Welche Gemütsregungen wird er zeigen, wenn er auf der Anklagebank Platz nimmt? Wird er sich ausführlich zu den Vorwürfen gegen ihn äußern? Und auf welche Verteidigungsstrategie setzt er?
Diese Fragen drängen sich in besonderem Maß auf bei dem ungewöhnlichen Fall, der ab diesem Dienstagmorgen vor dem Landgericht Karlsruhe verhandelt wird.
Denn angeklagt ist ein Mann, der früher selbst die Urteile fällte: Ein suspendierter Richter aus Baden-Baden muss sich wegen Bestechlichkeit, Rechtsbeugung und einiger anderer Delikte verantworten.
Der Jurist soll Leihautos, Essenseinladungen und einen Nebenjob angenommen haben
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll der erfahrene Jurist nicht nur Leihautos und Essenseinladungen angenommen, sondern gegen Schwarzgeld im Jahr 2014 auch einen Nebenjob ausgeübt haben.
Für ein Unternehmen regelte er demnach Rechtsstreitigkeiten und Mahnsachen. Eine zentrale Rolle spielte dabei ein Bekannter, der damals als Autohändler arbeitete. Und als eine Person aus dem Umfeld des Autohändlers verurteilt wurde, soll der Richter ungewöhnlich viel Nachsehen gezeigt haben.
Polizist soll Ermittlungsgeheimnisse an Baden-Badener Richter verraten haben
Der Autohändler von damals ist in dem Verfahren mitangeklagt. Ebenso ein pensionierter Polizist, zu dem der Richter Verbindungen hatte – und dessen Sportverein er großzügig bedachte, als er Geldauflagen von Angeklagten an gemeinnützige Einrichtungen weiterleiten konnte. Rund 150.000 Euro sollen geflossen sein.
Der frühere Polizist wiederum soll Informationen aus laufenden Ermittlungen an den Richter verraten haben, als ein Mensch aus dem Umfeld des besagten Autohändlers ins Visier der Polizei geriet. Es ging damals um einen mutmaßlichen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Verdächtige soll sich dann ins Ausland abgesetzt haben, nachdem der Richter den Tipp weitergab.
13 Verhandlungstage vor Karlsruher Landgericht
Dem früheren Polizisten wirft die Staatsanwaltschaft die Verletzung des Dienstgeheimnisses und Vorteilsgewährung vor. Der damalige Autohändler muss sich wegen Vorteilsgewährung, Bestechung und Beihilfe zum versuchten Betrug verantworten.
Dreizehn Verhandlungstage hat das Landgericht anberaumt, um zu klären, wer in dem Fall wen tatsächlich schmierte und welche wechselseitigen Abhängigkeiten es zwischen den drei Angeklagten gab.
Für den Richter geht es auch um seine Altersversorgung: Bereits 2018 wurde er suspendiert und seine Bezüge halbiert. Vom Urteil und dem Strafmaß hängt es ab, ob er in Zukunft mit Pensionszahlungen rechnen kann.
Das Korruptionsverfahren wurde in diesem Fall nach Karlsruhe abgegeben, um Interessenskonflikte in Baden-Baden zu vermeiden.