Die drohende Schließung der Baden-Badener Spielbank sorgte seit dem Ende der 1850er Jahre für aufgeregte Diskussionen, die insbesondere von Medizinern angestoßen wurde. Kann die Stadt in Zukunft im Vergleich zu den Mitbewerbern konkurrenzfähig bleiben, lautete die bange Frage.
Vernachlässigung der Therapie
Die Vernachlässigung der Therapie zugunsten des Vergnügens in der großen Ära der Spielbankpächter Bénazet seit 1838 war nicht im Sinne der Mediziner, so dass sie das Ende des Glücksspiels als Chance begriffen. Zumindest sie hatten keine Angst vor einer möglichen Krise. Die ersten, noch sehr bescheidenen Pläne für ein neues Kurbad legte Bezirksbauinspektor Lukas Engesser 1859 vor. Immerhin schickte die badische Regierung Engesser auf eine Informationsreise nach Hamburg, Berlin und Dresden. Realisiert wurde der Entwurf des Bezirksbauinspektors allerdings nicht.
Diskussion über die Zukunft
Nun war die Diskussion über die Zukunft allerdings nicht mehr zu stoppen. Der Großherzogliche Amtsarzt Julius Füsslin fordert in seiner Denkschrift im Jahr 1864 eine Modernisierung der Bäder und kritisiert die Zustände in Baden-Baden mit deutlichen Worten: „Die hiesigen Bade- und Heilanstalten entsprechen bekanntermaßen so wenig den Anforderungen der jetzigen Zeit wie den Einrichtungen der übrigen concurrirenden Badeorte … Man ist über die allereinfachste Benützung unserer reichen Quellenschätze, nämlich zu Thermalwasserbädern, nicht hinausgekommen.“ Es gab zu diesem Zeitpunkt lediglich das heute so genannte Alte Dampfbad auf dem Marktplatz, das 1846 bis 1848 nach einem Entwurf von Heinrich Hübsch erbaut wurde, und mit seinen engen Einzelbädern beim vergnügungssüchtigen Publikum nicht ankam.
Anderswo ist alles besser
Füsslin weist in seiner Denkschrift auf die vorbildlichen Anlagen in Bad Wildbad und Neuenahr hin und konstatiert, dass Wiesbaden und Homburg, die beiden anderen Hochburgen des Glücksspiels, viel besser auf die drohende Schließung der Spielbanken vorbereitet seien. Er regt den Neubau eines Kurbades am Hang des Florentinerberges an, wo 1869 tatsächlich mit dem Bau des Friedrichsbades begonnen wurde. Die beigefügten Planskizzen des Arztes haben wenig mit dem schließlich von Karl Dernfeld realisierten Projekt zu tun, doch formuliert Füsslin ein Raumprogramm mit Gesellschaftsbädern, das Beachtung fand.
Zweifelhaftes Glück
Ähnlich beurteilte Füsslins Kollege Carl Frech die Situation. „Die bisher besprochene Umwandlung der Kurorte in Vergnügungsplätze hat sich bei einzelnen derselben in einem Maße vollzogen, dass man unwillkürlich an die Glanzperiode der römischen Thermen erinnert wird“, schreibt 1870 der Medizinalrat und Großherzogliche Badearzt, der maßgeblich am Bau des Friedrichsbades beteiligt war. „Dies ist besonders bei den Kurorten der Fall, welche das zweifelhafte Glück einer öffentlichen Spielbank besitzen.“ Frech fordert erhebliche Investitionen in die Verbesserung der therapeutischen Einrichtungen.
Unvermeidliches Ende
„Dies ist um so notwendiger, als mit der unvermeidlichen Aufhebung der Spielbank im Jahre 1872 eine Aenderung bevorsteht, deren tief einschneidende Wirkung vorzugsweise das europäische Luxusbad treffen wird, und den Kampf um das Dasein für so manchen ernster und schwerer gestalten dürfte, als es bis jetzt der Fall war.“ Frech konstatiert, dass das Glücksspiel nicht nur Kurgästen, die Genesung oder Erholung suchten, sondern auch Familien den Aufenthalt in Baden-Baden nahezu unmöglich gemacht habe. In einer minuziösen Statistik weist der Medizinalrat nach, dass die Zahl der wirklichen Kurgäste in Baden-Baden neben den vergnügungssüchtigen Touristen verschwindend klein ist.