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25. Sparkassen-Kommunalforum als Krisengipfel

Warum die Kommunen mutige Veränderungen wollen und dabei personelle Grenzen sehen

Der Krieg in der Ukraine hat auch heftige Auswirkungen bis ins kleinste baden-württembergische Dorf. Bei Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe wurde deutlich: Die Bürgermeister wollen die Ärmel hochkrempeln, sie sehen aber auch Grenzen.

Die Kommunen und die Kitas: Um allen Kindern im Südwesten den Zugang zu ermöglichen, müssten Standards reduziert werdenn - so eine Forderung beim Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe in Baden-Baden.
Die Kommunen und die Kitas: Um allen Kindern im Südwesten den Zugang zu ermöglichen, müssten Standards reduziert werdenn - so eine Forderung beim Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe in Baden-Baden. Foto: Uwe Anspach/dpa

Zeitenwende, Energiewende, Zinswende, ein Krieg in Europa mit massiven Auswirkungen: „Was heute in der Welt passiert, ist morgen bei uns, direkt in den Kommunen, sagt Baden-Badens Oberbürgermeister Dietmar Späth im Kongresshaus der Kurstadt vor mehreren hundert Amtskollegen und Sparkassenvorständen aus dem Südwesten.

Doch für „Trauer und Resignation“ sei keine Zeit – „Ärmel hochkrempeln“ lautet stattdessen seine Devise.

Personal-Nöte in den Kitas

Nur wie soll das klappen in einer Zeit, in der Oberbürgermeister sich in Krisensitzungen mit der Zukunft ihrer Stadtwerke und Kliniken beschäftigen müssen, in denen es weder Patentrezepte noch dicke Finanzpolster gibt? Das 25. Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe in Baden-Baden will an diesem Mittwoch zumindest (Denk-)Anstöße geben.

Wir wollen verändern, aber bitte lasst uns auch verändern.
Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags BW

„Wir wollen verändern, aber bitte lasst uns auch verändern“, appelliert Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags, an Bund und Land. Für ihn heißt das auch: Ansprüche herunterschrauben.

Als Beispiel nennt er die frühkindliche Betreuung. Die gesetzlichen Normen seien dabei nicht erfüllbar. Das liege nicht an den Finanzen, sondern am Fachkräftemangel. Jäger sieht nur einen Ausweg: Standards reduzieren, damit alle Kinder im Südwesten einen Zugang zu Kitas und Co. haben. Eine Möglichkeit sei, dass die zugelassene Gruppenstärke erhöht wird.

Das Personal-Problem der Städte, Gemeinden und Landkreise wird aus Jägers Sicht ohnehin nicht genügend in der öffentlichen Debatte erkannt. Bekanntlich klagt die freie Wirtschaft über Fachkräftemangel, der sich noch zuspitzen werde, wenn die sogenannten Baby-Boomer in Rente gehen.

„Der öffentliche Dienst steht in starker Konkurrenz mit der Hände ringend nach Personal suchenden freien Wirtschaft“, betont Jäger. Eine zusätzliche Digitalisierung in Rathäusern und Landratsämtern („E-Goverment“) werde diese Herausforderung allein nicht lösen.

Onshore-Windenergiefläche soll fast so groß werden die Industrieflächen im Südwesten

Jäger fordert in seiner Rede, die Gesprächsthema in den Pausen des Kommunalforums ist, auch „mehr Ehrlichkeit den Bürgern gegenüber“.

Auch hier ein Beispiel: Die Kommunen wollten den Klimawandel mit Kraft bekämpfen. Wenn nun laut Vorgabe aus Berlin bis Ende 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für Onshore-Windenergie ausgewiesen werden müssen, dann sei dies eine enorme Größenordnung. In Baden-Württemberg seien 2,1 Prozent der Fläche für Gewerbe und Industrie vorgesehen, macht Jäger in einem Vergleich die Dimension deutlich.

Putins Kriegsbeginn am 24. Februar habe Gewissheiten verändert. „Die Frage, dass Strom aus der Steckdose kommt, war keine Frage. Es war gegeben. Oder Gas aus der Leitung.“ Auch das Sicherheitsbedürfnis der Bürger sei nun ein anderes.

Doch Jäger relativiert auch dieses, will so Mut machen: „Stellen wir uns vor, am 24. Februar hätte es noch den US-Präsidenten Donald Trump gegeben“ – der bekanntlich vom westlichen Verteidigungsbündnis Nato nichts hält.

Bei privaten Immobilienkrediten ging zuletzt teils gar nichts mehr

„Wir in Deutschland, in Baden-Württemberg müssen unsere Wohlfühlzone verlassen“, sagt der baden-württembergische Sparkassenpräsident Peter Schneider. Rund 50 Prozent der Baden-Württemberger könnten nicht mehr sparen. Die Nachfrage nach privaten Immobilienkrediten sei in den vergangenen Tagen teils fast zum Stillstand gekommen. Produktionsverlagerungen ins Ausland sind laut Schneider bereits Realität.

Es ist mir ein Rätsel, wie die ganze Schuldenmacherei aus der Nachhaltigkeitsdiskussion herausgehalten wird.
Peter Schneider, Präsident Sparkassenverband BW

Die Schuldenpolitik sehe er kritisch. „Es ist mir ein Rätsel, wie die ganze Schuldenmacherei aus der Nachhaltigkeitsdiskussion herausgehalten wird“, so Schneider. Schließlich müssten spätere Generationen die Schulden bezahlen.

Er hoffe, dass die Rechnung der Bundesregierung mit dem „Doppel-Wumms“ von 200 Milliarden Euro aufgeht, so Schneider. Letztlich müsse auch der einmal bezahlt werden. „Die Gleichung ,höhere Schulden gleich höheres Wachstum und Wohlstand‘ geht eben nicht auf.“

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