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Ärztin in den Klassen

In Baden-Badener Schule steht auch Wiederbelebung auf dem Lehrplan

Im Ernstfall zählt jede Minute, auch bevor der Rettungsdienst kommt. Wie eine Notärztin Schülern aus Baden-Baden die richtigen Handgriffe beibringt.

Die Neuntklässler der Klosterschule vom Heiligen Grab üben unter Anleitung von Notärztin Stefanie Hermann Wiederbelebungsmaßnahmen.
Die Neuntklässler der Klosterschule vom Heiligen Grab üben unter Anleitung von Notärztin Stefanie Hermann Wiederbelebungsmaßnahmen. Foto: Ulrich Philipp

Eigentlich hatte Stefanie Hermann an diesem bewölkten Tag im Jahr 2012 gar nicht mehr zum Schwimmen gehen wollen, dafür war das Wetter viel zu schlecht. Dass sie dennoch ins Schwimmbad ging, hat am Ende einem fünfjährigen Mädchen das Leben gerettet.

Denn die Notärztin kam dazu, als das Kind bewusstlos aus dem Wasser geborgen wurde und die anwesenden Erwachsenen darüber in Streit gerieten, was jetzt zu tun sei.

Schulbesuche in Baden-Baden, Sinzheim und Bühl

Hermann konnte dem Mädchen schnell helfen, aber ihr wurde klar, dass viel zu wenige Menschen in solchen Situationen wissen, was zu tun ist. Als dann im darauffolgenden Jahr die „Woche der Wiederbelebung“ ins Leben gerufen wurde, beteiligte sie sich sofort und bringt seither einmal im Jahr Schülerinnen und Schülern unter anderem bei, wie man eine Herzdruckmassage ausführt.

In diesem Jahr ist die leitende Notärztin am Klinikum Mittelbaden mit ihrem Team zum zehnten Mal dabei, in der vergangenen Woche hat sie Schulen in Baden-Baden, Sinzheim und Bühl besucht. Die vier neunten Klassen der Klosterschule vom Heiligen Grab mit jeweils etwa 20 bis 25 Schülern sammelten bei dem Besuch praktische Erfahrungen und lernten an einer Puppe, worauf es im Ernstfall ankommt.

Das Einzige, was ihr falsch machen könnt, ist, nichts zu tun.
Stefanie Hermann, leitende Notärztin

„Das Einzige, was ihr falsch machen könnt, ist, nichts zu tun“, erklärte die Ärztin den 15- bis 16-Jährigen. Die waren sehr aufmerksam bei der Sache. Sie lernten, dass in Deutschland etwa 80.000 Reanimationen im Jahr gemacht werden, das sind etwa 200 jeden Tag. Statistisch gesehen leben nach einem Jahr nur noch zehn Prozent der Betroffenen, wenn keine Laien eingreifen.

„Diese Rate könnten um das Drei- bis Vierfache bis auf 7.500 Menschen gesteigert werden“, sagte Hermann zu den Teenagern und führte zum Vergleich an: „Im Straßenverkehr sind im vergangenen Jahr 2.562 Menschen gestorben.“

Neunjähriger Junge rettet zweijährigen Bruder

Hermann berichtete von einem Fall, in dem ein neunjähriger Junge seinem zweijährigen Bruder das Leben gerettet hat. Die beiden waren alleine zu Hause, als der jüngere in den Gartenteich fiel. Der ältere rief sofort die Notrufnummer 112 und folgte den Anweisungen eines fachkundigen Mitarbeiters in der Leitstelle. „Als der Notarzt da war, hat der Kleine schon wieder geschrien“, berichtete Hermann.

Dann durften die Jugendlichen an Puppen ausprobieren, wie man eine Herzdruckmassage ausführt. Zu dem nicht nur vom Rhythmus her passenden Bee-Gees-Klassiker „Stayin‘ Alive“ lernten sie, wie man mit ausgestreckten Armen und übereinandergelegten Händen etwa 100-mal pro Minute einen Brustkorb am unteren Brustbein etwa fünf Zentimeter im Takt immer wieder nach unten drückt, um ein Herz wieder zum Schlagen zu bringen.

Alle Jugendlichen waren mit Enthusiasmus dabei. Sie lernten auch, dass bei dem Vorgang auch einmal eine oder zwei Rippen brechen können. „Aber was ist eine Rippe gegen ein Leben“, sagte hierzu ein Mediziner in einem gezeigten Lehrfilm.

In der zweiten Stunde lernten die Jugendlichen, wie man mit einem sogenannten „Automatischen Externen Defibrillator“ (AED) umgeht, wie sie an in den vergangenen Jahren an mehreren öffentlichen Plätzen auch in Baden-Baden aufgestellt wurden. Sie erfuhren, dass man im Ernstfall von einer Stimme angeleitet wird, sobald man das Gerät öffnet.

Telefonische Anleitung unter der Rufnummer 112

Man kann sich auch telefonisch anleiten lassen, wenn man die Notrufnummer 112 wählt. Auch hier gilt, man kann nichts falsch machen. So erkennt das Gerät selbst, ob ein sogenanntes Kammerflimmern vorliegt und es einen Stromstoß überhaupt abgeben darf.

„Wer von Euch würde jetzt eingreifen, wenn ein Mensch reanimiert werden muss?“, wollte Hermann abschließend von den Schülern wissen und fast alle meldeten sich. „Das wollten wir von euch hören“, sagte Hermann lachend.

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