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Kaum weniger Kirchenbesucher

Katholische Kirchengemeinden in Baden-Baden leben Nähe mit Abstand

Im Jahr mit der Corona-Pandemie waren die katholischen Pfarrgemeinden in Baden-Baden erfinderisch. Spätestens bei Beerdigungen jedoch stoßen Telefonseelsorge und Online-Gottesdienste an ihre Grenzen.

Auch Dekan Michael Teipel musste im vergangenen Jahr viele seiner gewohnten Arbeitsweisen umstellen.
Dekan Michael Teipel erledigt seit Ausbruch der Corona-Pandemie viele Seelsorge-Gespräche per Telefon. Foto: Tanja Kobialka

Wie hat sich die Arbeit der katholischen Kirchengemeinde nach fast einem Jahr Corona-Pandemie verändert? Gibt es neue Formen der Kontakte? Was sind die neuen Schwerpunkte? Gibt es Veränderungen, die auch in Zukunft Bestand haben? Dekan Michael Teipel gibt dazu einige Antworten.

„Das vergangene Jahr hat die Seelsorgeeinheit vor eine große Herausforderung gestellt“, sagt der Seelsorger, „denn vieles, was wir anbieten, hängt damit zusammen, dass wir uns begegnen.“ Vieles davon sei mit Ausbruch der Corona-Pandemie nicht mehr möglich gewesen.

„Die ungewohnte Situation löste in den einzelnen Pfarrgemeinden große Kreativität aus. Manches, was man vorher für undenkbar gehalten hätte, funktioniert heute wunderbar“, so Michael Teipel. Beispiele seien Besprechungen, die per Online-Meeting stattfinden oder Gottesdienste, die gestreamt werden und trotzdem viele Zuschauer haben.

Auch die Telefonseelsorge habe sehr stark zugenommen. Man betet zusammen am Telefon und ist sich so nahe. „Not macht erfinderisch. Es wurde eine ungeheure Kreativität entwickelt“, freut sich der Dekan.

Gottesdienste im Freien

Manche Gemeinden feierten im Jahr 2020 Gottesdienste nur draußen, auch im Winter. Zu Ostern und Weihnachten 2020 gaben manche Gemeinden den Menschen Tüten mit nach Hause, in denen eine Kerze, ein Gebet und eine Botschaft enthalten war“, erzählt er.

In den Kirchen wurden Osterwege und Krippen aufgebaut, die Besucher jederzeit aufsuchen konnten. Beim diesjährigen „Misereor-Gottesdienst“ wird gegen eine Spende in St. Bonifatius in Lichtental Fastensuppe in Gläsern verteilt.

Der Erlös kommt dem Hilfswerk Misereor zugute. Zur Mittagszeit kann man sich zum „gemeinsamen“ Essen einer Videokonferenz zuschalten, die mit dem Tischgebet beginnt. „Wir versuchen einfach die Dinge pandemie-gerecht zu gestalten, damit sie nicht ausfallen müssen“, erläutert der Pfarrer.

Seelsorge ist schwierig

Manches sei auf Distanz jedoch schwer oder nicht machbar. Dazu gehöre vor allem die Sakramenten-Spendung zu Hause. Kaum auszuhalten seien im vergangenen Jahr Beerdigungen gewesen. Denn nicht alle Menschen durften Abschied nehmen.

Die Anzahl der Trauernden war stark begrenzt. Oft konnten Verwandte und Freunde nicht teilnehmen. Gerade für die Seelsorge sei das schwierig. „Viele machen verschiedene Trauerphasen durch. Da tut es gut, wenn man auch mal mit jemandem Kaffee trinken und reden kann“, weiß Pfarrer Michael Teipel.

Kaum stattfinden konnten im ersten Corona-Jahr zudem Hauskommunionen, von denen es normalerweise viele übers Jahr gibt. Erschwert werden sie noch immer, denn viele der Ehrenamtlichen seien vorsichtig geworden.

Bei Hochzeiten besonders schick

Manche hätten Angst sich selbst oder andere anzustecken. Für die meist älteren Menschen, die zu Hause sind, ist das schwer. „Wenn man nicht rauskommt und keiner besuchen kann, wird man noch einsamer“, betont der Dekan.

Bei Hochzeiten in der Kirche stelle er fest, dass die Menschen sich viel schicker als sonst machen, denn es gebe ja aktuell nicht viele Gelegenheiten zum Ausgehen. „Es ist aktuell etwas Besonderes, sich in Schale zu werfen“, stellt er fest. Viele hätten ihren Hochzeitstermin jedoch verschoben. Michael Teipel prognostiziert 2022 als das Super-Jahr für Trauungen. Auch die Erstkommunionen konnten nicht zur gewohnten Zeit stattfinden.

Kaum weniger Kirchgänger

Was Michael Teipel besonders freut, ist, dass der Kirchenbesuch durch die Corona-Krise nicht stark zurückgegangenen ist. Vielmehr kämen die Leute bewusster, weil es ihnen wichtig sei. Das zeige, dass der Glaube kein Hobby sei, sondern etwas das Halt gebe. Es bestehe ein Wille, ein Bedürfnis von einem Seelsorger den Zuspruch und den Segen zu bekommen.

Kirche sei für viele ein Ort, wo Fragen Platz haben, ein wichtiges Element, das auf einer anderen Ebene liege. Vor allem an Weihnachten sei das offensichtlich geworden. Kirchen seien wichtige Orte, denn die Menschen kämen zu allen Zeiten, um Kerzen anzuzünden. Das gebe Halt. Seit der Pandemie sei die Anzahl der angezündeten Kerzen deutlich nach oben gegangen.

Was auch nach der Pandemie beibehalten werde, sei das Internet als Verbindungselement, die Video-Sitzungen, die Wege verkürzten. Die Stiftskirche, die gerade saniert wird, bekommt eine feste Installation für Streaming-Gottesdienste zudem wolle das Dekanat verstärkt unterschiedliche Formen der Gottesdienste anbieten, in denen sich jeder wiederfinden könne.

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