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Premiere am Freitag

Kritik an chinesischer Unterdrückung: Theater Baden-Baden macht den Sprung von „Faust“ zu Tibet

In Baden-Baden weht seit diesem Donnerstag die tibetische Flagge: Das Theater zeigt das politische Theaterstück „Pah-Lak“.

Musikalische Einlage zum Start des „Willkommenstags“: Harald Fuhrmann,  Lhakpa Tsering, Tenzyn Zöchbauer, Nicola May und Nyima Dhondup mit tibetischer Laute bei der Eröffnung der Matinee.
Musikalische Einlage zum Start des „Willkommenstags“: Harald Fuhrmann, Lhakpa Tsering, Tenzyn Zöchbauer, Nicola May und Nyima Dhondup mit tibetischer Laute bei der Eröffnung der Matinee. Foto: Joachim Eiermann

Ungewohntes asiatisches Schauspiel am Theater Baden-Baden. Dazu mit Harald Fuhrmann ein Co-Regisseur, der am Goetheplatz eigentlich deutsche Klassiker inszeniert und weit springt: von „Faust“ zu Tibet. „Es lohnt sich“, verspricht die Intendantin Nicola May den Theatergästen eine Aufführung mit „tollen Schauspielern“ in einem „schönen Setting“.

Das politisch-authentische Theaterstück „Pah-Lak“ im Zeichen der chinesischen Unterdrückung sei mithin kritisch und schonungslos. In Mays Augen ist es aber auch ein Generationen-Stück mit „differenzierten Dialogen von Menschen, die darum ringen, das aus ihrer Sicht Richtige zu tun“.

Es ist ein Generationen-Stück mit differenzierten Dialogen.
Nicola May, Intendantin

Der Premiere an diesem Freitag (20 Uhr, es gibt noch Karten) ging ein bunter „Willkommenstag“ im und vor dem Theater voraus. Drinnen: Gespräche, Vortrag, Film und Ausstellung. Draußen: Tibetischer Gesang, Infostände und Verpflegungsstationen.

Die Weisheit, die dahinter steckt, gilt es zu bewahren.
Ralf Bauer, Schauspieler

Ralf Bauer ließ mit Unterstützung von Familie, Helfern und Ensemble-Mitgliedern die Töpfe mit köstlichen Momo-Teigtaschen dampfen. Der in der Kurstadt lebende Schauspieler und Yoga-Lehrer setzt sich seit vielen Jahren für die Rechte der Tibeter und den Erhalt ihrer Kultur und Heilkünste ein. Er sagt: „Die Weisheit, die dahinter steckt, gilt es zu bewahren“.

Mit einem Lied auf seiner langhalsigen Laute eröffnet Nyima Dhondup, einer der beiden Ensemble-Musiker, die Matinee. Auch Lhakpa Tsering, der Regisseur von „Pah-Lak“, der mit elf Jahren aus dem Tibet über den Himalaja ins indische Exil geflohen war und später den Versuch einer Selbstverbrennung überlebte, hat Platz genommen.

Aus politischer Motivation eine Theatergruppe gegründet

Die Intendantin will wissen: Wie wird aus einem politischen Aktivisten ein Theatermensch? Er sei erst im Exil im indischen Dharamsala am Sitz der tibetischen Exilregierung und des Dalai Lama zu einem Tibeter geworden, antwortet Tsering.

Aus der politischen Motivation heraus habe er, um Einfluss zu nehmen, eine Theatergruppe gegründet. Etwas, das es zuvor nicht gab, denn Tibet habe keine Theatertradition.

Eine zentrale Aussage des Stücks ist das Prinzip der Gewaltlosigkeit. Ist Selbstverbrennung nicht auch Gewalt, fragt May. „Sein Leben aufzuopfern, ist im Buddhismus der größte Akt der Selbstlosigkeit, um anderen zu helfen“, korrigiert der Regisseur die westliche Sichtweise.

Nicht zu vergleichen aber mit dem Terror, der auch andere tötet. „Das ist kein Suizid, sondern ein politischer Akt, um einen Hilfeschrei in die Welt zu senden“, erklärt Tenzyn Zöchbauer, Geschäftsführerin der Tibet-Initiative Deutschland, die das Projekt unterstützt. Seit 2008, dem Beginn der Selbstverbrennungen nach den Olympischen Spielen, sind in Tibet 160 Fälle bekannt. Im Theaterstück zündet sich eine junge Nonne an und überlebt.

Dass am Baden-Badener Rathaus die Flagge ihres besetzten Heimatlandes weht, registrieren die Exiltibeter mit großer Dankbarkeit. Um zwei Monate in Deutschland und der Schweiz ihr Theaterstück spielen und ihre Botschaft verbreiten zu können, nehmen sie persönliche Opfer auf sich. Auch gibt es da noch den langen Arm des chinesischen Geheimdienstes. „Es ist immer gefährlich, was wir machen“, zitiert Fuhrmann einen Beteiligten.

Kostenlose Yoga-Stunden

Der Premiere geht um 19.30 Uhr ein Einführungsgespräch im Spiegelfoyer voraus. Nach der Vorstellung lädt die Theaterleitung zur Premierenfeier mit den Akteuren in den Theaterhof ein. „Pah-Lak“ steht unter dem Titel „Gewalt/Freiheit – Tibet“ bis Sonntag, 18. Juni, auf dem Spielplan.

Bei gutem Wetter ist bis ebenfalls 18. Juni zweimal täglich kostenfreies Yoga auf der Kleingolfanlage des TC Rot-Weiß in der Lichtentaler Allee geboten. Ralf Bauer, dessen Tibet-Film „Die Wiederkehr – Sem Dhul“ am Donnerstag im Rahmen des „Willkommenstags“ im Moviac-Kino lief, gestaltet die Yoga-Eröffnungsstunde am Freitag um 10 Uhr.

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