichtlich Ostern ist die Stiftskirche am Marktplatz eine Großbaustelle und eigentlich nicht zugänglich. Interessierte Besucher können jedoch noch bis einschließlich Sonntag, 18. Dezember, täglich zwischen 14 und 18 Uhr einen Blick in eine der bedeutendsten Kirchen Badens werfen.

Der Zugang erfolgt über die zweite Tür an der Seite zum Markplatz. Entsprechende Markierungen sind vor Ort angebracht. Einen ganz besonderen Reiz strahlt dabei offenbar das Epitaph des Markgrafen Ludwig Wilhelm aus. Der Kirchenmann hat bei den Führungen einige Anekdoten und zahlreiche Hintergrundinformationen zu dem Grabmal parat.

Aber auch ohne die Erläuterungen des Dekans ist ein Besuch lohnenswert, findet nicht nur Gruner. Nach seinen Angaben stehen Ehrenamtliche der Gemeinde bei Fragen zur Verfügung.

Zudem gibt es Flyer und Info-Tafeln mit wertvollen Erläuterungen zu dem badischen Markgraf, der 1655 in Paris geboren wurde und 1707 in Rastatt verstarb. Er war Regent der Markgrafschaft Baden-Baden, erbaute das Schloss in Rastatt und führte das Kaiserliche Heer als Generalleutnant.

„Sonnenkönig“ war Taufpate des „Türkenlouis“

Wegen seiner Erfolge als Feldherr im Großen Türkenkrieg erhielt er schon zu Lebzeiten den Namen „Türkenlouis“. Sein Taufpate war kein geringerer als König Louis XIV., der legendäre französische „Sonnenkönig“ und Bauherr von Schloss Versailles.

Das mächtige Bauwerk bei Paris mit seiner großzügigen Gartenanlage ist ein imposantes Zeugnis seiner absolutistischen Herrschaft. In der Stiftskirche erfährt der interessierte Besucher auf einer Infotafel etwa, dass das Epitaph im Jahr 1753 im Stil des Rokoko entstand.

Verwendet wurden Gips, Stuckmarmor, Metallelemente und Teile wurden auch vergoldet. Das Besondere an dem Grabmal: seine Motivvielfalt aus osmanischer Welt und christlich-abendländischer Ikonographie.

Monumentales barockes Epitaph

Soldaten des französischen Sonnenkönigs meinte es aber nicht gut mit Baden-Baden. Sie brannten im Jahr 1689 die Stadt samt dem Neuen Schloss und der Stiftskirche nieder. Ludwig Wilhelms Sohn, Markgraf Ludwig Georg, ist auf der Tafel weiter zu lesen, ließ das Gotteshaus wiederherstellen.

Dabei errichtete er seinem Vater ein monumentales barockes Epitaph. Herz und Organe des „Türkenlouis“ wurden übrigens im Kloster Lichtenthal beigesetzt.

Das Grabmal zeigt Ludwig Wilhelm als Feldherrn über einem Sarkophag in einem altarartigen Aufbau. Der Markgraf ist umgeben von Figuren der Tapferkeit (links), der Gerechtigkeit (rechts) und der Weisheit, außerdem von von Fahnen, Kanonenrohen und Festungsplänen.

Das Grabmal zu Ehren des Markgrafen Ludwig Wilhelm, besser bekannt als „Türkenlouis“, in der Stiftskirche in Baden-Baden.
Das Grabmal zu Ehren des Markgrafen Ludwig Wilhelm, besser bekannt als „Türkenlouis“, in der Stiftskirche in Baden-Baden. Foto: Bernd Kamleitner

Zur Entstehung des verherrlichenden Denkmals gibt es eine dramatische Geschichte. Es wurde von dem Stuckateur Johann Schütz geschaffen, der für die Rokoko-Stuckaturen im Rastatter Schloss zuständig war. Die Arbeiten in der Stiftskirche überlebte er nicht. Er stürzte vom Gerüst und verstarb.

Besuchern wird festes Schuhwerk empfohlen

Vom Gerüst zu stürzen, das müssen Besucher des „Türkenlouis“-Denkmals nicht fürchten, wenn sie sich an die Vorgaben halten. Über das eigens für diesen Zweck erstellte stabile Gerüst kommen die Interessenten bis fast unter das Dach. „Das Geld haben wir investiert“, berichtet Gruner. Besuchern wird festes Schuhwerk empfohlen.

Die Resonanz spricht für sich. Allein am Tag des offenen Denkmals wurden rund 300 Besucher gezählt. Auch eine Aktion von BNN und BT war stark nachgefragt. 30 Leserinnen und Leser durften an einer exklusiven Führung mit dem Dekan teilnehmen.

Aufgrund der regen Nachfrage hält Gruner in weiteren Bauphasen weitere Führungen für möglich. Aber dann nicht über ein eigens angefertigtes Gerüst. Auch an Baustellengottesdienste wird gedacht.

Von der Baustelle gibt es derzeit noch eine andere gute Nachricht: Die Kosten für das Millionenprojekt liegen im vorgegebenen Rahmen, auch der Zeitplan ist bislang nicht durcheinander geraten.

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