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Platzmangel in Kitas

Immer mehr ukrainische Flüchtlinge in Baden-Baden: Wie ist die Situation an den Schulen?

In keinem anderen Stadt- oder Landkreis in Baden-Württemberg leben derzeit im Verhältnis zu Bevölkerung mehr Flüchtlinge als in Baden-Baden. Das macht die Unterbringung in Kitas und Schulen schwierig.

Zuerst wird gespielt: Für viele Kinder aus der Ukraine gibt es keinen Kitaplatz. Ein- bis zweimal pro Woche dürfen sie aber in eine Spielgruppe.
Zuerst wird gespielt: Für viele Kinder aus der Ukraine gibt es keinen Kitaplatz. Ein- bis zweimal pro Woche dürfen sie aber in eine Spielgruppe. Foto: Bernd Settnik/dpa

Jede Woche kommen neue Flüchtlinge aus der Ukraine in Baden-Baden an, auch viele Kinder und Jugendliche sind darunter. Ihnen muss man Betreuung und Schulbildung anbieten – eine enorme Herausforderung.

Derzeit gibt es zum Beispiel in Kitas nur für einen Bruchteil der Kinder Plätze, auch die Schulen haben Probleme. Wie ist die aktuelle Situation in den verschiedenen Bereichen und was sind die dringlichsten Fragen? Ein Überblick.

Vier ukrainische Kinder aktuell in Kita betreut

Die große Anzahl von ukrainischen Flüchtlingen in Baden-Baden sorgt laut Bürgermeister Roland Kaiser (Grüne) für Schwierigkeiten, eine adäquate Versorgung an Schulen und Kitas zu gewährleisten.

Das geht schon bei den Kleinen los: 174 ukrainische Kinder im Alter von null bis sechs Jahren leben derzeit in der Kurstadt. 85 von ihnen wurden von ihren Eltern für einen Kitaplatz vorgemerkt. Das Problem: Für sie gibt es kaum Betreuungsplätze.

Nur vier Kinder aus der Ukraine werden aktuell in einer Kita betreut, weitere 25 wurden in Kindertagespflegeeinrichtungen untergebracht, wie der Fachgebietsleiter Bildung und Soziales, Christoph Rukavina-Gruner, berichtet.

Die restlichen Kinder können momentan nur Spielgruppen besuchen. Diese werden ein- bis zweimal pro Woche an vier Standorten angeboten und unter anderem mit Hilfe von Ehrenamtlichen realisiert.

Reaktivierung des Kindergartens Weststadt wird überlegt

Um das Betreuungsproblem zu lösen, sollen mittelfristig in Baden-Baden 154 weitere Kitaplätze geschaffen werden. Weitere 190 Plätze sind langfristig angedacht. Als ersten Erfolg nennt Fachgebietsleiter Christoph Rukavina-Gruner die Kita „Am Obstgarten“ in Steinbach mit 44 Plätzen, die dieser Tage in Betrieb gegangen ist.

Weitere Bauprojekte sollen bis Ende 2023 oder Anfang 2024 realisiert werden. So soll der Waldorfkindergarten in Sandweier um eine Gruppe erweitert werden, der Kindergarten Arche Noah in Lichtental um zwei Gruppen.

Zudem wird über eine Reaktivierung des ehemaligen Kindergartens Weststadt nachgedacht. Langfristig wird zum Beispiel auch in Neubaugebieten wie dem „Iffzer Weg“ oder „In der Au“ Bauland für Kindergärten reserviert. All das braucht aber viel Vorlauf, betont Bürgermeister Kaiser: Kurzfristig könne nur helfen, bestehende Gruppen mit mehr Kindern zu belegen.

Kinder unter 15 Jahren kommen in Vorbereitungsklassen

Auch an den Schulen ist die Dynamik enorm. In Baden-Baden sind laut Annemarie Harrer, Sachgebietsleiterin Schule und Sport, derzeit 465 ukrainische Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 19 Jahren gemeldet. Knapp 70 Prozent dieser Kinder und Jugendlichen wurden auch an einer Baden-Badener Schule angemeldet.

Kinder unter 15 Jahren kommen erst einmal in sogenannte Vorbereitungsklassen (VKL-Klassen), um Deutsch zu lernen. Neun VKL-Klassen gibt es bereits an Baden-Badener Grundschulen, weitere fünf an weiterführenden Schulen.

Eingliederung in Regelunterricht erst später angepeilt

An den Baden-Badener Gymnasien werden derzeit unterschiedliche Strategien verfolgt, sagt Matthias Schmauder. Anfangs habe man die Kinder überall direkt in den Regelunterricht aufgenommen und nebenher Deutschunterricht angeboten, berichtet der Schulleiter des Richard-Wagner-Gymnasiums (RWG).

Mittlerweile hätten einige Schulen, darunter das RWG, aber umgesteuert: Die Kinder würden im normalen Unterricht einfach zu wenig verstehen. Deshalb habe man nun ebenfalls eine VKL-Klasse gebildet und strebe eine Eingliederung in den Regelunterricht erst später an.

90 Prozent der Familien sagen, sie wollen wieder zurück in die Heimat

Rund 30 Prozent der ukrainischen Kinder und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter, die in Baden-Baden leben, besuchen derzeit keine Schule. „Es gibt ukrainische Eltern, die ihr Kind nicht an einer deutschen Schule anmelden wollen“, erläutert Schulamtsleiter Wolfgang Held.

Der Grund: „Bei ukrainischen Familien sagen über 90 Prozent: Wir wollen in die Heimat zurück.“ Diese Eltern bevorzugen es, wenn ihre Kinder weiter am Online-Unterricht der Ukraine teilnehmen. Derzeit laute der Auftrag des zuständigen Ministeriums, die Schulpflicht „nicht gewaltsam zu erzwingen“, so Held.

Daran werde man zumindest bis zu den Herbstferien festhalten. Abgesehen davon, dass es pädagogisch betrachtet abwegig sei, womöglich vom Krieg traumatisierte Kinder von der Polizei abholen zu lassen, um den Schulbesuch durchzusetzen, sei es in Anbetracht des dramatischen Lehrermangels schon schwierig genug, diejenigen angemessen zu unterrichten, die das wollten.

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