Eine Ausnahme wird im Tierheim 2020 fast schon zur Regel: Eine große Zahl an verletzten oder hilflosen Wildtieren wurde in diesem Jahr im Märzenbach abgegeben, versorgt und aufgepäppelt.
Wo die Ursachen für den sprunghafte Anstieg der Fälle liegen, darüber könne man lediglich spekulieren, hat Jessica Reichynek allerdings eine Vermutung. Das kleine Phänomen scheint in Zusammenhang mit Corona zu stehen. Denn die Pandemie hat dafür gesorgt, dass die Menschen sehr viel mehr Zeit im Freien verbringen und dabei auch der Natur mehr Aufmerksamkeit schenken.
Ein Taubenkind ist im Augenblick ebenso Gast im Tierheim wie zum Beispiel gleich mehrere junge Eichhörnchen. Vermutlich Opfer eines Räubers, der den Kobel zerstört hat, vermutet Jessica Reichynek.
Die muntere Geschwistergruppe, die daraufhin an einem Parkplatz eingesammelt wurde, hat sich inzwischen so prächtig entwickelt, dass sie jetzt in eine Auswilderungsstation umziehen konnte. Nur die Siebenschläfer, die bei den Kleintieren im Märzenbach wohnen, werden dort auch überwintern müssen. Sie waren viel zu klein, um sie auszuwildern und um den Winterschlaf, der jetzt ansteht, zu überstehen.
Tauben, Eichhörnchen - und sogar eine Eule
Doch hat längst nicht alles Fell, was an Wildtieren abgegeben wird. Krähen, Falken und zuletzt gar eine Eule brauchten Hilfe. Tatsächlich existiere – je nach Gattung – auch ein Netzwerk, über das man jeweils versuche, Hilfe zu bekommen oder die Tiere weitergeben kann, damit sie fachgerecht versorgt werden.
Die umliegenden Heime nehmen keine Wildtiere auf.Jessica Reichynek, Tierpflegerin
„Die Eule kam etwa direkt zu Pierre und Kevin Fingermann, wo sie sehr gut aufgehoben ist.“ Auch für Rehkitze finde man – wenn alles gut läuft – spezialisierte Hilfestellen.
„Wir kümmern uns aber in jedem Fall zusammen mit unserem Tierarzt um die Erstversorgung.“ So kann es passieren, dass zuweilen einige heimische Arten vorübergehend in geschlossenen Räumen leben, ehe sie wieder in die Freiheit entlassen werden.
„Die umliegenden Heime nehmen keine Wildtiere auf, bedingt springt allerdings eine Station in Bischweier ein.“ Das sei sicherlich auch ein Grund dafür, dass der Zuwachs in Baden-Baden zu verzeichnen ist. Denn die meisten Tierheime nehmen davon Abstand. Mittel hierfür werden nicht eigens zur Verfügung gestellt und der Aufwand sei oftmals sehr groß.
„Ein Rehkitz aufzuziehen ist eine langwierige Angelegenheit und nimmt meist zwischen einem halben bis zu einem Dreivierteljahr in Anspruch.“ Eine junge Taube sei dagegen eher unkompliziert. Vor allem sei eine aufwändige Auswilderung nicht erforderlich.