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Tourismus-Pionier

Karlheinz Kögel: Der Urlaubs-Macher aus Baden-Baden startet durch

So hilflos wie im ersten Corona-Jahr habe er sich nie gefühlt, sagt der Tourismus-Pionier Karlheinz Kögel. Jetzt ist er zurück und prophezeit: In vielen Urlaubsregionen werden die Betten knapp.

Beste Umsatzzahlen auf dem Bildschirm: Karlheinz Kögel, Chef der Baden-Badener Tourismusgruppe HLX, rechnet mit einer Verdoppelung des Jahresumsatzes gegenüber 2019.
Beste Umsatzzahlen auf dem Bildschirm: Karlheinz Kögel, Chef der Baden-Badener Tourismusgruppe HLX, rechnet mit einer Verdoppelung des Jahresumsatzes gegenüber 2019. Foto: Archiv Kögel

Möwenschreie und Meeresrauschen erklingen aus den Lautsprechern – kaum steht man im Fahrstuhl, der ins Baden-Badener Büro von Karlheinz Kögel führt, packt einen die Urlaubssehnsucht. Das passt zu Kögel, dem Doyen der deutschen Tourismusbranche. Er ist unter anderem Erfinder der Last-Minute-Reise.

In seinem Besprechungsraum fällt der Blick auf ein Modell des Weißen Hauses. Kögel führt nebenan in sein Büro: Bilder von Kögel mit Nelson Mandela; Kögel mit George Clooney; der Unternehmer mit Barack Obama und Bill Clinton, mit dem er befreundet ist.

Es ist wie eine Zeitreise durch 25 Jahre „Deutscher Medienpreis“. Baden-Baden hat Kögel auch viel internationale Prominenz zu verdanken.

Tourismus-Pionier Kögel hat einen solchen Buchungsansturm noch nie erlebt

Nur: L’Tur hat Kögel vor einigen Jahren komplett an die TUI verkauft, und den Medienpreis gibt es nicht mehr. Aber bloß Privatier zu sein, das wäre nicht Kögel. So schaut er nach wie vor, dass bei seinem Marktforschungs-Unternehmen, der media control GmbH, alles rund läuft. Im Herzen ist Kögel vor allem Tourismusmanager – und startet jetzt mit seiner HLX-Gruppe voll durch.

Kögel öffnet am Besprechungstisch den Kronkorken seiner Lieblingsbrause, die er aus der Schweiz bezieht, und lässt es zischen. Nach dürren Corona-Jahren sprudeln die Erlöse: „Ich rechne derzeit mit einer Verdoppelung unseres Jahresumsatzes von 60 Millionen Euro in 2019 auf 120 Millionen Euro in 2022“, sagt Kögel. An einen Buchungsansturm wie in den vergangenen Wochen könne er sich nicht erinnern. Gefragt seien vor allem die Türkei, Mallorca und Griechenland.

Kögel rät: Besser nicht mit der Sommerurlaubs-Buchung warten

„Wenn diese Entwicklung noch etwas länger anhält, wird es in einigen Urlaubsregionen für den Juli und August schon bald keine Betten mehr geben“, prophezeit er. Grund: Viele Hoteliers haben, vor allem auf den Balearen, während der Corona-Pandemie Mitarbeiter entlassen, bekommen nun nicht genügend Personal. Daher rät der Last-Minute-Pionier Kögel allen Reiselustigen, mit der Buchung des Sommerurlaubs nicht mehr lange zu warten.

Wenn diese Entwicklung noch etwas länger anhält, wird es in einigen Urlaubsregionen für den Juli und August schon bald keine Betten mehr geben.
Karlheinz Kögel, Chef der HLX-Gruppe

Corona hat die Tourismusbranche gebeutelt – Europas Branchenprimus TUI brauchte beispielsweise Staatshilfe. Kögel schoss aus seinem Privatvermögen Geld in seine HLX-Gruppe und wurde bei Banken vorstellig. Stellen wurden abgebaut. „In meinem ganzen Leben habe ich so etwas noch nie erlebt. Ich war hilflos, weil die Buchungen auf Null zurückgingen“, sagt er.

Doch er habe an ein Comeback der Reiselust der Deutschen – die nicht ohne Grund den Titel Reiseweltmeister tragen – geglaubt. „Die Frage war nur: Wann wird es wieder anders?“

Jetzt fliegen und fahren die Deutschen wieder in die Länder dieser Welt. Auch wegen der hohen Inflation kürzen die Menschen hierzulande offenbar nicht ihr Urlaubsbudget. „Wenn wir Geld ausgeben, dann beim Reisen“, hatte der in Gernsbach aufgewachsene Handelsexperte Martin Fassnacht bereits im April gegenüber dieser Redaktion gesagt.

Baden-Badener nutzen Marken-Bekanntheit der Lufthansa

Hinter HLX steht ein besonderes Geschäftsmodell: Kögel startete es vor Jahren mit dem Partner Air Berlin. Jetzt ist vor allem der Lufthansa-Konzern samt den Töchtern Eurowings und Swiss sein Partner. Sucht ein Urlauber online bei einer dieser Airlines nach einem Urlaubsarrangement, dann landet er bei Kögel in Baden-Baden.

HLX organisiert Pauschalreisepakete samt Flug und Hotelunterkunft, übernimmt die Haftung als Reiseveranstalter. Kögel profitiert dabei von den starken Markennamen der Airlines. „Wir sind der wichtigste Partner für die Eurowings, wenn es um Direktvertrieb geht“, sagt er. Rund 140 Flugzeuge habe die Airline, die in Europa expandiert – Kögel will da mitziehen. Die HLX-Gruppe mit ihren rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe noch viel Potenzial.

Bande nach Baden: Der Baden-Badener Unternehmer Karlheinz Kögel (links) und seine Frau Dagmar (rechts) sind mit dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton und Ex-US-Außenministerin Hillary Clinton befreundet.
Bande nach Baden: Der Baden-Badener Unternehmer Karlheinz Kögel (links) und seine Frau Dagmar (rechts) sind mit dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton und Ex-US-Außenministerin Hillary Clinton befreundet. Foto: Privatarchiv Kögel

Last-Minute-Reisen sei übrigens nicht nur die Suche nach einem kurzfristigen Schnäppchen, betont Kögel. „Last-Minute-Reisen ist für mich ein Lebensgefühl.“ Die Bundesbürger setzen gerade in diesen Wochen auf Spontanität – denn wer weiß, ob ihnen im Herbst bei einer möglichen weiteren Corona-Welle Urlaubsfreuden vergällt werden.

Kögel ist überzeugt, dass die Pauschalreise Bestand hat – die Menschen wollten zunehmend Komfort und Sicherheit. Er weist darauf hin, dass die Haftung der Veranstalter nach der Thomas Cook-Pleite erheblich verschärft wurde.

Auch von einem demografischen Effekt könne man profitieren – in Deutschland leben immer mehr rüstige Senioren, die es in die weite Welt zieht. Dabei komme es für die Touristiker aufs richtige Marketing an.

Neue Ansprache für U-30-Jährige

Anders ansprechen müsse man die Unter-30-Jährigen, die häufig Flüge und Hotels auf Buchungsplattformen selbst kombinieren. Deshalb baut Kögels Sohn Julian auch ein Start-up auf. Die neue Reiseidee: eine Buchungsplattform für Nutzer von Instagram und Facebook. Wer dort schöne Urlaubsbilder postet und bewirkt, dass eben jene Reise gebucht wird, soll belohnt werden.

Nichts also mit Ruhestand für Kögel, der auch beim Frankfurter Mittelstandsfinanzierer Rantum Capital engagiert ist – gegründet von seinem Freund Dirk Notheis. Kögel ist dort auch beratend tätig.

Aber was sind eigentlich die Lieblingsländer von Kögel? Neben Italien und Irland vor allem Peru. „Es gibt so Länder, da reist man hin und hat das Gefühl: Hier bin ich zu Hause“, sagt Kögel. Dazu zählt er Peru mit seinen Menschen, seiner Kultur, seinen atemberaubenden Landschaften. Und wenn Kögel nach seinem Arbeitstag in den Fahrstuhl steigt und dort das Meeresrauschen hört, kann er auch seine Urlaubssehnsucht spüren.

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