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Franchisesystem auf dem Prüfstand

Grenke lässt sein Aufsichtsmandat ruhen

Die Baden-Badener Grenke AG stellt ihr Franchisesystem auf den Prüfstand. Unternehmensgründer Wolfgang Grenke will Vertrauen zurückgewinnen und lässt sein Aufsichtsratsmandat ruhen, bis alle Vorwürfe geklärt sind. Und da ist da noch die Familie Grenke als Ankeraktionärin.

 Wolfgang Grenke
Wirbt um Vertrauen: Wolfgang Grenke lässt sein Amt als stellvertretender Aufsichtsratschef der Grenke AG ab sofort ruhen, bis alle Vorwürfe geklärt sind. Das Unternehmen ist nach wie vor im Krisenmodus. Foto: Marijan Murat/dpa

Vertrauen ist eine harte Währung in der Branche der Grenke AG: Ohne ein solches kauft kein Anleger die Aktien des Baden-Badener MDax-Unternehmens. Das ist zudem darauf angewiesen, dass es für seine Anleihen stets genügend Interessenten gibt – denn mit diesen finanziert die Grenke AG den Kauf von Computer, Drucker, Kopierer & Co. Die Geräte werden kleinen und mittelständischen Unternehmen per Leasingvertrag zur Verfügung gestellt. Und um neuen Kunden zu gewinnen oder bestehende zu halten, braucht es ebenfalls Vertrauen.

Das will sich Wolfgang Grenke neu erarbeiten – indem er verzichtet: Der 69-Jährige lässt sein Amt als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ruhen. „Wir rechnen es Wolfgang Grenke hoch an“, kommt es erleichtert von Ernst-Moritz Lipp, dem Chef des Kontrollgremiums. „Er gibt uns damit die Zeit, ohne jedweden Interessenskonflikt die Zukunft zu gestalten.“

Es ist das komplizierte Geflecht rund um das Franchisesystem, das die Grenke AG und ihren Gründer nach wie vor im Krisenmodus hält – daran hat die Pressekonferenz von Ende vergangener Woche nichts geändert, wie das Verhalten der Börsianer zeigt. Der Vorwurf der Vetternwirtschaft des britischen Investors Fraser Perring steht nach wie vor im Raum – selbst, falls es dabei letztlich nur um eine moralische Frage gehen sollte. So, wie das System dem Anschein nach bislang lief, habe es zumindest ein Geschmäckle, wie der Badener sagt.

McDonald’s, TUI-Reisebüros, Apollo-Optik: Franchisesysteme selbst sind bewährt

Franchisesysteme waren in der deutschen Bevölkerung vor Jahrzehnten noch umstritten. Dies lag vor allem daran, weil man diesem amerikanischen Geschäftemodell und Nutzern wie McDonald’s nicht so recht über den Weg traute. Doch diese Skepsis ist unberechtigt: Auch TUI mit Reisebüros, die Schülerhilfe, Fressnapf, Apollo-Optik und unzählige weitere Unternehmen nutzen das System, bei dem ein Franchisegeber sein Geschäftskonzept rechtlich selbstständigen Unternehmen gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Auch dass ein Konzern das Unternehmen seines Franchisenehmers später abkaufen kann, ist üblich.

Bewährt ist ebenso, dass Geschäftsführer Minderheitsgesellschafter werden, wenn es um die Expansion geht – weil das die Motivation erhöht, erfolgreich zu sein. Media Markt setzte viele Jahre mit großem Erfolg in den Vor-Ort-Geschäften Miteigentümer ein: die jeweiligen Filialeiter.

Bei der Grenke AG ist es hingegen reichlich verworrener. Das wurde einer breiten Öffentlichkeit letztlich durch die Attacke des Spekulanten Fraser Perring bekannt. Extrem vereinfacht läuft es bislang so: Ex-Manager der Grenke AG werden Geschäftsführer eines Franchiseunternehmens, das für die Grenke AG einen neuen Auslandsmarkt erobern soll.

Vor allem aber die CTP Handels- und Beteiligungs-GmbH (Wien) zählt dabei zu den Finanzinvestoren. Seit diesem Jahr gehört Wolfgang Grenke die CTP, wie die Baden-Badener einräumen. Perring geht von einer personellen Verwicklung schon viel früher aus. Es dreht sich wie immer ums Geld: Denn einige Jahre nach Gründung der Franchisegesellschaft wird diese in der Regel von der Grenke AG aufgekauft.

Grenke bietet an, seine CTP-Franchisebeteiligungen nach Baden-Baden zu verkaufen

Der Hinweis, dass dieses Modell zum Erfolg der Grenke-Gruppe in mittlerweile 33 Ländern beigetragen hat, reicht der Öffentlichkeit offenbar nicht. Deswegen haben Konzern und Gründerfamilie übers Wochenende ein Paket geschnürt, das Vertrauen schaffen soll: Erstens lässt Wolfgang Grenke sein Aufsichtsratsmandat ruhen, bis alle Vorwürfe geklärt sind.

Zweitens prüft die Grenke AG die Integration des Franchisesystems in den Konzern. In diesem Zusammenhang bietet Wolfgang Grenke an, seine über die CTP gehandelten Beteiligungen an den Franchisegesellschaften an den Konzern zu verkaufen. Drittens beaufragen die Baden-Badener eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Marktüblichkeit der Franchise-Übernahmen zu überprüfen.

Punkt vier dürfte vor allem für die 1.700 Mitarbeiter des Konzern wichtig sein, die natürlich bangen, wie es mit dem Unternehmen weitergeht. „Familie Grenke bekräftigt ihr Bekenntnis zum Unternehmen“, heißt es da. Sie bleibt also mit knapp 41 Prozent der Ankeraktionär. Hohe Beteiligungen von Familien an Unternehmen stehen gemeinhin für (Orientierungs-)Sicherheit. BMW mit Stefan Quandt und dessen Schwester Susanne Klatten sind hier ein Beispiel.

Vertrauen braucht Grenke auch für seine Ehrenämter

Und was wird aus Grenkes Ehrenämtern? Als Grandseigneur bekam er immer große Zustimmung aus der Wirtschaft, als es um seine Wahl zum Präsidenten der Industrie- und Handelskammer und des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages ging. Grenke ist außerdem seit 2018 Vizepräsident von Eurochambres in Brüssel.

Lautstark fordert bislang kein Unternehmer seinen Rücktritt – im Gegenteil. Tenor ist, dass Investor Perring der böse Bube im Spiel sei, schließlich hat er an der Börse gegen die Grenke AG gezockt. Aber wenn es um die Wiederwahl in die Ämter geht, sollen alle Gründe für Kritik und Misstrauen aus der Welt geschaffen sein – daran dürfte am meisten Grenke selbst gelegen sein. Es ist halt wie vieles im Leben eine Vertrauenssache.

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