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Zwischen subjektiver und objektiver Gefahr

Wo sind Kriminalitätsschwerpunkte in Baden-Baden?

Wo werden objektiv viele Straftaten begangen und wo fühlen sich Menschen subjektiv unsicher? Bereiche, auf die eine oder beide dieser Beschreibungen zutreffen, gibt es auch in Baden-Baden.

Trügerische Idylle? Der Augustaplatz ist laut Polizei kein Kriminalitätsschwerpunkt. Trotzdem wurden dort in 14 Monaten 24 Straftaten und 34 Ordnungswidrigkeiten verübt.  Foto: Sarah Reith
Trügerische Idylle? Der Augustaplatz ist laut Polizei kein Kriminalitätsschwerpunkt. Trotzdem wurden dort in 14 Monaten 24 Straftaten und 34 Ordnungswidrigkeiten verübt. Foto: Sarah Reith Foto: Sarah Reith

Wo in Baden-Baden gibt es Kriminalitätsschwerpunkte und was kann man dagegen tun? Das beschäftigt die Bürger ebenso wie die Stadträte. Letztere nutzten in dieser Woche die Gelegenheit, Vertreter der Polizei auf den Augustaplatz und auf den Ooser Bahnhof anzusprechen.

Polizeipräsident Jürgen Rieger und der Leiter des Baden-Badener Polizeireviers, Lutz Kirchner, präsentierten im Gemeinderat die Kriminalstatistik für das Jahr 2022.

Dabei hoben sie besonders die Westliche Industriestraße im Gewerbegebiet Oos-West hervor, in der sich ein Asylbewerberheim sowie Obdachlosenunterkünfte befinden.

In 14 Monaten sei es dort zu 200 Ordnungsstörungen sowie 187 Straftaten gekommen, berichtete Kirchner. „Wir fahren mindestens zweimal am Tag in die Westliche Industriestraße“, machte er klar. Bei einem Pressegespräch in dieser Woche hatte Kirchner den Bereich bereits als „Dreh- und Angelpunkt der Drogenszene“ bezeichnet.

Dagegen betonte der Revierleiter im Gemeinderat erneut, dass man beim Augustaplatz in der Innenstadt „weit weg“ sei von einem Kriminalitätsschwerpunkt. Dort sei es im 14-Monats-Zeitraum zu 24 Straftaten gekommen, davon 16 Körperverletzungsdelikte. Zu den Körperverletzungsdelikten zählt auch der Fall, bei dem die Geschädigte einige Tage später gestorben ist.

Todesfall am Augustaplatz: Gutachten steht noch aus

Ob zwischen ihrem Tod und dem Vorfall am Augustaplatz ein kausaler Zusammenhang besteht, sei indes immer noch unklar, berichtete Kirchner: Man warte noch auf ein letztes Gutachten. Abgesehen von den Straftaten seien am Augustaplatz auch 34 Ordnungsstörungen dokumentiert, berichtete Kirchner weiter.

In 31 dieser Fälle seien die Personen dabei unter Alkoholeinfluss gestanden. 194 dokumentierte Kontrollen habe es an dem Platz gegeben.

Stadtrat Markus Fricke (FBB) brachte die Problematik in Bezug auf den Augustaplatz auf den Punkt: Objektiv sei er zwar kein Kriminalitätsschwerpunkt, subjektiv werde dies aber anders wahrgenommen.

Reinhilde Kailbach-Siegle (CDU) sprach neben dem Augustaplatz auch den Ooser Bahnhof an, der von Bürgern als Problembereich empfunden werde. Auch Werner Henn (SPD) verwies auf die Bahnhofsunterführung als Angstraum.

Alkoholverbot und Videoüberwachung rechtlich nicht möglich

Kailbach-Siegle hatte in Bezug auf den Augustaplatz zudem Fragen. „Was unsere Bürger nicht verstehen, ist, dass wir am Augustaplatz keine Videoüberwachung und kein Alkoholverbot bekommen“, sagte sie und wollte wissen, warum das nicht möglich sei.

„Videoüberwachung geht nur bei einer bestimmten Anzahl von Straftaten“, erläuterte Polizeipräsident Rieger. Dafür reiche die Anzahl am Augustaplatz nicht aus. Deshalb fehle die rechtliche Grundlage. Ähnliches gelte für ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum. Dieses sei zudem schwer zu kontrollieren.

Rolf Pilarski (FDP) sprach ebenfalls das Problem mit Betrunkenen auf dem Augustaplatz an. Er wollte wissen, ob man Menschen verbieten könnte, sich im Vollrausch dort aufzuhalten – schließlich gebe es auch in Frankreich ein Gesetz, demzufolge sich Menschen volltrunken nicht im öffentlichen Raum aufhalten dürften. Kirchner erläuterte: „Wir müssen eine Gefahr begründen.“ Nur dann dürfe die Polizei Personen in Gewahrsam nehmen.

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