Skip to main content

Belastende Geschichten

Wie die Baden-Badener Gaskunden die Preiserhöhungen finden

Die Stadtwerke Baden-Baden haben ihre Kunden darüber informiert, dass sich der Gaspreis um rund 45 Prozent erhöht. Jetzt erreichen den Anbieter viele Rückmeldungen und Nachfragen. Vor allem Senioren melden sich mit belastenden Schilderungen ihrer Lage.

Blick auf den Gaszähler: Schon vor Putins Krieg wurde Erdgas teurer; die Situation hat sich jetzt nochmals zugespitzt.  Energieversorger kündigen auch in der Region Erhöhungen an.
Blick auf den Gaszähler: Schon vor Putins Krieg wurde Erdgas teurer; die Situation hat sich jetzt nochmals zugespitzt. Energieversorger kündigen auch in der Region Erhöhungen an. Foto: Frank Mächler/dpa

Viele Gaskunden in Deutschland warten noch mit Bangen auf die Gaspreiserhöhung ihrer Anbieter. Die Baden-Badener haben bereits Gewissheit: Die Stadtwerke haben ihre Information, wie stark sie die Gaspreise und damit die Abschläge erhöhen werden, jüngst verschickt.

Jetzt herrscht Klarheit: Der Gaspreis steigt zum 1. Oktober um vier Cent je Kilowattstunde brutto. Das ist eine Erhöhung um 45 Prozent. Dabei weisen die Stadtwerke in Fettdruck darauf hin: „Bei dieser Erhöhung sind aktuell diskutierte und bis dahin eventuell neu eingeführte Umlagen nicht berücksichtigt!“

Das heißt: Die Gasumlage, die derzeit in Arbeit ist, kommt noch obendrauf. Die Preiserhöhung gilt sowohl für Privathaushalte als auch für gewerbliche Abnehmer.

Wir haben keinen Spielraum. Wir müssen das machen, weil der Markt so ist, wie er ist.
Jannine Kaltenbach, stellvertretende Abteilungsleiterin Vertrieb

Für viele Kunden ist ein solcher Preissprung nur sehr schwer zu stemmen. Die Stadtwerke Baden-Baden sind sich dessen bewusst gewesen, aber: „Wir haben keinen Spielraum. Wir müssen das machen, weil der Markt so ist, wie er ist“, erklärt Jannine Kaltenbach, stellvertretende Abteilungsleiterin Vertrieb.

Sie haben daher auch mit vielen Rückmeldungen gerechnet – die auch kamen: „Es bewegt sich in dem Bereich, von dem wir ausgegangen sind.“ Dennoch sei es „schon belastend“, erzählt sie.

Vier bis sechs Mitarbeiter seien im Telefondienst – alle eigentlich gut vorbereitet. Kaltenbach berichtet, dass sie die Kollegen von Anfang an – und das ist nunmehr seit rund einem Jahr – in die Problematik eingebunden hätten.

Früh sei klar geworden, dass es bald große Probleme im Gasbereich geben werde. „Spätestens im Januar mit den ersten Insolvenzen wurde das auch weithin sichtbar“, blickt Kaltenbach zurück.

Vor allem die Rentner in Baden-Baden trifft es sehr

Gezielt wurden die Mitarbeiter seither auf dem Laufenden gehalten, mit Hintergrundwissen und Detailinformationen versorgt, so dass sie den Kunden am Telefon weiterführende Erklärungen geben können.

Die sind gefragt. Laut Kaltenbach rufen viele an, die zunächst einfach nachhaken möchten, ob es vielleicht einen günstigeren Tarif gebe, in den man wechseln könne. Die Antwort: Den gibt es nicht.

Und dann kommen eben auch die Anrufe, die die Mitarbeiter auch nicht loslassen, sobald sie den Hörer weggelegt haben. „Es rufen vor allem Rentner an“, erzählt Kaltenbach, „oder deren Kinder.“

Geschildert würden Geschichten wie diese: Die Rente betrage nur rund 1.000 Euro, davon könne man nicht noch mehr Gaskosten bezahlen. Und die 90-jährige Mutter sei ohnehin so gebrechlich und dünn, da könne man doch nicht die Heizung weiter herunterdrehen.

„Das geht schon nahe“, sagt Kaltenbach: „Das sind die Anrufe, die am schlimmsten sind.“ Wie sie es verarbeiten? „Wir reden miteinander“, erklärt sie.

Und große Familien mit neuem Eigenheim, Schulden, mehreren Kindern? „Die melden sich hier kaum“, berichtet Kaltenbach. Sie geht davon aus, dass diese schon früh über verschiedene Medien mit der Thematik konfrontiert worden und auf die steigenden Kosten vorbereitet gewesen seien – und dass sie die Preise selbst online vergleichen und das einzuordnen wissen.

Denn: „Im Vergleich liegen wir eher unter dem Durchschnitt“, erläutert Kaltenbach. Wer ins Preisvergleichsportal Verivox schaut, sieht, dass dort der Preis bei knapp 30 Cent (29,8 am 23. August) je Kilowattstunde liegt. Die Stadtwerke weisen in ihrer neuen Preisliste für Privatkunden als höchsten Brutto-Preis 15,83 Cent je Kilowattstunde aus.

Dass die Stadtwerke die Preise im Vergleich weniger anheben müssen als andere, liegt laut Kaltenbach daran, dass man in Tranchen auf ein bis zwei Jahre im Vorlauf einkaufe. Daher könne man jetzt quasi die Preise von 2021 abbilden. Wer weiterdenkt, merkt: Das wird also noch mehr werden.

Kaltenbach bestätigt dies: „Wir gehen von weiteren Erhöhungen aus.“ Bislang habe man nur die gestiegenen Bezugskosten an die Kunden weitergegeben und nicht auch die Beschaffungskosten und die Speicherumlage.

Wann weitere Erhöhungen kommen werden und in welchem Umfang, kann sie derzeit noch nicht sagen – aber lange wird es wohl nicht dauern. Kaltenbach benutzt die Formulierung „in den nächsten Wochen oder Monaten“.

nach oben Zurück zum Seitenanfang